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Nach dem Unfalltod seiner Frau fällt der Polizist Ingimundur in ein tiefes Loch — und als er beim Aufräumen in den Sachen seiner Frau Hinweise findet, dass die vielleicht eine Affäre gehabt haben könnte, steigert sich seine Einsamkeit in eine regelrechte Besessenheit, die keine Grenzen kennt.

Weißer weißer Tag (2019)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Trauer, Wut und Nebel

Bis in Hlynur Pálmasons zweitem Langfilm „Weißer, weißer Tag“ zum ersten Mal Menschen deutlich erkennbar im Bild auftauchen, dauert es eine ganze Weile. Denn zunächst folgt die Kamera einem Wagen, der durch eine nebelverhangene Landschaft fährt, bis er plötzlich und ohne ersichtlichen Grund geradeaus fährt, eine Leitplanke durchbricht und in einen Abgrund stürzt. Dann ein Schnitt und einige starre Einstellungen auf ein Haus, in sich durch das Wetter und den Lauf der Jahreszeiten verändernder Natur. Und nur bei genauem Hinsehen bekommt man mit, wie dieses Anwesen sich langsam verändert, wie dort gebaut wird, wie es nach und nach eine neue Gestalt annimmt und wie die ständig wechselnde Szenerie ganz langsam von Menschen bevölkert wird. Eine Anordnung, die sich später noch wiederholen wird. Zehn Minuten gehen so ins Land, getragen im Wesentlichen durch die Bilder (Kamera: Maria von Hausswolff) und die neoklassisch anmutende Musik aus der Feder von Edmund Finnis, bevor die ersten Worte fallen und man Kontakt zu den Menschen, ihren Gesichtern und ihren Geschichten aufnimmt, um die es hier geht.

Im Mittelpunkt steht der in den einstweiligen Ruhestand versetzte Polizist Ingimundur (Ingvar Sigurdsson), der gerade durch den eingangs gezeigten Unfall seine Frau verloren hat. Fieberhaft versucht er sich abzulenken von seinem Verlust und der damit verbundenen Trauer, baut das Haus um und kümmert sich liebevoll um seine Enkelin Salka  (Ída Mekkín Hlynsdóttir). Doch natürlich lässt sich das Geschehene auf Dauer nicht zur Seite drängen, zumal es einen Verdacht gibt, den Ingimundur gegen seinen Nachbarn Olgeir (Himir Snaer Guonason) hegt. Der, so glaubt er, könnte eine Affäre mit seiner verstorbenen Frau gehabt haben. Nur Beweise gibt es halt keine. Dennoch strebt Ingimundur danach, endlich Klarheit in der Angelegenheit zu bekommen. Und so beginnt er seinem Nachbarn hinterher zu spionieren. Und als sich sein Verdacht erhärtet, rastet er aus …

Auch wenn Weißer, weißer Tag gegen Ende spürbar an Fahrt aufnimmt, so ist der Film dennoch über weite Strecken eine Übung in Langsamkeit und stellt anfangs auch wegen der Schweigsamkeit seines Ensembles einige Anforderungen an die Geduld seines Publikums. So zäh wie der Nebel, der sich an entscheidenden Stellen des Films immer wieder ins Bild schiebt, als wolle er das eingangs zitierte Sprichwort „An den Tagen, an denen alles weiß ist und es keinen Unterschied mehr zwischen Himmel und Erde gibt, sprechen die Toten zu uns, die wir noch lieben.“ illustrieren, ist auch das Schweigen, die Trauer und die Wut, die aus Ingimundur eine tickende Zeitbombe machen, einen Besessenen, dem so etwa Stimmen aus einer anderen Welt einen Weg diktieren, den er beschreiten muss. Überhaupt spielt der Film immer wieder mit animistischen Motiven und macht so aus der isländischen Topographie Seelenlandschaften, durch die der Nebel der Wut und der Verblödung sich immer mehr ausbreitet.

Man merkt dem Film an, dass Hlynur Pálmason seine Karriere einst als bildender Künstler begann. Seine Art der Montage, des Bildaufbaus, des Spannungsbogens innerhalb der einzelnen Einstellungen und zwischen den Szenen erschaffen eine Atmosphäre, die Einsamkeit, Kälte (innere wie äußere), Isolation und unter der beherrschten Oberfläche Ingimundurs brodelnde Gefühle erahnen lässt, die sich langsam ihren Weg ans Licht bahnen. Wenn er seine über alles geliebte Enkelin mit einer schauerlichen und überaus drastischen Geistergeschichte quält, ahnt man, welcher Schmerz diesem Mann innewohnen muss und ist zugleich genauso verstört wie das Kind selbst.

Weißer weißer Tag (2019)

In einem abgeschiedenen Ort irgendwo in Island beginnt ein außer Dienst befindlicher Polizeioffizier einen Mann aus dem Ort zu verdächtigen, dass dieser eine Affäre mit seiner Frau hatte, die vor kurzem bei einem Autounfall ums Leben kam. Sein Verdacht steigert sich schrittweise in eine Besessenheit hinein, so dass er sich und die Seinen immer mehr gefährdet.

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Meinungen

fhj · 01.11.2019

top actors, boring story