Abenteuer in Rio (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Martin Beck

Rosa mit grünen Sternen

Es ist eigentlich unmöglich, Abenteuer in Rio nicht zu lieben. Philippe de Brocas Hommage an Tim & Struppi ist spannend, laut, überschwenglich, albern, charmant, verplappert und mehr als einmal halsbrecherisch. Eine knallbunte, verspielte Abenteuer-Wundertüte, die nicht nur ein großer Box-Office-Erfolg war, sondern auch Hauptdarsteller Jean-Paul Belmondo als charismatischen Draufgänger de luxe etablierte. Bébel rennt, Bébel springt, Bébel fliegt und Bébel bezirzt adrette Damen. Noch viel mehr Leinwandpräsenz geht eigentlich nicht.
Seine Rolle hier ist Adrien, ein einfacher Soldat, dessen Freundin (Françoise Dorléac) von finsteren Gestalten nach Brasilien entführt wird. Nur sie kennt den Aufenthaltsort einer geheimnisvollen Statue, die im Verbund mit zwei anderen Statuen den Weg zu einem unermesslichen Goldschatz weist. Auch Adrien macht sich folglich auf nach Rio, um seine Liebste zu retten, und gerät schon bald in alles, was einem an diesem „exotischen“ Ort so passieren kann: ausgedehnte Prügeleien, per Fallschirm in den Regenwald krachen, auf halbfertigen Hochhäusern herumbalancieren, Autos ausweichen, Lianenschwingerei im Urwald, Herumklettern an einer Hausfassade und…noch viel mehr.

Natürlich wurde Action 1964 noch nicht so auf den kinetischen Punkt inszeniert wie heute, aber trotzdem hält man unweigerlich den Atem an – vor allem bei der extensiven Actionsequenz in Brasilia, wo Belmondo mehrmals absolute Todesverachtung zeigt und volle Kanne in Stunts hechtet, die einfach mal haarsträubend riskant sind. Keine Stuntmänner hier, sondern ausschließlich der Hauptdarsteller in ganzer Größe, auf der Kamikaze-Skala irgendwo zwischen Douglas Fairbanks und Jackie Chan. Abspringen, in einen Baum krachen, atemlos am Boden weiterrennen, drei Bösewichter in die Luft sprengen und dann mit einem breiten Grinsen eine dicke Zigarre anstecken. Ein Leben als knallbunter Comic, immer auf der Suche nach dem großen Auftritt.

Speziell Belmondo, aber auch der ganze Film waren erklärte Einflüsse für Jäger des verlorenen Schatzes. De Broca legt großen Wert auf das Abenteuerflair Marke Hergé und schafft hier eine mysteriöse Märchenwelt, deren zahlreiche Höhepunkte so gut funktionieren, dass man über die durchaus offensichtlichen Defizite des Regisseurs gerne hinwegsieht. Einige Szenen in Abenteuer in Rio sind entschieden zu lang, die Dramaturgie bemüht mehrmals klobige Zufälle und die flapsigen Kabbeleien zwischen Belmondo und Dorléac gehen irgendwann auf den Zeiger. De Broca wechselte mit diesem Film zum großen Mainstreamkino und schlug sich seitdem als halbwegs begabter Handwerker, der vor allem über sein sattes Temperament, die richtigen Freunde (und Kollegen) und üppigen finanziellen Erfolg weiterkam.

Was absolut in Ordnung geht, wenn dabei solch ein allseits beliebter Klassiker wie Abenteuer in Rio herauskommt — der auf jeden Fall ein Produkt seiner Zeit ist, aber trotzdem auch heute noch fesseln kann, mindestens als gutgelaunte bis ironische Sonntagnachmittag-Unterhaltung. In Frankreich gilt der Film als heiliger Meilenstein und bekam folglich eine exquisite Blu-Ray-Aufhübschung verpasst, die auch für die deutsche Version übernommen wurde. Das Bild ist einfach superb, der Ton muffelt etwas (aber bietet dafür die alte, wirklich großartige Synchro) und die drei Extras haben tatsächlich richtigen Mehrwert: Die Abenteuer von Adrien ist ein einstündiges, extrem informatives Making Of, Filmische Brüder beleuchtet die Zusammenarbeit mit Spaßvogel Jean-Paul Rappeneau und Zwischen leicht und ernst thematisiert die Musik von Georges Delerue. Très bien, eine rundum gelungene und sympathische Veröffentlichung!

Abenteuer in Rio (Blu-ray)

Es ist eigentlich unmöglich, „Abenteuer in Rio“ nicht zu lieben. Philippe de Brocas Hommage an Tim & Struppi ist spannend, laut, überschwenglich, albern, charmant, verplappert und mehr als einmal halsbrecherisch. Eine knallbunte, verspielte Abenteuer-Wundertüte, die nicht nur ein großer Box-Office-Erfolg war, sondern auch Hauptdarsteller Jean-Paul Belmondo als charismatischen Draufgänger de luxe etablierte.
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