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Wenn der Meister des abgedrehten Irrsinns sich einem geschlossenen Setting zuwendet, entsteht entweder ein kleines Meisterwerk oder ein großer Unfall. Wohin mag für „Au poste!“, den neuen Film von Quentin Dupieux, diese Reise gehen?

Die Wache (2018)

Eine Filmkritik von Lars Dolkemeyer

Strenge Inkohärenz

Die Filme von Quentin Dupieux zeichneten sich bislang nicht gerade durch ihre Kohärenz aus. Mit „Au poste!“ fügt sich jedoch nun sein abgedreht-grotesker Humor in den Rahmen einer einigermaßen geradlinigen schwarzen Komödie. Was dabei entsteht, funktioniert sogar noch besser als die völlig freidrehenden bisherigen Filme des Regisseurs.

Monsieur Fugain (Grégoire Ludig) sitzt in einem trostlosen Verhörzimmer in einer trostlosen Polizeibehörde. Ihm gegenüber versucht Commissaire Buron (Benoît Poelvoorde) herauszufinden, was wirklich in der Nacht geschah, in der Fugain bei der Polizei anrief, um eine Leiche vor seiner Haustür zu melden. Trotz aller Unschuldsbeteuerungen verdächtigt Buron den Verhörten und so begeben die beiden sich in einem immer skurriler kreisenden Wortwechsel tief in die Welt von Fugains Erinnerungen und Burons Misstrauen – nur um sie schließlich völlig aus den Angeln zu heben.

Für einen Regisseur, der mit Rubber (2010) die Geschichte eines mordenden Autoreifens erzählt, um anschließend in Wrong (2012) die Grenzen jeder erzählerischen Geschlossenheit zu sprengen, ist das Setting von Au poste! erstaunlich einheitlich: Im durchgehenden Verlauf einer Nacht und in der räumlichen Beschränkung auf ein Verhörzimmer entfaltet der Film zwischen den beiden brillant gespielten Protagonisten eine eigenwillige Dynamik. Gerade das geschlossene Setting bietet dabei die ideale Grundlage für den Reigen grotesker Einfälle, die der Film rasant und gekonnt aufeinander folgen lässt. 

So muss sich Fugain während des verzweifelten Versuchs, trotz aller gänzlich nebensächlichen Fragen des Commissaire seine Unschuld darzulegen, auch noch mit dem zwischenzeitlich zu seiner Bewachung abgestellten Hilfspolizisten Philippe (Marc Fraize) herumschlagen: Diesem fehlt aber nicht nur ein Auge, sondern offenbar auch jede Realitätsbezogenheit. Durch einen ungünstigen Unfall landet er als Leiche im Putzmittelschrank – und macht damit Fugains Situation nicht gerade einfacher.

Trotz der geschlossenen räumlichen und zeitlichen Einheit der Rahmenhandlung erlaubt sich der Film im wirren Verhör des Polizisten Buron immer ausgedehntere Abschweifungen in die begehbaren Erinnerungswelten des Verdächtigen. Ebenso wie das Gespräch zwischen den beiden in einen immer abstruseren, aber sorgfältig entwickelten Nonsense eskaliert, folgt auch der Film den irren Bahnen über die Umwege der erzählten Fantasiewelten.

Zwei Dinge verbinden sich dabei in Dupieux‘ pointierter Inszenierung: Das freie und bewegliche Spiel der Darsteller und ihre sich immer wieder verirrenden Dialoge, die voller Randbemerkungen und Anekdoten zunehmend von der polizeilichen Ermittlung abkommen, treffen auf eine präzise rhythmische Gestaltung und nahezu perfektes komödiantisches Timing. Erst durch den eng geschnittenen Korridor der äußerlichen Begrenzung eröffnet sich dem Film damit eine innere Dynamik, die grandios unerwartete Pointen und Wendungen hervorbringt.

So fügt die Kollision der eng gesteckten Abgrenzung und streng durchdachten inszenatorischen Logik auf der einen Seite mit den abgedrehten erzählerischen Wegen, die darin auf der anderen Seite möglich werden, dem Film keineswegs Schaden zu. Im Gegenteil: Anders als Dupieux‘ oft ab einem gewissen Punkt an den Zuschauer*innen vorbeirasenden anderen Filme, schafft Au poste! es, selbst noch mit dem völligen Bruch des Settings keineswegs an Kohärenz zu verlieren: Auf skurrile Art scheint jede Frage logisch und zugleich ohne jeden Zusammenhang auf die vorherige zu folgen, scheint jede irritierende Handlung nur konsequent aus der vorherigen hervorzugehen. Was darin entsteht, ist das Musterstück einer grotesken, schwarzen Komödie, ein beispielhaftes Feuerwerk irrwitziger Ideen und brillant-beiläufiger Pointen.

Die Wache (2018)

Louis hat einen Leichnam vor seinem Wohnhaus gefunden. Und als er von der Polizei vernommen wird, nimmt die Befragung einen seltsamen Verlauf. Wie kann er seine Unschuld beweisen, wenn die Polizisten offensichtlich verrückt sind?

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Meinungen

Sascha · 09.12.2019

Wer diesen Artikel schreibt, hat den Film nicht gesehen, jedwede Kritik die auch nur im Ansatz das Wort gut enthält ist eine maßlose Übertreibung. Aber naja, die Kunst, einen Film über einen mordenden Autoreifen zu drehen spiegelt sich hier nicht wieder. Diese Geschichte hört sich um einiges interessanter an, werde ich mir aber auf keinen Fall anschauen...