Log Line

Mit „Ant-Man and the Wasp“ steht uns der nunmehr 20. Marvelfilm ins Haus, der vor allem einen riesigen Konjunktiv heraufbeschwört: Wie toll könnte dieser Film sein, wenn nicht …

Ant-Man and the Wasp (2018)

Eine Filmkritik von Katrin Doerksen

Ständig wechselnder Aggregatzustand

„Ant-Man and the Wasp“ ist die Fortsetzung des 2015er Ant-Man, der 20. Film im Marvel Cinematic Universe, Teil der dritten Phase … Die Fülle an Informationen, die es braucht um diesen Film zielsicher in seinem Produktionskontext zu verorten, verweist schon auf das Problem der Marvelfilme, das fein säuberlich im Halbjahrestakt, pünktlich zum Erscheinen jedes neuen Films des Multimilliarden-Dollar-Franchises, von überdrüssigen Kinogängern angemahnt wird. Die Filme schlagen so ausladende erzählerische Bögen, dass sie selbst unter ihrer Last merkwürdig hohl wirken.

Auch Ant-Man and the Wasp ächzt unter seiner eigenen Bedeutung – und vor allem der Bedeutung seiner Vergangenheit. Immer wieder kommt die Rede auf die Ereignisse in Deutschland, die den Ausgangspunkt der neuen Geschichte herbeiführen: Scott Lang (Paul Rudd) war Captain America in Leipzig zu Hilfe geeilt (wir erinnern uns an The First Avenger: Civil War), ohne Hank Pym (Michael Douglas) und dessen Tochter Hope Van Dyne (Evangeline Lilly) darüber zu informieren. Wegen Verletzung der Sokovia Accords landet Lang in Hausarrest, Pym und Hope müssen untertauchen, die Vertrauensbasis ist zerstört. Immer wieder werden Situationen in Ant-Man and the Wasp genutzt, um im Zeitraffer noch einmal frühere Geschehnisse nachzuerzählen, der Film beginnt sogar mit einer Rückblende. Ständig merkt man ihm an, dass er nur ein kleines Rädchen im großen kapitalistischen Getriebe ist. 

Dabei würden sich die Filme um Ant-Man wunderbar als wirkliche Standalone eignen. Der Insektenmann gehört ganz eindeutig zu den sympathischeren Helden der Marvelriege, ständig versucht er sein Leben zwischen Uniform, Vaterdasein und tapsiger Bubihaftigkeit auszutarieren. Dazu kommen tiefgründige Nebenfiguren und Antagonisten, die zur Abwechslung mal nicht gleich das ganze Universum zerstören oder unter ihre Kontrolle bringen wollen, sondern selbst Versehrte sind, die einen Weg suchen, in dieser unübersichtlichen Welt zu existieren. In Ant-Man and the Wasp taucht erstmals Ava/Ghost (Hannah John-Kamen) auf, eine Kreatur, die in den Comics ein Mann ist und einem bei ihrem ersten Erscheinen tatsächlich Schauer über den Rücken jagt. Weil sie dem Phänomen des phasing unterworfen ist (quasi einem ständigen Wechsel des eigenen Aggregatzustands), steckt sie in einem schmutzig weißen Ganzkörperanzug, der ihr die Geisterhaftigkeit einer menschlichen Mehlmotte verleiht. Die Frage nach Fluch und Segen technischen Fortschritts, die beispielsweise in Black Panther anhand politischer und kulturgeschichtlicher Entscheidungen verhandelt wurde, bekommt bei ihr eine ganz individuelle Dimension.

Ant-Man and the Wasp ist also durchaus einer der unterhaltsameren Marvelfilme. Aber er beschwört auch einen übermächtigen Konjunktiv herauf. Wie toll könnte dieser Film sein, wäre nicht … Oder: wäre stattdessen … Wäre er zum Beispiel auf echtem Filmmaterial gedreht. Ständig geht es hier um Erinnerungen, um Geister, um Kleinstteile, die Spuren hinterlassen wie Silbersalze in chemischer Emulsion, die auf die kleinsten Veränderungen sensibel reagieren. Nicht zuletzt wird in Ant-Man and the Wasp auch ständig die Fluidität von Identitäten verhandelt. Regisseur Peyton Reed baut immer wieder schöne kleine Momente ein, die diesen Punkt deutlich machen: Da ist die im quantum realm eingeschlossene Jane Van Dyne (Michelle Pfeiffer), die zeitweise in Scott Langs Körper dringt, was dazu führt, dass in einem der emotionalsten Momente des Films Michael Douglas und Paul Rudd Händchen halten. Da ist Scott Lang beim Spielen mit seiner Tochter, die ihm einen Pokal mit der Aufschrift „world’s greatest grandma“ schenkt. Den „richtigen“ hatten sie leider nicht, aber die Geste zählt.

Das wäre der perfekte Stoff, um auf Filmmaterial festgehalten zu sein. Auch weil das bunte, von riesigen Milben-Monstern bewohnte quantum realm durch Unschärfen und das filmische Korn atmosphärisch hinzugewonnen hätte. Aber die Optik ist bei Marvel ohnehin ein Problem. Immerhin sehen diesmal die Spezialeffekte nicht so billig aus wie in Black Panther, dafür ist Peyton Reed jedoch nicht gerade ein visionärer Filmemacher. Weder entwickelt er eine eigene Handschrift noch setzt er die Möglichkeiten der 3D-Technik kreativ ein. Und dann ist da noch der gelegentlich merkwürdig unsensible Tonfall des Films. In dem einen Moment geht es noch um eine gefährliche Rettungsmission und Sekunden später wird schon eine hochnotpeinliche Diskussion über Frühstücksgewohnheiten und Schreibtischgrößen geführt. An anderen Stellen wiederum funktioniert die Mischung aus Witz und Ernsthaftigkeit. Also alles wie gewohnt im Hause Marvel: Hit and miss, hit and miss, einerseits, andererseits.

Ant-Man and the Wasp (2018)

In den Nachwirkungen von „The First Avenger: Civil War“ muss auch Scott Lang mit seinen Entscheidungen als Superheld als auch Vater ringen. Während er versucht sein heimisches Leben mit den Verantwortungen als Ant-Man wieder allmählich zu vereinen, wird er von Hope van Dyne und Dr. Hank Pym mit einer drigenden Mission kontrontiert. Scott muss erneut in seinen Anzug schlüpfen und an der Seite von The Wasp Geheimnisse aus ihrer Vergangenheit aufdecken.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen