Bahubali: The Beginning

Eine Filmkritik von Thorsten Hanisch

Im Süßwarenladen

Indien ist einer der wenigen Märkte, auf denen sich Hollywood in den letzten Jahren verhältnismäßig schwergetan hat, da das einheimische Publikum eher dem Eigenanbau als dem Import zugetan war. Aber nichts ist für die Ewigkeit und so findet seit ein bis zwei Jahren ein langsamer, aber stetiger Wandel statt, der auf eine taktische Neuausrichtung der amerikanischen Studios zurückzuführen ist. Sie bieten ihre großen Filme nun in entsprechenden Synchronfassungen an, die die indischen Sprachen mit der größten Verbreitung (unter anderem Hindi, Tamil und Telugu) abdecken, was vor allem von der Jugend dankbar angenommen wird. Solch ein Angriff auf den heimischen Kinomarkt kann natürlich nicht unbeantwortet bleiben und so dachte sich eines Tages ein findiger Produzent: „Wenn die Amerikaner unsere Sprache(n) klauen, klauen wir halt amerikanisches Kino!“ Gesagt, getan, 40 Millionen Dollar zusammengekratzt (Bahubali ist hiermit offiziell Indiens teuerster Film), lauter Top-Player (unter anderem Regie-Titan S.S. Rajamouli) eingestellt, Film gedreht, bei dem die Schauwerte, also Ausstattung und vor allem Effekte ganz nach amerikanischer Blockbuster-Art, mehr als eindeutig im Vordergrund stehen, eine gigantische Marketing-Maschinerie angeworfen und zack – Superhit. Erfolgreichste Produktion im Heimatmarkt überhaupt, dritterfolgreichste indische Produktion international. Teil 2, der gleich mitgedreht wurde und mit The Conclusion einen ähnlich wunderbar pragmatischen Zusatztitel wie The Beginning trägt, ist für 2017 geplant.
Über den Plot von Bahubali — The Beginning kann man mit ruhigem Gewissen hinwegflattern: Bärenstarker, aber weltfremder Typ muss langsam herausfinden, dass er für weit Größeres bestimmt ist. Auf dem Weg dahin gibt’s schöne, aber kampfeslustige Frauen, ultraböse Herrscher, Enthüllungen, die niemanden überraschen, etwas Liebesgezwitscher und viel, viel Gemetzel. Das war schon zwölf Trilliarden Mal da und ist beliebig austauschbar, macht den Film anderseits aber auch wieder extrem zugänglich für Menschen, die sich sonst vor Kino rund um Amerika herum fürchten.

Was die nächste Frage aufwirft: Wieso sollte man sich Bahubali und nicht The First Avenger: Civil War oder eines der anderen, wöchentlich in die Multiplexe geworfenen Multimillionen-Dollar-Events amerikanischer Provenienz anschauen? Bahubali ist zwar einerseits reinstes, bombastisches, protziges Überwältigungskino auf formal durchaus hohem Niveau, mengt aber anderseits auch diese typische indische Unbekümmertheit bei, die den Film oft in Camp-Regionen abdriften lässt: Vom Start weg wird auf jeden Ansatz von Plausibilität gepfiffen, man etabliert eine bunte, stilisierte Welt, die nicht die unsere ist, eine Welt, in der alles möglich scheint. Dass man für solch einen Ansatz aber dann doch nicht das Budget hat, ist kein Hindernis, und so wird die Gemachtheit des Ganzen, sprich, die zahlreichen, teilweise etwas arg unglücklichen CGI-Effekte, offen ausgestellt. Man schämt sich nicht seiner Defizite, sondern fordert den Zuschauer auf, sich darauf einzulassen, was dem Ganzen trotz überquellendem Bombast im Hinblick auf die Ausstattung einen herrlich unbeirrten Charme gibt. Wir sind hier im Reich der Fantasie, da ist alles möglich und deswegen gibt es auch keine schlechten CGI-Effekte, das sieht einfach so aus. Basta. Zu dieser ungebremsten Lust am Fabulieren passt auch, dass man um keine noch so abstruse Idee verlegen ist, jeden Einfall aber mit ehrlichem Stolz, ohne eingeschaltetes, postmodernes Zwinker-Zwinker-Schutzschild präsentiert: Allein die epische Szene, in der einer der Protagonisten mit bloßen Händen mit einem (animierten) Stier ringt, dürfte für ein amüsiertes Applaudieren sorgen. Es sind aber nicht nur Highlights dieser Art, es ist einfach die generelle, reine Natur des kantigen Films mit seinen überlebensgroßen Männern und den überirdisch schönen Frauen, die für einiges an Kurzweil sorgt. Munter wird einfach alles aneinandergereiht, was irgendwie Spaß machen könnte, etwaige tonale Brüche sind egal: Da werden in der einen Szene noch zarte Liebessentenzen gesäuselt und kurze Zeit später brechen dann die Knochen im Sekundentakt. Alles kein Problem.

Na ja, nicht ganz. Dramaturgisch fühlt sich Bahubali an wie ein Kind im Süßwarenladen, es wird einfach alles einverleibt, was irgendwie lecker ist. Allerdings folgt auf soviel Geschlecke oft auch Übelkeit und so ermüdet das Epos mit zunehmender Laufzeit, da sich der Film immer weniger Verschnaufpausen zugesteht und dann wirklich nur noch von einer Action-Sensation zur nächsten eilt, was sicherlich auch noch irgendwie okay ist, aber halt nicht mehr ganz so reizvoll, als wenn zwischen dem ganzen Getöse auch mal vor malerischer Wasserfall-Kulisse getanzt werden würde.
Ob man die Schuld an der einstürzenden Balance aber tatsächlich dem Film geben kann, ist zu diesem Zeitpunkt ungewiss: Das ursprünglich 160 Minuten lange Epos wurde für die internationale Auswertung von Vincent Tabaillon (Editor unter anderem bei Die Unfassbaren — Now You See Me) auf 135 Minuten gestutzt und wenn man an andere Bearbeitungen asiatischer Filme denkt (z.B. 13 Assassins) kann man davon ausgehen, dass auch hier eher gestrafft wurde, um die Geduld der weltweiten Zuschauerschaft nicht mit allzu viel Szenen der ruhigeren Art auf die Probe zu stellen.

Trotzdem im Kino schauen? Aber ja doch, es gibt tolle Landschaftsaufnahmen, die Musik lädt zum Mitschunkeln ein und ab und zu sollte man einfach mal wieder aus staunenden Kinderaugen auf die Leinwand starren – Bahubali ist der ideale Film dafür. Außerdem gibt es selten Filme, die so sehr mit ihrer Budget-Power protzen, sich aber trotzdem so viel Seele beibehalten haben. Großartig!

Bahubali: The Beginning

Indien ist einer der wenigen Märkte, auf denen sich Hollywood in den letzten Jahren verhältnismäßig schwergetan hat, da das einheimische Publikum eher dem Eigenanbau als dem Import zugetan war. Aber nichts ist für die Ewigkeit und so findet seit ein bis zwei Jahren ein langsamer, aber stetiger Wandel statt, der auf eine taktische Neuausrichtung der amerikanischen Studios zurückzuführen ist.
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Meinungen

Kinomen 223 · 14.05.2016

Ein bezaubernder Film, total zum Verlieben. Ein Film für die das veliebte Ehepaar, wo der Mann Aktion sehen will und die Frau romantisches, Beides wunderbar mit atemberaubend schönen Wasserfällen, Menschen auf die Leinwand gezaubert.
Musik die nicht mehr aus den Ohren geht. Und eine Story die nicht vorhersehbar ist, ausser das der Gute wahrscheinlich am Ende gewinnt. Leider fehlt hierzu Teil 2 des Films, kann es kaum erwarten diesen Teil auch zu sehen.
Die Kämpfe waren nicht so mein Ding, eher etwas übertrieben. Aber Herkules muss halt seine Muskel zeigen, mein Freund fand sie aber ganz Ok. Er meinte hier ist es mehr auf die Figuren als die Effekte hingearbeitet worden.
Indisches Film hat sich Mühe gegeben die Computereffekte zu zeigen ist aber klar nicht Hollywood Liga.Trotzdem Süss.
Fand den Held anfangs etwas hässlich aber mit der Zeit zum verlieben.