7th Floor

Eine Filmkritik von Martin Beck

Verloren in Buenos Aires

Ricardo Darin – was für ein großartiger Schauspieler. Seit In Ihren Augen ist der Mann ein (lokaler) Superstar und beweist dazu einen exquisiten Geschmack, was seine angenehm spärliche, aber ungemein gezielte Filmauswahl seitdem angeht. Besonders in Erinnerung blieb dabei Tesis sobre un homicidio, ein vielleicht nicht perfekter, aber auf jeden Fall sehr guter, erwachsener Thriller — und 7th Floor nun, ein großer Box-Office-Hit in Darins Heimatland Argentinien, schlägt in die gleiche Richtung: ein Thriller, nicht ganz perfekt, aber auf jeden Fall sehr gut. Und halt kein hibbeliger Teenie-Ride, sondern im besten Sinne klassisches Old School-Understatement.
Was ja irgendwie schon komisch ist, wenn man einen Film dafür anpreist, dass er nicht immerzu die nächste Sensation sucht. 7th Floor erinnert generell an Alfred Hitchcock und speziell an Frantic, vor allem wegen seiner Geschichte, die ebenfalls einen Mann nach spurlos verschwundenen Personen suchen lässt – in diesem Fall zwei Kindern, die nur mal eben über das Treppenhaus eines schicken Apartementgebäudes in Buenos Aires zur Schule gehen wollten. Der Vater (Darin), ein tendenziell korrupter Anwalt, wartet vergeblich unten am Eingang des Gebäudes und beginnt daraufhin eine zunehmend panischer werdende Suche. Als dann seine frisch geschiedene Frau (Belén Rueda) auftaucht, wird die Anspannung noch größer. Das Gleiche gilt für den kurz danach eingehenden Erpresser-Anruf.

Ganze 83 Minuten dauert 7th Floor, doch in dieser Zeit wird einfach alles gesagt. Einer der großen Vorzüge des Films ist sein ungemein ökonomisches, rundes Drehbuch, das sich auf eine überschaubare Anzahl Personen beschränkt und diesen dann auch noch genügend Luft zum Atmen lässt. Besonders trifft dies natürlich auf Ricardo Darin zu, der sich zunächst als durchaus sympathischer, aber auch durchaus abgebrühter Anwalt positionieren darf und dann sukzessive die Kontrolle verliert. Das Drama, wenn die eigenen Kinder verschwinden, ist ganz sicher eine der schlimmsten Erfahrungen, die man als Vater oder Mutter machen kann. Darin spielt den Vater mit bewundernswerter Authentizität, der Übergang von gefasst zu Schreien und schließlich der Auseinandersetzung mit den Erpressern gelingt ihm absolut glaubwürdig.

Ebenfalls nicht ganz unwichtig: Das Drehbuch bleibt logisch, auch wenn einige kleine Löcher ein wenig Nachsicht erfordern. Im Zentrum stehen jederzeit der Vater und dann auch die Mutter, und um sie herum schwimmen ein paar rote Heringe, die die Auflösung aber zum Glück nicht zu offensichtlich machen. Der Film baut seine Spannung geschickt auf und kann sie bis zum Ende halten, gefolgt von einem emotionalen Finale, das die Enden auf eindringliche Weise verbindet. Ganz oft ist es ja bei Thrillern so, dass das Pulver nach einem neugierig machenden Aufbau bereits verschossen ist, doch hier hält man durch – selbst wenn letztendlich nichts wirklich bahnbrechendes erzählt wird.

Aber das muss es auch gar nicht, denn so distinguierte, angenehm souveräne Thriller wie 7th Floor bleiben sowieso viel länger im Gedächtnis. In gewisser Weise ist das ein zeitloser Film, eingebettet in bewährte Genrequalitäten, und dabei so sorgfältig inszeniert, wie man es sich eigentlich immer wünschen würde. Ein aufwendiges Produktionsdesign, wunderschön komponierte Kamerabilder, ein klassischer Orchesterscore und dann eben noch — ein fulminantes Lob auch an Belén Rueda — tolle Schauspieler. 7th Floor bleibt bewusst „klein“ und wird genau deswegen ganz groß.

7th Floor

Ricardo Darin – was für ein großartiger Schauspieler. Seit „In Ihren Augen“ ist der Mann ein (lokaler) Superstar und beweist dazu einen exquisiten Geschmack, was seine angenehm spärliche, aber ungemein gezielte Filmauswahl seitdem angeht. Besonders in Erinnerung blieb dabei „Tesis sobre un homicidio“, ein vielleicht nicht perfekter, aber auf jeden Fall sehr guter, erwachsener Thriller.
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