Außergewöhnliche Geschichten (Blu-Ray)

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Filmische POEsie

Die Anthologie Außergewöhnliche Geschichten nach Vorlagen von Edgar Allan Poe fand erst mehr als 20 Jahre nach ihrer Entstehung den Weg nach Deutschland. Weder die Geschichten des Maestros, noch das inszenatorische Triumvirat Roger Vadim, Louis Malle und Federico Fellini konnte hiesige Verleiher überzeugen, den Film zum Ende der 1960er Jahre in die Kinos zu bringen. Nun gibt es diesen außergewöhnlichen Horror-Reigen erstmals in High Definition, die der Bilderpracht zu neuem Glanz verhilft.
Roger Vadims „Metzengerstein“ erzählt von der grausamen Contessa Frederique de Metzengerstein (Jane Fonda), die mit Angst und Schrecken herrscht, sich dekadenten Freuden und sadistischen Spielen hingibt. Sie liebt ihren Cousin Wilhelm (Peter Fonda), der bei einem Feuer ums Leben kommt. Für Frederique ist das Leben nicht mehr wie zuvor, sie trachtet danach, Wilhelm wiederzusehen. Die Geschichte ist vergleichsweise schwach, die Umsetzung dafür umso betörender. Vadim findet traumhaft schöne Bilder. Er nimmt mit ihnen vorweg, was die Arbeiten seines Landsmanns Jean Rollin auszeichnete: Stimmung über Substanz, ätherisches Träumen über harte Realität.

In „William Wilson“ erzählt Louis Malle von einem Mann, der in eine Kirche kommt, weil er beichten will. Er hat einen anderen ermordet und erzählt dem Priester die ganze Geschichte. Der von Alain Delon gespielte Wilson ist ein verkommenes Subjekt, ein gut aussehender Mann, der seine grausamen Spielchen treibt, dem aber immer wieder ein anderer dazwischenfunkt: sein Doppelgänger. Aber natürlich ist der Doppelgänger mehr als nur sein Abbild. Er ist sein Gewissen, ohne das er nicht leben kann. Das Spiel mit dem Doppelgänger ist nicht immer überzeugend. Die Technik der späten 60er Jahre war dazu nicht gut genug, die Auflösung der Geschichte macht aber vieles wett, nicht zuletzt die Tatsache, dass die Struktur der Geschichte etwas eigentümlich ist.

Federico Fellini inszenierte „Toby Dammit“. Die Titelrolle wollte er eigentlich mit Peter O’Toole besetzen, als dieser aus dem Projekt jedoch ausstieg, wandte sich der Regisseur an eine Londoner Casting-Firma und bat, ihm die dekadentesten Schauspieler vorzustellen, die man in der Kartei habe. Terence Stamp und Edward Fox wurden losgeschickt. Fellini entschied sich schließlich für Stamp, der als Toby Dammit einen britischen Schauspieler darstellt, der in Rom eine Western-Version der Christus-Geschichte machen will. Der superbe Stamp spielt einen von Verzweiflung getriebenen Mimen, der an einem persönlichen Tiefpunkt beginnt, aber noch weit tiefer sinkt.

Es ist eine furiose Darstellung, der Untergang eines Konventionen sprengenden und jeden vor den Kopf stoßenden Künstlers, der sich selbst verabscheut. Fellini präsentiert hier eine Freakshow par excellence, ein unwirklicher, surrealer Reigen des Seins und Scheins, der mit immenser Theatralik, aber auch einem makabren Sinn für Humor daherkommt. „Toby Dammit“ lebt von einer Gänsehaut erzeugenden Atmosphäre, und endet mit einer Fahrt zur Hölle, wie sie wohl nur Fellini umsetzen konnte.

Außergewöhnliche Geschichten ist eine durchwachsene Angelegenheit. Die letzte Geschichte ist das Highlight, die beiden anderen haben aber ihre Meriten, nur eben auch das Pech, neben Fellinis „Toby Dammit“ bestehen zu müssen.

Außergewöhnliche Geschichten (Blu-Ray)

Die Anthologie „Außergewöhnliche Geschichten“ nach Vorlagen von Edgar Allan Poe fand erst mehr als 20 Jahre nach ihrer Entstehung den Weg nach Deutschland. Weder die Geschichten des Maestros, noch das inszenatorische Triumvirat Roger Vadim, Louis Malle und Federico Fellini konnte hiesige Verleiher überzeugen, den Film zum Ende der 1960er Jahre in die Kinos zu bringen.
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