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Auf ihrer Wandertour nehmen sechs Freunde wortwörtlich die falsche Abzweigung, was ihr Leben in Gefahr bringt. Der siebte Teil des Wrong Turn“-Franchise wartet mit vielen unerwarteten Wendungen und einer überzeugenden Besetzung und auf.

Wrong Turn – The Foundation (2021)

Eine Filmkritik von Teresa Vena

Im Wald lauert der Tod

Während es Scott (Matthew Modine) auf dem Polizeiposten mit einer irritierenden Zurückhaltung zu tun hat, schlägt ihm im kleinen und auf den ersten Blick idyllischen Ort, wohin er seiner Tochter Jen (Charlotte Vega) nachgereist ist, regelrechte Ablehnung entgegen. Seit Wochen hat er nichts mehr von Jen gehört und lässt sich deswegen nicht davon abbringen, sie zu suchen. Dass von den Dorfbewohnern selbst bei weitem keine so große Gefahr ausgeht wie von den Wäldern, in denen Jen mit ihren Freunden wandern gehen wollte, erfahren Vater und Tochter am eigenen Leib.

Um „sich selbst zu finden“ unternimmt Jen mit ihrem Freund Darius (Adain Bradley) und zwei weiteren Pärchen eine Wandertour entlang des Appalaichian Trail. Während die anderen jungen Menschen bereits fest im Leben stehen, weiß Jen nämlich nicht, was sie nach ihrem Studium der Fächer Tanz und Kunstgeschichte anstellen soll. Die Arbeit im Bauunternehmen ihres Vaters erscheint ihr nicht sonderlich attraktiv. Besondere Fähigkeiten hat sie, wie sie selbst einmal sagt, keine. Doch sie – und auch die anderen – wird eines Besseren belehrt werden.

Die Wälder von West Virginia nehmen auch im nun siebten Teil der Wrong Turn“-Horrorfilmreihe Fremde nicht gerade mit offenen Armen auf. Seit dem ersten Wrong Turn von 2003 (Regie von Rob Schmidt), in dem eine Horde inzestuöser Kannibalen Eindringlingen den Garaus gemacht haben, sind fünf zusätzliche Folgefilme entstanden, die entweder die Vorgeschichte dazu erzählen oder die ursprüngliche Geschichte variieren.

Die Fangemeinschaft reagierte von Mal zu Mal zunehmend verhaltener, weswegen Wrong Turn – The Foundation jetzt ein neuer Versuch ist, das Ruder umzureißen. Entstanden ist unter der Feder des Erschaffers des ganzen Franchise Alan B. McElroy und der Regie von Mike P. Nelson ein eigenständiges Werk, das zwar Reminiszenzen an seine Vorgänger aufweist, doch auch losgelöst von ihnen mit überzeugenden Charakteren und der richtigen Mischung zwischen Gewaltexzessen und komplexer Handlung funktioniert.

Geschickt baut der Film zu Beginn die Hinterwäldler des Ortes als Feindbild auf, um nur kurz danach mit einer weit größeren Bedrohung aufzuwarten, so dass man sich die Ersten zurückwünscht. Beide speisen ihre Aggression aus einem fanatischen Patriotismusgedanken, doch wenden sie bei weitem nicht die gleiche Entschlossenheit an, diesen zu verteidigen. Gewisse Bezüge zum, nicht nur in den USA, regelmäßig aufkeimenden fremdenfeindlichen und hypernationalistischen politischen und öffentlichen Diskurs lassen sich in Wrong Turn – The Foundation nicht übersehen.

Die naiven Weltverbesserer, bestehend unter anderem aus einer Ärztin, dem Besitzer eines nachhaltigen Restaurants und Klimaschützern treffen auf von Minderwertigkeitskomplexen behaftete Provinzielle. Die Gegenüberstellung Hinterwäldler gegen „Hipsters“ fällt arg eindimensional aus und bedient altbekannte, bereits unzählige Male verwendete Stereotypen. Die letzteren sind weltfremd, naiv und arrogant, die erstgenannten rassistisch, dümmlich und gewaltbereit. Ihr Überlegenheitsgefühl wird den Städtern schließlich auch zum Verhängnis. Denn hätten sie auf die Warnungen gehört und die offiziellen Wanderwege nicht verlassen, hätte ihr Ausflug keine derart fatale Wendung genommen.

Als erster muss einer der beiden Homosexuellen daran glauben. Plötzlich löst sich ein riesiger Baumstamm und rollt einen Hang hinunter auf die Gruppe der Freunde zu. Nur Gary (Vardaan Arora) kann sich nicht in Sicherheit bringen und wird zerquetscht. An seinem Tod besteht kein Zweifel, sein Schädel ist vollkommen zertrümmert. Recht genüsslich fängt die Kamera das Bild aus verschiedenen Perspektiven ein und setzt den Maßstab für die darauffolgenden brutalen Gewaltausbrüche. Der Wald ist mit Fallen übersät, die nach und nach ihren Tribut fordern. Auf die Urheber treffen die Übriggebliebenen früher, als ihnen lieb ist. Stämmige Männer, mit Fellen überzogen und einer Maske aus Tierschädeln und Geweih, sind die Väter und Hüter der „Foundation“. Sie leben autark und nach eigenen Regeln, wer die Gemeinschaft stört, wird bestraft – außer er ist bereit, sich einzubringen.

Mit Sicherheit lebt der Film von dieser Idee mit der „Foundation“. Nicht nur für Liebhaber von Verschwörungstheorien ist es faszinierend, wenn sich eine Gruppe von Fanatikern einer bestimmten Sache verschreibt und diese im Idealfall auch noch mit Gewalt verteidigt. Vermutlich wirkt die Darstellung brutaler, irrationaler Rituale im Film deswegen so anziehend, weil sie, wie es im Grunde für das Horrorfach an sich gilt, ein imaginativer Ausbruch aus uns bewusst oder unbewusst auferlegten sozialen Zwänge bedeutet. Ähnlich wie in Midsommar erschafft der Film eine zweideutige Stimmung, die „The Foundation“ als zwar bedrohlich und abstossend beschreibt, aber auch als Wärter eines solidarisch-loyalen Gemeinschaftsgefüges, von dem man sich, zumindest teilweise, auch angezogen fühlen kann. Leider ist die Geschichte insgesamt zu eindimensional, als dass sie die Ambivalenz dieser Sichtweisen ausschöpfen könnte.

Trotz allem gelingt mit Wrong Turn – The Foundation ein spannender Horrorfilm, der das Gleichgewicht zwischen eigenständiger Ideen und der Variation klassischer Elemente des Fachs findet. So macht beispielsweise die Hauptfigur Jen eine interessante Entwicklung durch. Der Film überzeugt auf formaler Ebene durch eine variierte Bildfindung und den gekonnt platzierten ironischen Momenten.

Wrong Turn – The Foundation (2021)

Freunde, die auf dem Appalachian Trail wandern, werden mit ‚The Foundation‘ konfrontiert, einer Gemeinschaft von Menschen, die seit Hunderten von Jahren in den Bergen leben.

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