Art Girls

Eine Filmkritik von Andreas Günther

Wenn King Kong am Fernsehturm kratzt

Print scheint schon nicht mehr recht zu wirken. Wer will da noch auf einen bedeutenden Einfluss moderner Kunst setzen? Ganz ernsthaft geht das vielleicht nicht, aber im Kino allemal. Nicht irgendwelche Riesentaranteln erobern in Art Girls Berlin, sondern verselbstständigte Installationen. King Kong, das ist ein Stahlgerüst außer Rand und Band, das sich am Fernsehturm auf dem Alex festklammert, bis er einknickt. Art Girls gebiert sich als hemmungslos phantasievolle Satire über Kunst zwischen Katastrophe und Erlösung, die nicht ganz so klug ist, wie sie sein will.
Wie unruhig es noch wird, ist im experimentellen Film des Regisseurs und Autors Robert Bramkamps zunächst überhaupt nicht absehbar. Künstlerin Nikita Neufeld (Inga Busch) wird von ihrem Freund verlassen und findet keine Käufer für ihre „Kunst, die wirkt“. Durch Berlin-Mitte schnurrt im vollelektronischen Rollstuhl Peter Lohmeyer als Peter Matruana, behinderter Naturwissenschaftler, Mit-Chef des undurchsichtigen Unternehmens Morphocraft und ausgesprochen fachfremder Kurator einer Galerie für moderne Kunst, während sein Zwillingsbruder, ebenfalls Lohmeyer und ebenfalls Wissenschaftler, an finsteren Plänen arbeitet. Aber die betonte Langsamkeit, Steifheit und Entrücktheit, mit der die Darsteller agieren, und wie Nikita so mit Tarotkarten und Photos vor den erstaunten Augen ihrer Patentochter Lizzy herumwirbelt, erinnert an die frühen Filme von Wim Wenders, in denen sich entfremdete Menschen zwischen Zauber und Verderbnis der Bilderwelt bewegen.

Tatsächlich geht es genau auf dieser Spur weiter. Nikitas Kunst wirkt tatsächlich – die L-Strahlung, die von ihr ausgeht, macht Peter Maturana wieder gehend und sogar potent. Er darf es in einer Performance-Installation beweisen, in der er mit Nikita Sex hat und damit den Ankauf des Kunstwerks für 10.000 Euro besiegelt. Zusammen mit Kollegin Una (Megan Gay) entwickelt Nikita nun Installationen, die ganz Berlin überspannen und sogar die Sonne blau werden lassen. Mehr noch: Die Gestalten, die die Künstlerinnen kreieren, brechen in die freie Wildbahn der Realität aus und bringen diese zum Wackeln, Wanken und Umkippen. Als erschwerend erweist sich, dass weite Teile der Bevölkerung schon als sogenannte „Biosyncs“ zur Kollektivintelligenz zusammengeschaltet sind und mit soviel Kunst gar nicht umgehen können, weshalb sich Una und Peters Bruder Laurenz gegen Nikita und Peter verschwören.

Oder so ähnlich, denn der Durchblick geht einigermaßen verloren bei plötzlich auftauchenden gemütlichen Erzählern unter Bäumen und sprechenden Luftblasen mit Lohmeyers Konterfei, einer sich ausbreitenden angeblich „positiven Paranoia“ und apokalyptischen Collage-Elementen. Die Einfälle jagen sich und können mit den hohen philosophischen Einsätzen doch nicht recht mithalten. Die Menschen mit der „neuen Natur der Bilder“ der Kunst wie durch eine gewaltige Impfmaßnahme zu versöhnen, wird dem anfänglichen Witz nicht mehr gerecht. Kunst ist mehr als eine aufregendere Wirklichkeit.

Art Girls

Print scheint schon nicht mehr recht zu wirken. Wer will da noch auf einen bedeutenden Einfluss moderner Kunst setzen? Ganz ernsthaft geht das vielleicht nicht, aber im Kino allemal. Nicht irgendwelche Riesentaranteln erobern in „Art Girls“ Berlin, sondern verselbstständigte Installationen. King Kong, das ist ein Stahlgerüst außer Rand und Band, das sich am Fernsehturm auf dem Alex festklammert, bis er einknickt.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen