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Eine Bestsellerautorin der Gegenwart durchlebt die brutale Unterdrückung der Afroamerikaner*innen wie in einem Wachtraum noch einmal — doch was genau durchlebt sie da eigentlich? Nur einen Traum oder spielt da jemand mit ihr?

Antebellum (2020)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Große Erwartungen, verpasste Chancen

Was eilte diesem Film nicht für ein Ruf voraus — nahtlos einfügen sollte oder wollte er sich in die Reihe jener ungewöhnlichen Horrorfilme der letzten Jahre, für deren subversive Kraft vor allem ein Name steht: Jordan Peele. Dessen Filme „Get Out und „Wir hatten auf ganz neue Weise den realen Horror des Rassismus mit dem des Horrorgenres verknüpft und damit eine regelrechte Welle ausgelöst, was angesichts der vierjährigen Präsidentschaft von Donald J. Trump kein Wunder war. „Antebellum“, so verhieß es zumindest die beachtliche Marketingkampagne, die diesen Film begleitete, trete an, um sich in direkter Linie den beiden Filmen anzuschließen und noch einmal einen weiteren Blick auf den Horror des Alltagsrassismus in den USA und dessen Wurzeln zu richten.

Und so beginnt Antebellum mit ausführlichen Schilderungen einer großen Plantage in den Südstaaten der USA in der Zeit des Bürgerkrieges, wo es zugeht wie ein einer Vorhölle. Schikaniert von Offizieren der Konföderierten und deren sadistischen Ehefrauen werden hier die Sklav*innen systematisch gefoltert, wer auf diesem Anwesen landet, der muss jede Hoffnung fahren lassen, das macht einer der Offiziere den Ankömmlingen direkt zur Begrüßung deutlich. Um jeglichen Widerstand rigoros zu unterbinden, ist jedes Gespräch zwischen den Sklav*innen, jede auch noch so kleine Äußerung strengstens verboten. Nur die gerade neu eingetroffene Eden (dargestellt von der Sängerin Janelle Monaé) zeigt nach wie vor erheblichen Widerstandsgeist und denkt über eine Flucht nach. Denn sie ist sich ganz sicher, dass draußen, außerhalb dieser Hölle auf Erden ein anderes Leben nicht nur möglich, sondern auch vorhanden ist. 

Nach rund einer halben Stunde voller Grausamkeiten springt der Film in der Zeit und wechselt in die Gegenwart, zu der erfolgreichen Soziologin und Bestseller-Autorin Veronica Henley (ebenfalls Monaé) und registriert irritiert, dass sie und Eden offensichtlich die gleiche Person sind. War das alles nur ein böser Traum? Ein Einschub eines kollektiven Gedächtnisses? Doch warum taucht plötzlich eine Frau auf, die der Sklavenhalterin aus der Bürgerkriegsepisode so sehr ähnelt? Und warum verfolgt diese Veronica so penetrant?

Was für ein Film Antebellum doch hätte werden können. Wenn aber etwas wirklich beachtlich an dem Film ist, dann wohl die schlichte Tatsache, dass die beiden Filmemacher und Drehbuchautoren Gerard Bush und Christopher Renz kaum etwas mit dem Stoff anzufangen wissen. Ausufernder Gewaltpornographie ohne rechte erzählerische Funktion folgt der jähe Wechsel in die überaus belanglose Gegenwart, aus der dann mühsam ein paar Spannungsmomente herausgepresst werden, die schließlich in der denkbar bescheuertsten Auflösung von allen münden. 

Visuell fährt Antebellum einige große Geschütze auf, vor allem in jenen Szenen vor dem ersten großen Break. Erst im Nachhinein erschließt sich aber, dass die anfangs nicht konkret zu fassende Künstlichkeit und eher suggerierte als tatsächlich vorhandene oder gar ausgefeilte Stilistik, die gerne und ziemlich sinnlos mit Zeitlupen und ungewöhnlichen Kameraperspektiven um sich schmeißt, ins Leere läuft und so vielleicht gar nicht intendiert war.

Als Horrorfilm funktioniert Antebellum (auch wenn der Trailer logischerweise anderes suggeriert) ebenso wenig wie als Gesellschaftskritik: Die Rassismen der Jetztzeit lässt der Film weitgehend außer Acht und historische Bezugslinien und Wurzeln sind hier so glaubwürdig, wie die behauptete historische Authentizität eines Themenparks zum Amerikanischen Bürgerkrieg. Wirklich schade um diesen Stoff, der einiges an Potenzial besitzt, und um Janelle Monaé, die sich hier vergebens gegen ein ziemlich dummes Drehbuch und eine uninspirierte Regie abmüht.

Antebellum (2020)

Die erfolgreiche Schriftstellerin Veronica findet sich in einer erschreckenden Realität wieder und muss das Rätsel, das dahintersteckt, ergründen, bevor es zu spät ist.

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Meinungen

Jenny · 05.12.2022

Totale Zeitverschwendung. Nach 1 Stunde hat der Film immernoch keinen Sinn ergeben. Ganz davon zu schweigen, dass das aus meiner Sicht kein Horrorfilm ist. Ich habe sogar 15 vorgespult in der Hoffnung, dass endlich etwas spannendes passiert. Vergebens

Wallat · 28.09.2022

Da ich den Film gesehen habe und ganz und gar nicht mit der hier gegebenen Kritik übereinstimmen kann, fühle ich mich gezwungen, hier eine andere Kritik zu empfehlen, die mehr mit dem übereinstimmt, was auch ich im Film gut sehen konnte.
Vielleicht ist das ja Anlass für den Kritiker hier, seinen mangelhaften Beitrag zu überarbeiten. Dem Film wird dieser zumindest nicht gerecht.