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Ihr bestandenes Abitur feiern Jugendliche gerne ausgiebig. Die vier Freunde in dieser deutschen Komödie, die eine Abschlussparty organisieren wollen, stehen gehörig unter Druck. Denn das Gelingen oder Scheitern des Fests wird über ihr Image in den sozialen Medien entscheiden.

Abikalypse (2019)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Die Party muss gelikt werden

Wie wird man beliebt, wie gewinnt man Follower in sozialen Netzwerken? Für die junge Generation der Digital Natives sind diese beiden Teilfragen untrennbar miteinander verknüpft. Ohne Smartphone in der Hand geht niemand mehr auf eine Party oder auch nur auf die Wiese hinterm Haus, denn überall bieten sich Fotomotive zum Veröffentlichen in sozialen Netzwerken an. Aber wenn die Anzahl der Follower über den eigenen Status bestimmt, entsteht ein ungeheurer Druck, vielleicht vergleichbar mit dem Wachstumsprinzip des Kapitalismus. Jugendliche produzieren, was gut ankommt, setzen sich in Szene und vergessen dabei womöglich, auch einmal nicht ans Gefallen zu denken. In der Komödie „Abikalypse“ steht die Organisation einer Abiturparty für vier schulische Außenseiter von Anfang an unter dem unerbittlichen Hashtag #fameorfail.

Musti (Reza Brojerdi) ist der Sohn eines iranischen Diplomaten und war nie lange genug an einem Ort, um Freundschaften zu schließen. Er hat sich ernsthaft Mühe gegeben, die Abiprüfung wieder nicht zu bestehen, um noch eine Weile an seinem jetzigen Gymnasium bleiben zu können. Aber die Lehrer verabschieden ihn erfolgreich hinaus in die Welt, ebenso wie seine drei Freunde Hannah (Lea van Acken), Yannick (Jerry Hoffmann) und Tom (Lucas Reiber). Musti treibt der Wunsch um, von den anderen Mitschülern doch noch kollektiv gelikt zu werden und ihnen in positiver Erinnerung zu bleiben. Zu seiner Geburtstagsparty in der väterlichen Villa kommen nur die drei Freunde. Sie beschließen, ihn für den Kummer mit einer Teilnahme an Leonies (Lisa-Marie Koroll) Beachparty zu entschädigen.

Die allseits beliebte Leonie hat zwar niemanden von ihnen zur Party am See eingeladen, aber sie wiegt Yannick in dem Glauben, ihr Freund zu sein und so kreuzt der mit den anderen dort auf. Der tonangebende Patrick (Leon Blaschke) verkündet zur allgemeinen Enttäuschung, dass die Schulleitung eine Abiturparty auf dem Schulgelände verweigert. Im Überschwang des Gefühls der Zugehörigkeit springt Musti auf die Bühne und verspricht, die Party doch stattfinden zu lassen, mit der Hilfe seiner drei Freunde. Er kündigt eine Hüpfburg, genügend Alkohol und sogar einen Auftritt der Band Daft Punk an. Der Jubel der Anwesenden ist ihm sicher.

Nun aber haben Musti und die anderen ein Problem, das sich schnell verschärft, als sich Mustis strenger Vater querstellt. Zusätzlich laborieren Hannah, Tom und Yannick auch noch an eigenen Baustellen. Hannah und Tom lieben sich, aber der Gedanke an eine Beziehung macht Tom Angst. Yannick merkt nicht, dass Leonie ihn nur benutzt und von seinem Freund Tom entfernt.

Die Idee zu diesem Film stammt von den Brüdern Heiko und Roman Lochmann, besser bekannt als Die Lochis, die auch als Associate Producer fungieren. Mit ihren Videos wurden sie schon im Schulalter zu Youtube-Stars und kennen sich in der Materie dieses Films folglich gut aus. Nun sind sie 20 Jahre alt und haben unlängst verkündet, sich verändern zu wollen und auch getrennte Wege zu gehen. Der Internetruhm ist flüchtig, sein Glanz scheint auch nicht dazu bestimmt, dauerhaft Erfüllung zu schenken. Ein Hang zu kritischer Reflexion des Erfolgs, den soziale Medien verheißen, durchzieht denn auch den von Adolfo J. Kolmerer (Schneeflöckchen) nach einem Drehbuch von Tim Gondi inszenierten Film. Über weite Strecken aber versucht er in das Lebensgefühl von Jugendlichen einzutauchen, die gerne Party machen, soziale Medien als Synonym für Lebensqualität betrachten und irgendwie keine größeren Probleme haben.

Der Schulterschluss mit der jugendlichen Zielgruppe wird zum Beispiel beim Sprachgebrauch gesucht. Musti malt gerne krasse sprachliche Bilder, die zuspitzen und überbetonen. Die Party soll ein „Event auf Steroiden“ werden, es besteht auch die Möglichkeit, dass „der Shit richtig down geht“. Bei der visuellen Gestaltung wird mit Splitscreens, Zeitlupen und vor allem mit überzeugend und kreativ inszenierten Angstfantasien, die die Freunde jeweils heimlich plagen, gearbeitet. Auch die Musik macht Laune.

Aber es gibt auch Schwächen. Der Versuch, einer Geschichte um die große Abisause tiefere geistige Substanz zu verleihen, erweist sich letztlich doch als ziemlich gewollt. Bei der Besetzung der Rollen schlägt zwar positiv zu Buche, dass man bei der Wahl der Darsteller um Diversität bemüht war, aber die meisten von ihnen sehen nicht mehr so jung wie frische Schulabgänger aus. Zudem sieht das Organisieren von Parties bei den meisten Jugendlichen etwas anders aus als beim reichen Musti. Und obwohl das Feiern thematisch so zentral ist, geht es dem Film dabei nicht um wilde Ausschweifungen. Auf dem Kontinuum #fameorfail platziert sich die Komödie im soliden Mittelbereich.

Abikalypse (2019)

Das Abitur haben die Außenseiter Musti, Yannick, Hannah und Tom endlich in der Tasche. Bevor der Ernst des Lebens auf die vier Freunde wartet und sich ihre Wege vielleicht trennen, versprechen sie ihren Mitschülern leichtsinnig die krasseste Party des Jahres. Sie wollen endlich allen beweisen, dass sie keine Loser sind und in ihnen mehr Fame als Fail steckt. Doch die Suche nach Anerkennung und digitalen Followern wirbelt die enge Freundschaft der vier gehörig durcheinander. Inmitten des Trubels erkennen Hannah und Tom zudem ihre wahren Gefühle füreinander. Die erste romantische Nacht zu zweit verkompliziert die Dinge jedoch nur noch mehr… Für die vier Freunde wird die Party ihres Lebens zur wichtigsten Prüfung ihrer Freundschaft.

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