Bank Job

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der größte Bankraub aller Zeiten

Welche Folgen es haben kann, wenn royales Blut in hormonelle Wallungen gerät, davon erzählt Roger Donaldson in seinem sehenswerten Heist-Film Bank Job / The Bank Job, der beinahe so etwas wie eine Antithese zu Steven Soderberghs Ocean’s Eleven-Reihe darstellt. Das Schöne daran: Die Hintergründe des Einbruchs, um den es hier geht sind real und gehen auf das Jahr 1971 zurück, als die Lloyds Bank in der legendären Londoner Baker Street (wo einstmals in der Phantasie von Sir Arthur Conan Doyle dessen berühmter Detektiv Sherlock Holmes wirkte) auf spektakuläre Weise um etliche Millionen erleichtert wurde – der größte Beutezug der britischen Kriminalgeschichte. Und doch verschwand der Coup binnen kürzester Zeit aus den Schlagzeilen der sonst nicht gerade für ihre Zurückhaltung bekannten britischen Presse. Was war geschehen?
Doch der Reihe nach: Der Gebrauchtwagenhändler Terry (Jason Statham, bekannt vor allem aus Luc Bessons Transporter) ist ein treu sorgender Familienvater, der allerdings finanziell in der Klemme steckt – er hat Schulden bei einer lokalen Unterweltgröße und die drängt mit Nachdruck auf die Begleichung der Schulden. Zum Glück taucht da Terrys frühere Flamme Martine (Saffron Burrows) auf und unterbreitet ihrem früheren Liebhaber ein verlockendes Angebot: In den Schließfächern der Lloyd’s Bank in der Baker Street sollen – so weiß die Informantin – Geld und Juwelen im Wert von mehreren Millionen Pfund lagern. Und das Beste bei diesem Coup: Aufgrund vertraulicher Informationen weiß Martine genau, wann das Alarmsystem der Bank ausgeschaltet ist, so dass die Polizei nichts von dem Einbruch mitbekommt. Ein todsicheres Ding also, das selbst für einen in kriminellen Dingen wenig bewanderten Typen wie Terry (von kleinen Tricksereien beim Autoverkauf mal abgesehen) hinzubekommen ist.

Flugs versammelt Terry eine Truppe um sich, die allerdings ähnlich wie ihr Anführer nicht gerade Profis in Sachen Verbrechen sind. Trotzdem machen sich Terry, Kevin (Stephen Campbell Moore), Dave (Daniel Mays), Terrys Mechaniker Bambas (Alki David) und Guy (James Faulkner) mit Feuereifer ans Werk. Was sie allerdings nicht wissen: Hinter Martines geheimnisvollem Tippgeber verbergen sich die britischen Geheimdienste MI5 und MI6, die unbedingt kompromittierende Fotos eines Mitglieds der königlichen Familie in ihren Besitz bringen wollen, die der vermeintliche Bürgerrechtler und Ganove Michael X (Peter de Jersey) als Druckmittel verwenden will, um seine Verhaftung zu verhindern.

Zudem lagert in den Schließfächern noch allerhand weiteres belastendes Material wie etwa die Aufzeichnungen des Pornokönigs Lew Vogel (David Suchet) und Fotos der Bordellbesitzerin Sonia Bern (Sharon Maugham), die einige Politiker in arge Bedrängnis bringen könnte. Kein Wunder also, dass nach dem gelungenen Einbruch sich gleich mehrere Parteien an die Fersen der unbedarften Bande heften.

Statt Glamour, Eleganz und technischer Raffinesse setzt Roger Donaldson in seinem manchmal nicht zimperlichen, aber stets vergnüglichen Film Bank Job / The Bank Job viel eher auf viel Zeitkolorit und genaue Beschreibungen der gegensätzlichen Milieus, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Auf der einen Seite die High Society und die Politikerkaste mit all ihren kleinen und großen Schwächen, auf der anderen Kleinkriminelle und sympathische Typen aus der Arbeiterschicht, zwischendrin jede Menge zwielichtige Gestalten und biedere Agenten im drögen grauen Zwirn – ein sicherlich vereinfachender, aber treffender Querschnitt durch die britische Gesellschaft der frühen Siebziger.

Überaus gelungen ist es, wie es Donaldson und seine beiden Drehbuchautoren Dick Clement und Ian La Fresnais die komplexe Geschichte mit zahlreichen Handlungsfäden zusammenhalten und Spannung, beste Unterhaltung und eine Prise Gesellschafts- und Medienkritik sowie reale Ereignisse und frei Erfundenes unter einen Hut bringen. Denn die wahren Hintergründe des bis heute legendären Einbruchs in der Baker Street sind bis heute niemals ganz aufgeklärt worden. Allerdings gelang es den Autoren, Kontakt zu einigen der noch heute unter falscher Identität Beteiligten aufzunehmen, so dass etliches an der Geschichte durchaus der Wahrheit nahe kommen dürfte.

Ergänzt durch fein gezeichnete Figuren und ein gut funktionierendes Ensemble ist Bank Job / The Bank Job ein Gangsterfilm der beinahe altmodischen Art, bei dem die Ganoven keine smarten Supertypen sind, sondern einfach nur ganz normale Jungs von nebenan, die trotzdem oder genau deswegen all unsere Sympathien haben. Schön, dass es so etwas noch gibt.

Bank Job

Welche Folgen es haben kann, wenn royales Blut in hormonelle Wallungen gerät, davon erzählt Roger Donaldson in seinem sehenswerten Heist-Film Bank Job / The Bank Job, der beinahe so etwas wie eine Antithese zu Steven Soderberghs Ocean’s Eleven-Reihe darstellt.
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Meinungen

esme · 27.06.2008

interesanter Film, aber mit Schwächen.

Wolfram Bremerich · 24.06.2008

Ein großartiger Film, für mich der beste des Jahres!