Arbeit macht das Leben süß, Faulheit stärkt die Glieder

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Würde durch Beschäftigung im Alter

Wie wollen, wie können wir altern? Das ist eine der zentralen Fragen der Zukunft für unsere Gesellschaft, in der die Menschen dank der medizinischen Fortschritte eine immer höhere Lebenserwartung haben. Diese eigentlich rundum positive Entwicklung hat auch ihre nicht zu übersehenden Begleiterscheinungen. Schon jetzt mangelt es an Pflegekräften für Senioren, so dass der Bedarf nur dank osteuropäischer Arbeitskräfte gedeckt werden kann, und die Zunahme an Demenzerkrankungen verstärkt diesen Pflegenotstand noch weiter. Es sind also tragfähige Modelle für die Zukunft gefragt, die Alternativen zu den bisherigen Angeboten bieten. Der sehenswerte Dokumentarfilm Arbeit macht das Leben süß, Faulheit stärkt die Glieder stellt solch eine alternative Form des Altwerdens vor, die sich in Rumänien bei den Siebenbürger Sachsen entwickelt hat, aber trotz gewisser Eigenheiten durchaus auch hierzulande Schule machen könnte.
Es waren gleich zwei Ereignisse im Leben der Regisseurin Claudia Funk, die in ihr den Entschluss reifen ließen, einen Film über das Altersheim der besonderen Art in Hetzeldorf/Atel zu realisieren. Wobei Altersheim nicht die richtige Beschreibung für das Anwesen ist, das eher einem bewirtschafteten Bauernhof gleicht – mit dem einzigen Unterschied, dass die Landwirte allesamt betagte und teilweise auch demenzkranke Damen und Herren sind, die dort eine Lebensaufgabe gefunden haben. Der erste Impuls für diesen Film war die Begegnung mit den Bewohnern selbst, die Claudia Funk während eines Urlaubs kennenlernte. Zum zweiten kam hinzu, dass die Großmutter der Filmemacherin in Deutschland in ein Altersheim ziehen musste, nachdem deren zunehmende Demenz ein eigenständiges Leben nicht mehr erlaubte. Dort, so die Beobachtung von Funk, war die Zeit ihres Lebens überaus aktive alte Dame plötzlich mehr oder weniger dazu verurteilt, die Hände in den Schoss zu legen. Ganz im Gegensatz zu den Bewohnern der rumänischen Einrichtung, die nach wie vor in der Küche mitarbeiten, das Feld bestellen, den großen Heuwagen kutschieren, die Schweine versorgen oder manchmal einfach nur die Hühner beaufsichtigen. Dieses Leben im Alter ist nicht nur rührend zu beobachten, sondern vermittelt auch dank Claudia Funks kluger und zurückhaltender Beobachtungsgabe einen ebenso erhellenden wie mitunter gewitzten und überaus sympathischen Einblick, wie wichtig Zuwendung und Beschäftigung für die „Alten“ sind.

Fast drängt sich ein wenig der Vergleich mit dem gleichzeitig startenden neuseeländischen Dokumentarfilm Hip Hop-eration auf, der ebenfalls Senioren, das Altern und eine späte sinngebende Lebensaufgabe als Themen hat. Während man sich bei der breakdancenden Crew aber mitunter fast unangenehm berührt fühlt, zaubert Claudia Funks Film ein Lächeln auf die Lippen, ohne dabei der Nachdenklichkeit zu wenig Platz zu lassen. Beides sind legitime Modelle, doch während die schrillen Moves, die Verkleidungen und Posen der neuseeländischen Oldies oftmals wie Zerrbilder und einstudierte Rollen wirken, sind die langsamen Bewegungen und einfachen Arbeiten der Menschen in Hetzeldorf von kontemplativer Ruhe und Harmonie geprägt. Am Ende, davon ist man nach 76 überaus kurzweiligen Minuten überzeugt, erscheint einem dieser Ort in Siebenbürgen wie ein kleines Paradies. Es wäre schön, wenn sich Ähnliches hierzulande schaffen ließe.

Arbeit macht das Leben süß, Faulheit stärkt die Glieder

Wie wollen, wie können wir altern? Das ist eine der zentralen Fragen der Zukunft für unsere Gesellschaft, in der die Menschen dank der medizinischen Fortschritte eine immer höhere Lebenserwartung haben. Diese eigentlich rundum positive Entwicklung hat auch ihre nicht zu übersehenden Begleiterscheinungen.
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