Beats, Rhymes and Life: The Travels of a Tribe Called Quest

Eine Filmkritik von Kirsten Kieninger

Beats, Rhymes und Dissonanzen

„Can I Kick it? – Yes, you can! – Can I kick it? – Yes, you can!“ Wenn diese Zeilen einen endlos groovenden Loop im Kopf auslösen und Erinnerungen an alte Zeiten zurückbringen, dann lohnt es sich, den Dokumentarfilm Beats, Rhymes & Life – The Travels of a Tribe Called Quest anzuschauen. Denn die Musik-Doku über die Hip-Hop Formation A Tribe Called Quest ist zunächst einmal ein Film für Fans der Band und andere Hip-Hop-Liebhaber.
A Tribe Called Quest (ATCQ) haben in den frühen 90er Jahren zusammen mit anderen Seelenverwandten wie den Jungle Brothers oder De La Soul eine alternative Welle des Hip-Hop angestoßen: Sozialkritik und Philosophie statt Ganster Rap, ethisches Bewusstsein statt wüste Beschimpfungen, Peace-Zeichen statt Mercedes-Stern und bunte afrikanische Stoffe statt übergroße Baseballshirts. Ihre swingenden Beats und jazzenden Rhymes haben damals das Lebensgefühl vieler heute um die 40jährigen beeinflusst und musikalisch bleibenden Eindruck hinterlassen.

Auch der US-amerikanische Schauspieler und Regisseur Michael Rapaport ist ein Fan der ersten Stunde, der die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat, dass die Band sich noch einmal für ein Album zusammenrauft. Zu gemeinsamen Auftritten lassen die Jungs sich schließlich immer wieder überreden – vor allem aus finanziellen Gründen, wie sie offen zugeben. Ihren Auftritt bei „Rock the Bells“ 2008 hat Michael Rapaport als Auftakt für seinen Dokumentarfilm Beats, Rhymes & Life – The Travels of a Tribe Called Quest gewählt.

Der Film zeichnet detailreich den Werdegang der Band nach, vom ersten Kennenlernen in Kindertagen über ihre Bedeutung für den Hip-Hop bis zu den Zerwürfnissen, die schließlich zur Auflösung von ATCQ führten. Die vier Gründungsmitglieder Q-Tip, Phife Dawg, Ali Shaheed Muhammad und Jarobi White sprechen einzeln vor der Kamera über die Erfolgsgeschichte der Band und ihre persönliche Beziehung untereinander. Vor allem die Kindheitsfreunde Q-Tip und Phife haben sich über die Jahre entfremdet. Die positive Aufbruchstimmung ist Bitterkeit und persönlichen Enttäuschungen gewichen. Zwar hat die Band immer noch ihren Plattenvertrag der ersten Stunde (der ihnen damals 350.000 Dollar Vorschuss auf das erste Album einbrachte) und einen legendären Ruf, was ihre Verdienste für die kreative Entwicklung des Hip-Hop angeht, doch die Chemie stimmt einfach nicht mehr. Während viele bekannte Wegbereiter, Weggefährten und Nachfolger den Errungenschaften und Inspirationen durch die „Pioneers of Alternative Hip-Hop“ Respekt zollen (u.a. Red Alert, De La Soul, Pharrell Williams, die Beastie Boys, Busta Rhymes, Kanye West, Common, die Jungle Brothers – um nur einige zu nennen), entrollt sich chronologisch die Geschichte von Aufstieg und Auflösung von ATCQ.

Die Musik selbst kommt dabei fast zu kurz. Kaum mehr als ein paar knappe Konzertausschnitte und schnelle Video-Einblicke in Hits wie „I left My Wallet In El Segundo“ und „Bonita Applebum“. Dazu einiges an Archivmaterial und natürlich die vielen persönlichen Statements der einzelnen ATCQ-Mitglieder, die unterschiedliche Perspektiven auf die Knackpunkte innerhalb der Band liefern.

Ein dramatischer Faktor ist dabei Phifes Diabetes-Erkrankung. Die Wiedervereinigung für die Auftritte 2008 diente vor allem dem Zweck, Geld für seine Behandlung aufzubringen, er war zu diesem Zeitpunkt schon Dialyse-Patient. Später muss er sich sogar einer Nierentransplantation unterziehen, seine Frau spendet ihm eine Niere. Der Film legt nahe, dass sein alter Kumpel Q-Tip in dieser Zeit nicht für ihn da war, sondern nur an seiner Solo-Karriere interessiert. Eineinhalb Jahre später tun sich ATCQ wieder für einige Konzerte zusammen und ein versöhnlicher Ton beherrscht die Szene. Friede, Freude, Eierkuchen? Oder nur der verklärende Blick eines Fans/Regisseurs, der immer noch sehnsüchtig auf das sechste Studio-Album wartet, das ATCQ laut Plattenvertrag noch immer abzuliefern haben.

Beats, Rhymes & Life – The Travels of a Tribe Called Quest liefert die komplette Geschichte von ATCQ und einiges Sehenswertes über Alternative Hip-Hop. Der im Film ständig beackerte Konflikt der Gruppe hingegen wird dramaturgisch etwas überstrapaziert – so bewegend sind die Zerwürfnisse letztendlich (zumindest für nicht-Fans) nicht. In einer Szene schlägt Phifes Frau übrigens vor, einen Therapeuten zu engagieren. Spätestens hier drängt sich der Vergleich mit Metallica – Some Kind of Monster auf. Die Rockband hatte tatsächlich die Hilfe eines Therapeuten gesucht, um ihre Konflikte zu lösen. Jener Dokumentarfilm erzählt auf sehr unterhaltsame Art eine intensive Geschichte, die weit über den Tellerrand von Bandgeschichte oder Musikgenre hinausreicht. Dieses dramaturgische Kunststück gelingt Beats, Rhymes & Life – The Travels of a Tribe Called Quest leider nicht.

Beats, Rhymes and Life: The Travels of a Tribe Called Quest

„Can I Kick it? – Yes, you can! – Can I kick it? – Yes, you can!“ Wenn diese Zeilen einen endlos groovenden Loop im Kopf auslösen und Erinnerungen an alte Zeiten zurückbringen, dann lohnt es sich, den Dokumentarfilm „Beats, Rhymes & Life – The Travels of a Tribe Called Quest“ anzuschauen. Denn die Musik-Doku über die Hip-Hop Formation“ A Tribe Called Quest“ ist zunächst einmal ein Film für Fans der Band und andere Hip-Hop-Liebhaber.
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