Beautiful Creatures - Eine unsterbliche Liebe

Eine Filmkritik von Stephan Langer

Zwei Außenseiter unter sich oder: Melancholie für die Massen

Ein Zufall war es sicher nicht, dass der Starttermin von Beautiful Creatures — Eine unsterbliche Liebe in den Vereinigten Staaten auf den Valentinstag fiel. Dann nämlich schlendern dort scharenweise verliebte Teenagerpärchen ins Kino. Nachdem nun für jugendlicher Stauner und Schwärmer sowohl die Harry Potter-Saga als auch die Twilight-Filmserie ausgelaufen sind, muss unbedingt ein neuer Streifen her. Am besten soll es etwas Großes werden. Der Film ist – natürlich – von vornherein als Start einer Fortsetzungsreihe konzipiert und befriedigt damit hoffentlich alle kommerziellen Hoffnungen von Produzenten und Geldgebern. All die Verliebten, die an diesem Tag schüchtern schmachtend im Kinosessel sitzen, sollen zu einer neuen Generation Fantasy-Fans werden, die sich mit einem der beiden Hauptcharaktere Lena (Alice Englert) oder Ethan (Alden Ehrenreich) identifizieren, damit sie auch in die Fortsetzungen gehen und Geld in die Kassen spülen. Sehen wir uns die beiden Figuren genauer an, entdecken wir ganz klassisch zwei Außenseiter, die sich in verliebtem Bunde vollends genügen, zusammen ihrer Umgebung zu trotzen, die für ihre Liebe keinerlei Verständnis hegt.
Bei diesem Vorhaben gibt sich Regisseur und Drehbuchautor Richard LaGravenese (P.S. Ich liebe Dich, Freedom Writers) alle Mühe: er hat in der Filmvorlage, dem Buch Sixteen Moons – Eine unsterbliche Liebe von Kami Garcia und Margaret Stohl mutig Überflüssiges gestrichen, um eine übersinnliche Liebesgeschichte freizulegen, in der Ethan in der neu zugezogenen Mitschülerin Lena das mysteriöse Mädchen wiedererkennt, von dem er seit Monaten träumt. Fortan hat er zwei Hauptinteressen, denen er leidenschaftlich folgt: erstens diese melancholische junge Fremde kennenzulernen, und zweitens so schnell wie möglich die High School abzuschließen, um endlich dem Südstaaten-Kleinstadtmuff zu entfliehen. Wie sich herausstellt, stammt Lena aus einer Familie von „Castern“ (das ist ein politisch furchtbar korrektes Synonym für „Hexen“). Ihre Kräfte wachsen stetig an, während sie sich ihrem sechzehnten Geburtstag nähert. An diesem Tag entscheidet das Schicksal, ob sie auf die dunkle oder die helle Seite des Hexengeschlechts gezogen wird. Englert gibt diese Angebetete erfrischend weil zurückhaltend, dabei erinnert ihre Kombination von dunklen Haaren und blasser Haut eher an eine Muse der Zwanziger Jahre als an allgegenwärtig in Hochglanz schimmernde Supermodelbilder. Zusammen mit dem sie anhimmelnden Ethan bildet sie ein sympathisches Gespann zweier Außenseiter, die sich in der ersten Hälfte des Films einander in wortwitzigen und pointierten Dialogen annähern. Man schaut gerne dabei zu, wie sie sich für Außenseiterliteratur begeistern, für den derben Bukowski, den sie ihm nahebringt oder den spacigen Vonnegut, den er ihr empfiehlt.

LaGravenese versucht in Beautiful Creatures weniger mit Spezialeffekten um Zuschauergunsten zu buhlen (auch wenn zum Hexenfinale dann doch wieder ein, wenn auch dezenter, Effektreigen herhalten muss) als mit richtigen Schauspielerinnen und Schauspielern. Alleine Jeremy Irons, der Lenas Onkel und Aufpasser Macon Ravenwood als undurchschaubaren Dandy gibt, ist mit seiner etwas altmodisch wirkenden Vornehmheit und in seinen auf den Punkt sitzenden, extravaganten Anzügen eine Augenweide. Das Geld, das an Effekten gespart wurde, so scheint es, wurde kurzerhand in die Darstellerriege investiert (u.a. Emma Thompson, Jeremy Irons, Viola Davis) – hoffentlich geht solches Verhalten in den entsprechenden Gefilden Hollywoods öfter mal als nachahmenswertes Beispiel voran. An anderer Stelle dagegen reiht sich LaGravenese in die immer größer werdende Hollywoodströmung ein, die ihr Kinoamerika als einen Ort darstellt, an dem 50 Prozent normale Menschen leben und 50 Prozent „Andere“. Diese Anderen sind je nach Drehbuchstoff zu wählen: Superhelden oder Vampire, Mutanten aller Art, Feen, Geister, Dämonen oder eben Hexen. Das dabei gängige Prozedere ist immer das Gleiche: ein (meist gutes) „Wir“ wird etabliert und demgegenüber wird ein (meist eher bedrohliches) „Sie“ als Gegenüber positioniert. So auch in Beautiful Creatures.

Das weiterhin Erwähnenswerte hieran ist zuerst einmal, dass sich LaGraveneses Drehbuch durchaus forsch auf die Seite der blasphemischen Außenseiter schlägt. Die Geschichte spielt in Gatlin, South Carolina, also mitten im Bible Belt Nordamerikas, wo ein fundamentalistisch geprägter, evangelikaler Protestantismus prägender Bestandteil des Denkens und der Alltagskultur ist. Mit seiner religionskritischen Positionierung konfrontiert das Drehbuch all diejenigen Zuschauenden (und das sind in Nordamerika beileibe nicht wenige), die ihre eindimensionale, oft wörtliche Auslegung der Bibel verwenden, um ihr schräges Gottesbild und ihre geistige Provinzialität krude zu rechtfertigen. Solcherart Gläubigen gehören im Film die Sympathien nicht, diese gilt eindeutig Lena und Ethan, dem melancholischen Nukleus der Geschichte. Lena gehört zu den Andersgläubigen, die in der Provinz Gatlin schief angeschaut werden, da deren Bewohner eben jene konservativen, bibeltreuen Christen sind. In einer Szene im Klassenzimmer der High School beschuldigen Mitschülerinnen vor versammelter Klasse Lena eine Hexe zu sein, woraufhin sie beginnen hysterisch zu beten und verlangen, dass die Böse des Raumes, besser noch der Schule insgesamt verwiesen werde. In diesem Moment wird Lena innerlich derart wütend, dass sie die in ihr wachsenden, übersinnlichen Kräfte nicht mehr zügeln kann, woraufhin sie unbeabsichtigt die Scheiben des Klassenzimmers zum Bersten bringt. Trotzdem sind alle Sympathien bei ihr, die Betenden werden von den meisten Schauenden nur ein müdes Kopfschütteln ernten. In einer anderen Szene wiederum liefern sich Jeremy Irons und Emma Thompson als Lenas zur dunklen Seite abgedriftete Mutter Sarafine einen furiosen Schlagabtausch über gute und böse Kräfte in der Hexerei – pikanterweise mitten in der örtlichen Kirche.

In Anbetracht solcher Tatsachen geht das Drehbuch von Beautiful Creatures noch einen Schritt weiter: es schlägt sich auf die Seite von (aus fundamentalistisch-evangelikaler Sicht) äußerst ungern akzeptierten bis hin zu verbotenen Büchern. Streng religiös gesinnte Eltern innerhalb des Bilbe Belts achten nur zu genau darauf, welche Bücher ihre Kinder lesen, welche Filme sie schauen und welche Musik sie hören, um im Zweifelsfall erzieherisch einzuschreiten. Im Film nun erwirbt sich Lena zusätzliches Wissen über die Hexen- und Magierkultur, aus der sie stammt, in einer geheimen Bibliothek genau unterhalb der örtlichen Bücherei. Außerdem sollen die oben schon erwähnten, von den beiden Verliebten präferierten, Vonnegut und Bukowski, als Etiketten einer rebellischen Glaubwürdigkeit beider Heranwachsenden dienen. Beide Autoren würden wahrscheinlich vor Schreck zusammenfahren, wenn sie wüssten, in welchem Kontext sie zu welchem Zweck herangezogen werden.

Das Paar, das für seine Liebe kämpfen muss, wird von Ehrenreich (der nebenbei aussieht wie der junge Allen Ginsberg) und Englert sehr kurzweilig gespielt. Wenn der Film sich nach ungefähr der Hälfte von einer trotz ihrer Konstruiertheit angenehm unterhaltsamen Liebesgeschichte in eine Coming-of-Age-Geschichte einer jungen Hexe verwandelt, fällt ironischerweise umso mehr die starke Rollenbesetzung und die Spielfreude der Elterngeneration auf. Der Film spielt gekonnt mit einer jugendlichen, nicht weiter identifizierten Angst, ist jedoch (immerhin auf liebenswerte Weise) naiv im Bezug auf das Bild von Liebe, das er evoziert. All das wird der schwärmerischen Identifikation der Jugendlichen mit der Melancholie der beiden Liebenden mit Sicherheit keinen Abbruch tun. Die meisten warten dann wahrscheinlich ungeduldig auf die Fortsetzung. Alle Eltern müssen dagegen wohl einfach darauf warten, dass ihre Töchter und Söhne ein paar Jahre älter werden.

Beautiful Creatures - Eine unsterbliche Liebe

Ein Zufall war es sicher nicht, dass der Starttermin von „Beautiful Creatures — Eine unsterbliche Liebe“ in den Vereinigten Staaten auf den Valentinstag fiel. Dann nämlich schlendern dort scharenweise verliebte Teenagerpärchen ins Kino. Nachdem nun für jugendlicher Stauner und Schwärmer sowohl die Harry Potter-Saga als auch die Twilight-Filmserie ausgelaufen sind, muss unbedingt ein neuer Streifen her.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Date Doktor Emanuel · 12.04.2013

Hallo Ihr Lieben,

mich hat bei diesem Film vor allem eins interessiert: Ist "Beautiful Creatures" wieder nur ein Fantasy-Liebesfilm?? Spannend oder langweilig? Wenn Ihr Euch das auch gefragt habt, guckt doch mal auf meinen Blog und diskutiert mit mir! Dort habe ich den Streifen als potentiellen Date-Film rezensiert...