Andrej Tarkowskij Collection

Eine Filmkritik von Renatus Töpke

Auf der Suche ...

Die Suche nach Wahrheit war immer Schlüssel zu Tarkowskijs Filmkosmos. Nun liegen in einer DVD-Box fünf seiner bedeutendsten Filme vor. Optisch teilweise weit vor ihrer Zeit, zeigen sie Menschen, die in extremen Situationen über sich hinauswachsen und Großes, wie auch Kleines vollbringen müssen, um ihre ganz eigene Wahrheit zu finden…
Andrej Rubljow, 1969 gedreht, behandelt in zwei Teilen das Leben des russischen Ikonenmalers Andrej Rubljow. Im Mittelalter der Jahre 1360 bis 1430 fällt es Andrej immer schwerer seine Vorstellung von Kunst und seine Ideale mit den grausigen Methoden seiner Arbeitgeber zu synchronisieren. Andrej stürzt in eine schwere Krise, kann nicht mehr arbeiten. Er zieht sich mehr und mehr zurück, grübelt über die Aufgabe, die er und jeder andere Künstler denn überhaupt hat. Erst ein einschneidendes Erlebnis lässt Andrej wieder Hoffnung schöpfen und reißt ihn aus seiner Starre.

Problematisch an Andrej Rubljow, ist die teils extrem langsame Erzählstruktur. Man neigt tatsächlich zum eindösen. Auch ist nicht immer klar, was Regisseur Tarkowskij eigentlich mitteilen möchte, worauf er hinaus will. Was natürlich vor allem an der wirren Chronologie des Erzählten liegt.

Stalker schildert die Reise dreier Männer durch endzeitliche Ruinen und Schutthalden zu einem geheimnisvollen Zimmer. Ein Wissenschaftler, ein Schriftsteller und ihr Führer, der titelgebende Stalker, wandern durch die so genannte Zone, in der sich seltsame Dinge ereignen, Erscheinungen auftauchen, die nicht rational zu erklären sind. Nur der Stalker kennt den Weg, weiß, wie man lebend zum Ziel kommt. Und jeder der Drei hat andere Beweggründe, das Ziel zu erreichen. Der Weg ist das Ziel und doch geht es auch um den Ort, der erreicht werden will. Hier soll man schließlich die Erfüllung seines größten Wunsches erfahren können.

Stalker ist neben Solaris der bekannteste Film Andrej Tarkowskijs. In langen, starren Einstellungen erlebt der Zuschauer eine Reise ins Ich, voller Symbolik und langer Monologe und Dialoge, in tristen schwarz-weiß Bildern und bis zum Schluss hoffnungslos. Ein Film, den man mehrmals sehen muss, um ihn für sich deuten zu können.

Solaris beschreibt die Reise des Psychologen Kris Kelvin zu einer Raumstation, die um den Planeten Solaris kreist. Die dort lebenden Astronauten sollen unter massiven psychischen Problemen leiden und sind nicht mehr fähig, ihrer Arbeit nachzugehen. Tatsächlich bietet sich für Kelvin ein bizarres Bild: Die Astronauten Snaut und Sartorius vegetieren vor sich hin, ein dritter Astronaut hat sich schon vor einer Weile umgebracht. Am Morgen nach seiner Ankunft wacht Kelvin neben seiner Ehefrau auf. Da sich diese auf der Erde das Leben genommen hat, ist das natürlich ein heftiger Schock. Doch Kelvin ist Wissenschaftler genug um bald herauszufinden, dass Solaris eine Strahlung absondert, die unterbewusste Dinge materialisiert. Im Folgenden konzentriert sich der Film auf Kelvins Versuche, sich mit seiner „Frau“ auseinander zu setzen und die Auswirkungen der Planeten-Strahlung auf die Raumstation zu erforschen.

Solaris lebt nicht nur von einer massiven Psychostudie seiner Protagonisten. Es geht vor allem um Schuld und Verantwortung. In schwelgerischen Bildern und optisch brillant, wird der Zuschauer in eine eigene Welt gestoßen, die – wenn man sich darauf einlässt – einen regelrecht gefangen nimmt. Es sei angemerkt, dass auch das Steven Soderbergh-Remake von 2002 zwar der Thematik wenig Neues zuführt, aber dennoch absolut empfehlenswert ist.

Andrej Tarkowskijs Debütfilm war Iwans Kindheit. Fragmentartig wird das Leben des jungen Iwan erzählt, der Melder für die Rote Armee ist. Immer den Tod im Nacken, eilt Iwan zwischen den Fronten hin und her, bewegt und verhält sich wie ein verängstigtes Tier, das um sein Leben fürchtet. Wobei Iwan durchaus mutig ist und den drohenden Tod eher nebenbei wahrnimmt. Auch scheint sich in manchen Momenten eine Art Todessehnsucht in Iwans Augen zu spiegeln. Unterbrochen werden die lebensgefährlichen Meldeeinsätze durch Flashbacks, die von einer besseren Zeit erzählen, die lange vorbei scheint.

Wie für alle Filme Tarkowskijs muss man Ruhe und Zeit mitbringen, damit sich die gesamte Wucht der Inszenierung entfalten kann. Dann aber ist einem ein imposantes Filmerlebnis vergönnt, dass seines gleichen sucht und die folgenden Großtaten Tarkowskijs andeutet.

Der Spiegel war Tarkowskijs vierter Spielfilm. Über diverse Ebenen verteilt, werden die Kindheitserinnerungen eines Mannes, Alexej, aufgerollt. Immer wieder springt die Handlung zwischen verschiedenen Zeitebenen, Szenen, Träumen und der eigentlichen Handlung, dem jetzigen Leben Alexejs, hin und her. Wie im wirklichen Erinnern, springen wir hin und her, wechselt das Erzählte spontan die Richtung. Für den Rezensenten ist Der Spiegel Tarkowskijs anstrengendster und verwirrendster Film. Nicht nur, weil die ständigen Sprünge enervierend sind und ablenken. Auch die Doppelbesetzung (Mutter und Ehefrau Alexejs sind mit derselben Schauspielerin besetzt, ebenso werden Alexej und sein Sohn beide von einem Schauspieler gespielt). Das mag ein interessanter Kunstkniff sein, um zu versinnbildlichen, dass man Gesichter auf andere Personen projiziert, doch kann es auch nervtötend sein.

Für Filmfreunde, die das Außergewöhnliche suchen, ist die Andrej Tarkowskij Collection nur zu empfehlen. Unkundige sollten sich mit Stalker oder Solaris an die Materie heran tasten. Bild- und Tonqualität schwanken merklich zwischen gut und befriedigend, das Bonusmaterial ist sehr spärlich über die DVDs versprenkelt.

Andrej Tarkowskij Collection

Die Suche nach Wahrheit war immer Schlüssel zu Tarkowskijs Filmkosmos. Nun liegen in einer DVD-Box fünf seiner bedeutendsten Filme vor.
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