Zwei vom alten Schlag

Eine Filmkritik von Gregor Torinus

Kampf der Dinosaurier

Bereits Totgeglaubte leben oft länger, als man denkt. Mittlerweile gilt dies in Hollywood nicht nur für Zombies, sondern auch für in die Jahre gekommene Actionhelden. Besonders Sylvester Stallone arbeitet mit Hochdruck an der Reanimation von alten Haudegen im Rentenalter. Erst holte er mit Rocky Balboa (2006) und John Rambo (2008) seine eigenen Schweiß-und-Blut-Filmpersönlichkeiten aus der Versenkung auf die große Leinwand zurück. Dann schuf er mit The Expendables (2010) ein Film-Vehikel für gleich eine ganze Brigade alternder Actionstars und legte bereits zwei Jahre darauf eine Fortsetzung vor. Und gerade erst trat Stallone zusammen mit Arnold Schwarzenegger in dem Action-Reißer Escape Plan auf, da folgt mit Zwei vom alten Schlag erneut ein neuer Boxfilm, diesmal im Doppelpack mit dem mittlerweile reichlich abgehalfterten Ex-Star Robert De Niro. Der Film wiederholt die Grundidee von Rocky Balboa. Auch wenn die beiden End-60er hier andere Namen tragen, so knüpft Stallone an seine Figur aus den Rocky-Filmen an, während De Niro erneut ein Ekel vom Schlage eines Jake LaMotta aus Martin Scorseses Wie ein wilder Stier / Raging Bull (1980) darstellt.
Henry „Razor“ Sharp (Sylvester Stallone) und Billy „The Kid“ McDonnen (Robert De Niro) waren in den 80er Jahren große Boxstars. Als sie damals einmal gegeneinander antraten um zu klären, wer von ihnen der Beste ist, stand es nach zwei Matches unentschieden. Kurz vor dem entscheidenden dritten Kampf erklärte Sharp dann seinen Rücktritt vom Boxsport. Die beiden waren jedoch nicht nur professionelle Gegner, sondern hassten sich auch persönlich, da sie beide die gleiche Frau liebten. Heute sind die ehemaligen Stars bereits alte Herren und von der Welt vergessen. Sharp arbeitet in einer Fabrik, während McDonnen immerhin einen Autoverkauf und ein Restaurant besitzt. Schließlich lassen sich die beiden unabhängig voneinander von dem Promoter Dante Slate Jr. (Kevin Hart) dazu bewegen ihre Bewegungen für ein Boxcomputerspiel digitalisieren zu lassen. Als Sharp und McDonnen unverhofft im Aufnahmestudio aufeinandertreffen, kommt es zu einer Schlägerei, bei der das halbe Studio zu Bruch geht. Jemand filmt das Spektakel mit seiner Handykamera und stellt das Video ins Internet, wo dieses sich schnell zu einem großen Hit entwickelt. Plötzlich sind Sharp und McDonnen wieder in aller Munde und Dante Slate Jr. ergreift die Gelegenheit, um sich mit der verspäteten Realisierung des seit 30 Jahren fälligen Rematches eine goldene Nase zu verdienen.

Zwei vom alten Schlag hat zwei Probleme, die so groß sind, dass sie sogar von den Produzenten erkannt wurden und explizit in das Drehbuch eingeflossen sind. Und damit ist jetzt noch nicht einmal gemeint, dass es sich hierbei um den x-ten Neuaufguss eines vor Urzeiten einmal erfolgreichen Filmklassikers handelt. Stattdessen besteht das erste Problem darin, dass es einen Neuaufguss in diesem Falle bereits gibt. 2006 hatte Stallone mit Rocky Balboa allen Unkenrufen zum Trotz nicht nur einen passablen, sondern einen verdammt guten neuen Rocky-Film aus der Taufe gehoben. Viele halten dieses Spätwerk Stallones sogar für den besten Rocky-Film seit dem mit einem Oscar gekrönten ersten Teil. Rocky Balboa hatte zwar genau die gleiche schlichte Grundidee wie Zwei vom alten Schlag. Aber er hat daraus einen herzergreifenden Film über ein sehr spätes Comeback gemacht. Warum jetzt das Risiko eingehen, dieses Ansehen wieder zu schmälern, indem man nun auch noch das Reboot rebooten muss? Die Antwort kennt nur Sylvester Stallone. Das zweite Problem von Zwei vom alten Schlag besteht schlicht in der Tatsache, dass beide Protagonisten hier nicht nur alt, sondern bereits verdammt alt aussehen…

Da diese Probleme wie gesagt unübersehbar sind, hat man versucht so gut es geht von ihnen abzulenken. Dass der Film an und für sich schlicht überflüssig ist, soll dadurch kaschiert werden, dass neben Sylvester Stallone auch noch Robert De Niro mit ins Boot genommen wurde. So wurde das Rocky-Reboot von Rocky Balboa zu einem Rocky/Raging-Bull-Reboot erweitert. Wahrscheinlich dachte man sich, dass nach Freddy vs. Jason (2003) und Alien vs. Predator (2004) jetzt endlich auch Rocky vs. LaMotta an der Reihe sei. Ohne jetzt irgendein Qualitätsurteil zu den obigen Crossover-Filmen aus dem Horrorbereich abgeben zu wollen, stellt sich bei der Übertragung in den Boxfilm jedoch erneut ein großes Problem. Denn auch wenn Rocky und Raging Bull die besten Boxfilme ihrer Zeit — und vielleicht sogar aller Zeiten – sind, so sind doch beide Filme sehr verschieden. Rocky ist prolliger Pulp, der jedoch einzigartig charmant daherkommt. Raging Bull ist hingegen der gelungene Versuch das europäische Arthouse-Kino mit einem uramerikanischen Genre-Film zu verbinden. Das bedeutet: Beide Filme wenden sich nicht nur an eine andere Zielgruppe, sondern haben auch einen untereinander inkompatiblen Ton. Das Resultat ist, dass Zwei vom alten Schlag ein Rocky-Film geworden ist, in den sich irgendwie der griesgrämige LaMotta aus Raging Bull verirrt hat.

Das zweite im wahrsten Sinne des Wortes unübersehbare Problem des Films besteht darin, dass sowohl Sylvester Stallone, als auch Robert De Niro mit ihren fast 70 Jahren als Boxer immer hart am Rande der Lächerlichkeit agieren. Hier wurde nach dem Prinzip verfahren „stelle deinem abgehalfterten und verschrumpelten Star einen Trainer zur Verfügung, der bereits ein Bein im Grabe hat“. Diesen unwürdigen Part übernimmt in Zwei vom alten Schlag der an und für sich grandiose Alan Arkin (Argo), der Sharps Trainer Louis „Lightning“ Conlon verkörpert. Eine der ersten Szenen des Films zeigt, wie dieser alte Herr seinen Pfleger im Altersheim nicht in sein Zimmer reinlassen will, wo er in einem motorgetriebenen Rollstuhl sitzt. Mit jenem wird er später neben Sharp herfahren, während der beim Training joggt. Von dieser Art von extrem vorhersehbarem und leicht abgeschmacktem Witz ist der gesamte Film. Ab und zu steigt Conlon dann auch mal aus seinem Rollstuhl auf und kann fast mühelos gehen. Ob das jetzt auch witzig sein soll oder ob dies nur zeigt, wie wenig der Film durchdacht ist, das wissen allein die Drehbuchautoren. Aber wenn man sich auf diese seichte Art von Humor in Verbindung mit einer durchgängigen Kuschelstimmung einstellen kann, dann rauschen auch diese zwei Stunden Film recht angenehm und recht unterhaltsam am Kinozuschauer vorbei.

Zwei vom alten Schlag

Bereits Totgeglaubte leben oft länger, als man denkt. Mittlerweile gilt dies in Hollywood nicht nur für Zombies, sondern auch für in die Jahre gekommene Actionhelden. Besonders Sylvester Stallone arbeitet mit Hochdruck an der Reanimation von alten Haudegen im Rentenalter.
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Meinungen

MarcelD · 13.01.2014

Ich hab mich richtig gut amüsiert. Daumen hoch!