Arlo & Spot

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Ein Dino im Land des Westerns

Die Animationsfilme, die Disney zur Weihnachtszeit ins Kino bringt, muten manchmal wie das reinste Kontrastprogramm zu Christbaum, Lebkuchen und Stille-Nacht-Singen an. Das galt zum Beispiel für das New-Orleans-Märchen Küss den Frosch von 2009, aber es trifft auch auf Arlo & Spot zu, mit dem Disney/Pixar Kinder und Eltern am Ende des Jahres 2015 ins Kino locken will. Zwar strahlt seine mit altmodischer Einfachheit formulierte Kernbotschaft vom Wert der Familie und der Freundschaft eine wohlige Wärme aus. Aber den Dinosaurierjungen Arlo und seinen kleinen Menschenfreund Spot erwarten raue Abenteuer, in denen sie sich auf die Suche nach dem amerikanischen Pioniergeist begeben und den Wilden Westen erobern müssen.
Bei der Disney-Tochter Pixar scheint man sich auf das spaßige Vermitteln von Bildungsinhalten verlegt zu haben. Erst kürzlich kam Alles steht Kopf in die Kinos, der Kindern vorführte, welcher Widerstreit der Gefühle und Bewusstseinsebenen im menschlichen Gehirn tobt. Jetzt ist amerikanische Kulturgeschichte an der Reihe. Welches Kind kennt denn noch einen guten alten Western, in dem tapfere Männer das Lasso schwingen und auf dem Rücken der Pferde das typisch amerikanische Freiheitsgefühl zelebrieren? Wenn der quietschgrüne Arlo zu erhabener Westernmusik die Canyons und die Prärie durchstreift und ein wenig Cowboy spielt, entsteht unter der Regie von Peter Sohn tatsächlich eine lebhafte, überzeugende Genreatmosphäre.

Gleich zu Beginn wird jedoch erst einmal eine Kostprobe des bewährten Pixar-Humors geliefert, der sich hier häufiger als im konkreten Witz im Ideenreichtum und einer gewissen Lockerheit des Konzepts niederschlägt. Die Dinosaurier mussten nicht aussterben, denn der zuständige Meteorit verfehlte die Erde knapp. Millionen Jahre später, zur Zeit der Steinzeitmenschen, steht eine Farm im amerikanischen Westen, auf der eine fünfköpfige Dinosaurierfamilie Mais anbaut. Jedes Kind, das etwas geleistet hat, darf sich wie der Vater und die Mutter mit seinem Fußabdruck auf dem Futtersilo verewigen. Nur Arlo, der überängstliche Jüngste, besteht keinen Test, den ihm der Vater und das Schicksal auferlegen. Dann verschlägt es ihn auch noch hinaus in die Wildnis, wo sich der kleine strubbelige Spot, der sich heimlich an die Vorräte der Dinosaurierfamilie gemacht hat, um ihn kümmert. Die ungleichen Kinder werden Freunde, die auf dem weiten Weg nach Hause klettern, schwimmen, gegen Outlaws in Gestalt von Flugsauriern kämpfen und mit Tyrannosauriern am Lagerfeuer sitzen.

Weil Spot nicht sprechen kann, erzählen sich die beiden in einer zauberhaften Szene mit Zweigen und Furchenlinien von ihren Familien und ihrem Kummer. Arlo trauert um seinen Vater, dessen tragischer Tod daran erinnert, dass es bei Disney schon seit Bambi nicht immer kuschelweich zugeht. Die intensiven Gefühlsmomente bestimmen jedoch nicht den Gesamtton, sondern werden durch witzige Einlagen und den frohgemuten Vorwärtsdrang der Handlung ausbalanciert.

Mit den Figuren veranstaltet die Inszenierung ein vielseitiges Spiel der Gegensätze. Der große Arlo ist ein kleiner Angsthase und noch dazu als Tier die eigentliche Hauptperson. Der zarte, aber zähnefletschende Knabe Spot, der die Wildnis wie seine Westentasche kennt, verhält sich wie ein Hund, des Menschen treuester Begleiter. Und visuell heben sich die wie Spielzeug anmutenden, putzigen oder knalligen Tiergestalten frech vom Realismus der grandiosen Landschaften ab. Hier setzen die Bilder auf Naturnähe und bezaubern gerade mit ihrer realistischen Qualität, zum Beispiel was die Textur des gekräuselten, klaren Wassers eines Gebirgsflusses anbelangt.

Die Westernhelden und Siedler warfen ihren Pioniergeist wie Fischernetze in der unberührten, imposanten Wildnis aus. Sie hat also einen wichtigen Anteil am amerikanischen Nationbuilding-Prozess. Gerade weil diese schöne und unterhaltsame Kindergeschichte auch daran erinnert, wirkt der Heimatstolz, den sie heraufbeschwört, leicht nachvollziehbar und berechtigt.

Arlo & Spot

Die Animationsfilme, die Disney zur Weihnachtszeit ins Kino bringt, muten manchmal wie das reinste Kontrastprogramm zu Christbaum, Lebkuchen und Stille-Nacht-Singen an. Das galt zum Beispiel für das New-Orleans-Märchen „Küss den Frosch“ von 2009, aber es trifft auch auf „Arlo & Spot“ zu, mit dem Disney/Pixar Kinder und Eltern am Ende des Jahres 2015 ins Kino locken will.
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