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Nun also doch! Trotz der Debatten im Zuge der #MeToo-Bewegung kommt Woody Allens neuer Film hierzulande in die Kinos. Von den Diskussionen um den Regisseur lässt sich die Liebeskomödie allerdings nicht lösen. Dafür sorgt schon ihr unerträglich eindimensionales und reaktionäres Frauenbild.

A Rainy Day in New York (2019)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Kreativität ade!

Seit Anfang der 1990er Jahre stehen die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen Woody Allen im Raum. Nachweisen konnte man dem Autorenfilmer juristisch jedoch nie, dass er sich an seiner Adoptivtochter Dylan Farrow vergangen hat. Sie selbst bekräftigte im Zuge der durch den Weinstein-Skandal ins Leben gerufenen #MeToo-Debatte allerdings noch einmal öffentlich ihre Anschuldigungen, was zumindest teilweise zu einem neuen Blick auf Allen führte. Angesichts der Kontroversen strich der Verleiher Amazon Studios den Kinostart von „A Rainy Day in New York“ und ließ es auf einen inzwischen beigelegten Rechtsstreit mit dem Regisseur ankommen. Überdies distanzierten sich nach dem Dreh diverse Darsteller von ihrer Zusammenarbeit mit dem preisgekrönten Filmemacher und spendeten ihre Gage für wohltätige Zwecke. Bedenkt man, dass die Vorwürfe bereits seit Jahren bekannt sind, wirkt dieser Schritt eher heuchlerisch und scheint vor allem vom Zeitgeist gelenkt.

Im Fall der neuen Liebeskomödie muss man die Frage, ob man den Künstler und sein Werk trennen kann, eindeutig mit „Nein“ beantworten. Seinen Kritikern liefert Allen so manchen Angriffspunkt auf dem Silbertablett und darf sich daher nicht beschweren, dass in vielen Rezensionen nicht nur über den Film an sich, sondern auch über den Schöpfer, sein Leben und seine Haltungen gesprochen wird.

Im Zentrum der Handlung steht der dandyhafte, aus einer wohlhabenden Familie stammende Gatsby (Timothée Chalamet), der von seinem Studium an einem Elite-College außerhalb seiner Heimatstadt New York nur mäßig begeistert ist. Als seine für die Uni-Zeitung tätige Freundin Ashleigh (Elle Fanning) die Chance erhält, im Big Apple ein Interview mit Star-Regisseur Roland Pollard (Liev Schreiber) zu führen, will Gatsby seiner Liebsten unbedingt Manhattan von seinen schönen Seiten zeigen. Der junge Mann plant einen romantischen Aufenthalt, hat aber die Rechnung ohne Ashleigh gemacht. Denn unverhofft lernt sie durch ihr Treffen mit dem von Selbstzweifeln zerfressenen Pollard weitere Menschen aus der Kinoszene kennen und schlittert schon bald von einem kleinen Abenteuer ins nächste. Gatsby lässt sich unterdessen durch die Straßen treiben und begegnet dabei der kessen Chan (Selena Gomez), bei der es sich um die kleine Schwester einer Verflossenen handelt.

All jene, die Allens Frauenbild schon länger skeptisch gegenüberstanden, werden in A Rainy Day in New York rundum bestärkt. Weibliche Figuren müssen, wie die Partnerin von Gatsbys Bruder, für plumpe Scherze herhalten und werden oft nur über ihre Schönheit charakterisiert. Besonders übel trifft es die Nachwuchsreporterin Ashleigh, deren Naivität ein ums andere Mal zum Fremdschämen einlädt. Auch wenn hier und da in einem Nebensatz erwähnt wird, wie schlau sie angeblich sei, zeichnet das Drehbuch sie fortlaufend als hyperaufgeregtes Fan-Girl und rehäugige Landpomeranze, die in Gegenwart eines schmierigen Schauspielers (Diego Luna) sogar kurz ihren eigenen Namen vergisst. Ihre Aura, von der sich ihre Umwelt immer wieder im Handumdrehen beeindruckt zeigt, wirkt komplett behauptet, was den Verwicklungen einen ärgerlich konstruierten Anstrich verleiht.

Für Ernüchterung sorgt überhaupt, wie mechanisch und uninspiriert Wood Allen seine Geschichte abspult. Klischees bediente er schon in seinen letzten Arbeiten zuhauf. Ironische Brechungen gibt es hier aber fast keine mehr. Jede noch so abgegriffene Wendung scheint dem Regisseur recht, um seinen prominent besetzten Reigen am Laufen zu halten. Der Blick auf die Filmbranche und ihre Abhängigkeitsverhältnisse ist belanglos, ohne Biss. Und einige Figuren erleben Glücksmomente, die sich vollkommen unverdient anfühlen. Mehr noch als die schon wenig kreativen Vorgängerwerke untermauert A Rainy Day in New York den Eindruck, Allen habe außer alten Kamellen nichts mehr zu erzählen.

Die Darsteller mögen sich noch so sehr abmühen, den Protagonisten etwas Leben einzuhauchen. Und die gewohnt nostalgischen New-York-Bilder von Kameramann Vittorio Storaro können noch so hübsch anzuschauen sein. Begeisterung will dieser mit billigen Zufällen, platten Charakterprofilen und einigen willkürlichen Kulturanspielungen gespickte Film beim besten Willen nicht entfachten.

A Rainy Day in New York (2019)

Zwei junge Leute kommen für einen Wochenendtrip nach New York, wo sie nicht nur in mieses Wetter, sondern auch in einige Abenteuer geraten

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