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Nina und Karl im Beziehungstrott. Mal lustig, meistens nervig, und Nina haut irgendwann ab. „Zu zweit allein“ ist eine Improvisations-Komödie, diesmal nicht aus Berlin, sondern aus München.

Zu zweit allein (2019)

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Zwei, die sich streiten

Ein Impro-Film, diesmal nicht in Berlin, sondern in München; dafür mit Tom Lass, einem der Vorwärtstreiber der German Mumblecore-Welle, in der zweiten Hauptrolle. Die erste: Eva Bay, die hier Nina spielt, eingepackt in eine Beziehung mit Karl (Tom Lass); und frustriert. „Zu zweit allein“ ist eine Depri-Komödie, der Filmanfang zeigt eine der vermutlich vielen fruchtlosen Diskussionen eines streitfreudigen Paares: Hat der angefangen mit dem Streit, der auf ein Problem hinweist, oder der, der für den anderen ein Problem ist, oder was ist überhaupt das Problem, und so weiter.

Nina ist Lehrerin, und sie ist völlig überfordert. Wobei man auch sagen muss: So wie in diesem Film benehmen sich Kinder nicht. Es ist nicht nur Destruktionswille, sondern pure Bosheit, wenn sie den Werken-Unterricht dazu hernehmen, das Klassenzimmer wie auch die Lehrerin zu verwüsten. Nina hält es nicht mehr aus. Und Karl muss sie suchen.

Aufgrund eines kurzen Treatments wurde der Film improvisiert. Improvisation bringt Spontanität und Frische ins Spiel, und ab und zu auch ein paar Misstöne, und das ist auch gut so. Improvisation ist nicht das Perfekte, so wie die Menschen, die hier gezeigt werden, nicht annähernd perfekt sind. Ungehobelt wirkt der Film, aber das Raue ist gut, und es ist witzig. Ein Streitgespräch: „Hab ich was falsch gemacht?“ – „Nein.“ – „Dann lass uns Kegeln gehen.“ Und sie gehen kegeln.

Beim Geburtstagsessen soll er bitteschön kein Fleisch essen, weil sie kein Fleisch isst. Dann wieder ein schöner gemeinsamer Moment, wenn die beiden Schwangerschaft spielen. „Lass mich mal horchen“, sagt er, und sie nimmt das auf als Name: Jorge. Sex haben sie aber nicht wirklich. Vielleicht muss man‘s einfach mal machen, damit es schon mal vorbei ist, so wie ein Zahnarztbesuch.

Dann haut Nina ab. Trifft auf Lou (Anne Haug), die in einem Kleinbus haust. Ist das die ersehnte Freiheit? Nina und Lou prügeln sich, dann trinken sie, dann beschließen sie, dass sie gemeiner sein müssen. Stellen allerhand miteinander an, was einem halt so einfällt in einem Impro-Film. Zwischendurch aber großartige Szenen: In der Küche, wo Lou arbeitet, sucht Nina ihre Unabhängigkeit im anarchischen Widerspruch zum Chef; die Frage, wie ein Doppelkeks gegessen werden sollte, ist durchaus wichtig, und Karl, wie sich herausstellt Journalist, wird von seinem Redakteur auf liebevoll passiv-aggressive Weise ins hierarchische Ausbeutungsverhältnis gestellt. Sex funktioniert im Rollenspiel, mit Batman-Maske und mit Batman-Stimme.

Ganz halten kann der Film seine innere Spannung nicht. Mitunter sind die Dialoge verdruckst und gesprächig zugleich, er hängt zwischendrin etwas durch, und erst langsam entwickelt sich das Thema, um das sich die Impros drehen: Nicht nur um Freiheit geht es, auch um den Willen, den man dem anderen aufstülpt; und zwar mitunter in bester Absicht: Na komm, du willst es doch auch! Bemäntelter Egoismus. Ein aufgezwungener Kuss im Park; ein Boxer und alter Schlagerstar, der die Vorwürfe sexueller Belästigung wegwischt; oder die Reise nach Italien, die Nina Lou aufdrängt. Ein schöner Insidergag bezeichnet ein Plastik-Laserschwert als „Hundepenis“, Nina und Karl spielen damit rum, es ist eine der Szenen, in denen sie was gemeinsam machen – spielerisch drückt Nina Karl oralvergewaltigend den Hundepenis auf den Mund.

Diese Momente sind toll herausgespielt, sie wirken aufeinander, so dass am Ende doch das Ganze mehr ist als die Summe einzelner Stegreif-Szenen. 

Lustig ist der Film auch, trotz der Depri-Stimmung.

Zu zweit allein (2019)

Nina und Karl sind ein ganz normal verrücktes Paar. Sie können nicht mit und nicht ohne einander. Doch plötzlich flieht Nina aus dem Trott. Sie will jemand anders sein und auf keinen Fall erwachsen. Und auch Karl wird in das kalte Wasser des Alleinseins geworfen. Dadurch entsteht jedoch gleich das nächste Problem: Vielleicht hätte Nina Karl nie verlassen sollen, denn so leicht wird sie ihn nicht los. Ein Teil von ihm ist immer bei ihr, so sehr sie sich auch dagegen sträubt … (Quelle: Filmfest München 2019)

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Meinungen

Gerald · 03.07.2019

Lass ich als Übungsfilm einer Regiestudentin gerne durchgehen. Aber wie das Filmfest München solch einen holprigen, langatmigen und uninspirierten Film in die Reihe "Neues Deutsches Kino" einladen konnte, verstehe ich überhaupt nicht. Die Schauspieler wirkten vollkommen allein gelassen. Wer Eva Bay in Axel Ranisch Filmen gesehen hat weiß, dass Sie meisterlich improvisieren kann. Aber in "Zu zweit allein" hat sie mir einfach nur leid getan.

HEKO · 01.07.2019

Supercoole Geschichte