Alec Guinness Collection

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Der dezente Gentleman in deftigen britischen Komödien

Dass es dieser zunächst bevorzugt als Gentleman in britischen Komödien auftretende Schauspieler in seinen Rollen trotz seiner meist sanften Ausstrahlung faustdick hinter den Ohren hat, zeigen die Filme dieser Collection, die Arthaus dem „Mann der tausend Gesichter“ Alec Guinness (1914-2000) widmet. Von den traditionsreichen Londoner Ealing Studios in den Jahren 1949-1955 gedreht repräsentieren diese vier Filme den spruchreifen britischen Humor während der Nachkriegszeit, der hier von markanten Männercharakteren dominiert wird, die sich auf spitzbübische bis makabre Weise einen Platz an der Sonnenseite des Lebens zu ergaunern verstehen.
Den chronologischen Auftakt der Alec Guinness Collection bildet die kuriose, köstliche Komödie Adel verpflichtet / Kind Hearts and Coronets aus dem Jahre 1949 unter der Regie von Robert Hamer. Hier übernimmt Alec Guinness gleich acht Rollen kryptisch verstorbener Adeliger, die dem verschlagenen Louis Mazzini d’Ascoyne (Dennis Price) zur Erlangung des Herzogtitels im Wege standen, der nun ausgerechnet wegen eines Mordes hingerichtet werden soll, den er nicht begangen hat, und in der Todeszelle seine brisanten Memoiren verfasst.

Mit Einmal Millionär sein / The Lavender Hill Mob – auch unter dem deutschen Titel Das Glück kam über Nacht bekannt – inszenierte Charles Crichton, der in den späten 1980er Jahren mit Ein Fisch namens Wanda / A Fish Called Wanda erneut enorm erfolgreich war, 1951 ein filigran ausgeklügeltes Stück Caper-Movie, das dem Gauner-Genre alle Ehre macht und dessen Drehbuch von T. E. B. Clarke sowohl bei den Filmfestspielen von Venedig mit dem International Award ausgezeichnet als auch mit einem Oscar prämiert wurde.

Ebenfalls 1951 erschien Der Mann im weißen Anzug / The Man in the White Suit von Alexander Mackendrick, der Elemente einer leichtgängigen Komödie mit der ernsthaften Hintergründigkeit eines sozialkritischen Dramas über Fluch und Segen des technischen Fortschritts verknüpft. Hier trumpft Alec Guinness als passionierter, unverbesserlicher Forschergeist auf, der sich durch die Erfindung eines vermeintlich reißfesten, schmutzabweisenden Stoffes nicht nur Freunde und schon gar keinen dauerhaften Erfolg zuzieht.

Ladykillers / The Ladykillers (1955) abermals von Alexander Mackendrick schließlich – keineswegs zu verwechseln mit der gleichnamigen Neuverfilmung der Geschichte durch die Coen-Brüder von 2004 – markiert einen populären Klassiker des Makabren, der Alec Guinness als Professor Marcus in kriminellem Bunde mit Cecil Parker, Herbert Lom, Peter Sellers und Danny Green präsentiert, die sich als Musiker getarnt bei der Witwe Mrs. Wimmerforce (Katie Johnson) einnisten, die letztlich sozusagen im Schlaf über die abgebrühten Ganoven triumphiert.

Von der britischen Krone 1959 in den Adelsstand erhoben gestaltete sich die Karriere von Sir Alec Guinness, der zu Beginn seiner über sechzig Rollen umfassenden Laufbahn zuvorderst als elegant aufspielender Komiker im Einsatz war, so facettenreich wie immer wieder erfolgreich. Auch, als er nach einigen starken Charakterdarstellungen wie als Colonel Nicholson in Die Brücke am Kwai / The Bridge on the River Kwai (1957), als Prinz Faisal in Lawrence von Arabien / Lawrence of Arabia (1962) und als Adolf Hitler in Hitler – Die letzten zehn Tage / Hitler: The Last Ten Days (1973) von Georges Lucas für Krieg der Sterne / Star Wars (1977) erstmals als Obi-Wan Kenobi eingesetzt wurde – eine späte Popularität, die dem privat dezenten, bekennenden und praktizierenden Katholiken offensichtlich lästig war, so wie er sich von so manchen Themen seiner Filme eher distanzierte, wie auch seine 1985 erschienene Autobiographie Blessings in Disguise / Das Glück hinter der Maske verhalten zum Ausdruck bringt. Dass er trotz zahlreicher Erfolge und Ehrungen stets als ebenso rätselhaft wie bescheiden auftrat, ist signifikant für den Helden dieser humorreichen Collection britischer Lustspiele, der über sich selbst bemerkt haben soll: „Essentially, I’m a small-part actor who’s been lucky enough to play leading roles for most of his life“.

Alec Guinness Collection

Dass es dieser zunächst bevorzugt als Gentleman in britischen Komödien auftretende Schauspieler in seinen Rollen trotz seiner meist sanften Ausstrahlung faustdick hinter den Ohren hat, zeigen die Filme dieser Collection, die Arthaus dem „Mann der tausend Gesichter“ Alec Guinness (1914-2000) widmet.
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