Bang Bang Baby

Eine Filmkritik von Silvy Pommerenke

Ein schriller Plot, bestehend aus bizarren Mutationen, Plüschtier-Ambiente, rosa Tüll und Rock’n’Roll-Musik. Dazu ein Hauptdarsteller, der einen Stinktier-Streifen in seinen Haaren trägt und eine Hauptdarstellerin, die normalerweise in Horrorfilmen spielt. Diese Zutaten bilden die Grundlagen des Debütfilms vom kanadischen Regisseur Jeffrey St. Jules, der dafür auf dem Toronto International Film Festival mit dem besten kanadischen Erstlingsfilm ausgezeichnet wurde. Aber hält der Film wirklich, was er durch diese Auszeichnung verspricht?
Hauptdarstellerin Jane Levy, sonst aus Filmen wie Evil Dead und Don’t breathe bekannt, spielt hier die backfischhafte Stepphy Holiday, deren Rolle angelegt ist an Catherine Deneuve aus Die Regenschirme von Cherbourg und Ann-Margret aus Viva Las Vegas. In der verschneiten Kleinstadtidylle von Lonely Arms, einer kanadischen Grenzstadt Anfang der 1960er Jahre, ist es Stephs größter Traum, eine berühmte Sängerin zu werden. Dafür nimmt sie extra ein Demo-Tape auf und bewirbt sich bei einem New Yorker Talentwettbewerb. Als sie dann tatsächlich eine Einladung nach Manhattan erhält, macht ihr ihr alkoholkranker Vater (Peter Stormare) einen Strich durch die Rechnung. „Die Musikindustrie ist nichts für ein junges Mädchen wie dich!“ ist seine lapidare Aussage, bevor er die Einladung, die zugleich das Eintrittsbillet ist, ins Feuer wirft. Steph ist darüber natürlich äußerst frustriert, aber ihr bleibt nichts anderes übrig, als weiterhin in der väterlichen Autowerkstatt an Trucks rumzuschrauben und ihre Lieblingssendung im Fernsehen zu sehen. Darin spielt der von ihr vergötterte Rock’n’Roll-Star Bobby Shore (Justin Chatwin) die Hauptrolle und sie gibt sich Tagträumen mit ihm hin. Welch Überraschung als dieser dann leibhaftig vor ihr steht, weil er wegen einer Autopanne ihre Hilfe benötigt. Es dauert auch nicht lange und die beiden werden ein Liebespaar. Sehr zum Leidwesen von Fabian (David Reale), der schon lange hinter Steph her ist.

Was bislang noch nach einem relativ normalen Teenager-Liebesfilm klingt, wird von St. Jules nun aufgebrochen und bekommt skurrile Züge. Denn er verlässt die gewohnten Pfade eines klassischen Musicals und bringt Horror- und Fantasy-Elemente mit hinein. Das erzielt er, indem er im ortsansässigen Lila Nebelwerk einen Chemieunfall geschehen lässt, der zu bizarren Mutationen unter den Einwohnern und Tieren führt (und im weiteren Verlauf des Films zu einer dominanten Lila-Färbung). Was in der Rocky Horror Picture Show ganz wunderbar gelingt, nämlich makabre Elemente mit einem Musical zu verbinden, gerät bei Bang Bang Baby zu einer Farce. Regisseur Jeffrey St. Jules ist sicherlich mit Leidenschaft an sein Debütprojekt herangegangen, allerdings ist die Umsetzung doch etwas befremdlich geraten. Denn auch wenn ein paar Kritiker Bang Bang Baby mit Filmen von David Lynch vergleichen, und er einige Preise erhalten hat — unter anderem „Bester kanadischer Erstlingsfilm“ auf dem Toronto International Film Festival und Gewinner beim Claude Jutra Award 2014 –, so reichte es zum Beispiel auf Rotten Tomatoes nur für eine grüne aufgeplatzte Tomate mit schlappen 57 % (wobei die Zuschauerbeurteilung mit 42 % sogar noch schlechter abschnitt). Alles in allem ein Film, der nicht wirklich überzeugt. Angefangen von dem undefinierbaren Genre – ein Mix aus Coming-of-Age, Musical, B-Movie-Horror und zu guter Letzt auch noch einer Portion Fantasy -, dem unausgegorenen Plot, bei dem vor allem das Ende den Zuschauer ratlos zurücklässt, bis hin zum schlechten Playback-Gesang von Justin Chatwin, ist St. Jules hier nicht der ganz große Wurf gelungen. Denn ein Kultfilm wie die Rocky Horror Picture Show wird es nie werden und so erfolgreich wie La La Land ebenfalls nicht.

Trotzdem verdient Bang Bang Baby ein paar Pluspunkte. Neben der Liebe zum Detail, was die Kostüme und Ausstattung betrifft, so ist die Ambitioniertheit von St. Jules und seinem Team lobend hervorzuheben. Und letztendlich ist der Trash-Faktor äußerst hoch (was ja durchaus etwas Erheiterndes haben kann), der durch die mehr als schräge Geschichte und die gestalterische Umsetzung erzielt wird. Das, was bisweilen dilettantisch aussieht, ist sicherlich von St. James und vor allem von Kameramann Bobby Shore gewollt. Denn dadurch erhält der Film eine gewisse Authentizität, und man wird in die 1960er Jahre hineinkatapultiert, als Special Effects noch in den Kinderschuhen steckten. Und dass Bobby Shore ein wirklich fantastischer Kameramann ist, hat er neben zahlreichen Musik-Videos (z.B. für SIA oder Majid Jordan) auch in Werbespots und Filmen (u.a. Closet Monster) bewiesen, wofür er 2017 eine Nominierung beim Canadian Screen Award für die beste Kamera erhielt.

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