Bedevilled

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Cheol-soo Jangs Bedevilled ist ein stark inszeniertes Debüt, das sich auf seine ganz eigene Weise mit den Themen Menschlichkeit und Empathie beschäftigt. Bereits bei der Cannes Critics Week wurde der Film mit großem Interesse aufgenommen.
Leise aber stets unterschwellig bedrohlich inszeniert Cheol-soo die Geschichte Hae-wons (Ji Sung-won), einer jungen Bankangestellten aus Seoul. Völlig gleichgültig gegenüber den Gefühlen und Problemen anderer Menschen, lehnt sie kaltherzig jegliche Anfragen ab, die ihr mehr Arbeit als Geld bringen würden. Auch als sie Zeugin eines versuchten Mordes wird, hat sie kein Interesse gegen die Täter auszusagen. Hae-won lebt ein Leben völliger Gleichgültigkeit. Als sie zwangsbeurlaubt wird, entschließt sie sich auf eine weit entfernte Insel zu fahren, auf der sie einst aufwuchs. Dort leben inzwischen nur noch alte Menschen sowie Bok-nam (Seo Yeong-hee), eine alte Freundin aus Kindertagen mit ihrer Familie.

Mit Hae-wons Ankunft im vermuteten Paradies nimmt Bedevilled seinen Lauf in die tiefsten aller menschlichen Abgründe. Bok-nam, die einzige verbleibende junge Frau auf der Insel wird gehalten wie eine Sklavin. Jeglicher Hass, sämtlicher Frust – alles wird an ihr ausgelassen. Kein Wunder, dass sie seit Jahren Briefe an Hae-won schreibt in denen sie um Hilfe bittet. Als Bok-nam erkennt, dass Hae-won keinesfalls als hilfreiche Retterin auf die Insel kommt, versucht sie ihr Schicksal und das ihres Kindes in die eigene Hand zu nehmen. Dabei kommt es zu einem tragischen Unfall, der aus dem Thriller einen hochgradig blutigen aber einmalig karthartischen „rape and revenge slasher“ machen.

Die kleine Gesellschaft auf der Insel, in der seit Jahr und Tag Stillstand im Handeln und Denken herrscht, ist eine wunderbare Metapher für die Untiefen unserer eigenen Gesellschaft. Merkwürdige Doppelstandards haben sich herausgebildet, aus dem stets propagierten Funktionieren des Einzelnen für das Wohl der gesamten Gesellschaft ist eine verkrüppelte Version entstanden, die nichts mehr mit dem Original gemein hat. Die Regeln auf der Insel sind geprägt von Machtgier, Neid und sexueller Frustration. Die kleine Mini-Gesellschaft ist dominiert von Gefühllosigkeit und Hae-wons Ankunft zeigt deutlich, dass es auf dem Festland nicht unbedingt besser ist. Einzig Bok-nam ist voller Mitgefühl für andere und somit die Schwächste im Glied. Sie wird physischer, psychologischer und sexueller Gewalt ausgesetzt und erträgt diese nur durch den Glauben an die Errettung durch ihre alte Freundin.

Jang Cheol-soo vermag es diese innere Kälte und stetige Bedrohung mit jedem einzelnen seiner Bilder zu transportieren. Bedevilled ist recht langsam, dafür aber unglaublich dicht inszeniert. Der Film behält die gesamte Zeit über einen Rhythmus, der den Zuschauer packt, emotionale Distanz nicht zulässt und den Betrachter schließlich gänzlich in die Inszenierung saugt. Jang Cheol-soo spielt gekonnt mit den Gefühlen und lässt am Ende des Filmes niemanden gleichgültig zurück. Das macht den Bedevilled umso besser, denn spätestens wenn Bok-nam ihren Rachefeldzug beginnt und man nicht anders kann, als Sympathie zu empfinden, ist man gezwungen auch die eigenen Emotionen und Moralvorstellungen nochmals zu überdenken.

Bedevilled ist kein üblicher Slasherfilm, der Blut und Gewalt exploitativ aufarbeitet. Genrefans werden zwar auf ihre Kosten kommen, doch bei allem Horror und Gemetzel, Bedevilled geht um einiges tiefer als übliche Filme dieser Art.

Bedevilled

Cheol-soo Jangs „Bedevilled“ ist ein stark inszeniertes Debüt, das sich auf seine ganz eigene Weise mit den Themen Menschlichkeit und Empathie beschäftigt. Bereits bei der Cannes Critics Week wurde der Film mit großem Interesse aufgenommen.
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