Workingman´s Death

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Packende Episoden über Schwerstarbeit

Versteht man unter Arbeit nicht einfach jede Tätigkeit zum Broterwerb, sondern jene Schufterei, die mit erheblichem Einsatz und ebensolcher Belastung des Körpers einhergeht, so hat man rasch ein Bild von gewaltiger Anstrengung, Schweiß und Schmutz vor Augen. Genau dieses zeigt uns auch der Dokumentarfilm Workingman´s Death, und mehr noch: Er reflektiert durch die Darstellung der Schwerstarbeit in unterschiedlichen Regionen der Welt auch den Wert von Arbeit an sich, ein Thema, dass angesichts der enormen Arbeitslosigkeit und der Strategien zum Umgang damit auch in unserer Gesellschaft ständig an Bedeutung gewinnt.
Das Ansehen sowie die Realität der Arbeit und des Arbeiters haben sich im Laufe der Geschichte erheblich gewandelt, und auf die heutigen Spuren dieser Entwicklung begibt sich der österreichische Filmemacher Michael Glawogger in fünf verschiedene Gesellschaften, weniger um zu theoretisieren als vielmehr mit drastischer Schonungslosigkeit direkt zu zeigen, wie sich schwerste körperliche Arbeit gestaltet, was sie mit den Menschen macht und welche Haltung die Arbeiter selbst ihr gegenüber einnehmen.

Workingman´s Death gliedert sich in fünf Kapitel mit einem Epilog, wobei das erste, Helden, mit einem Rückblick auf den legendären sowjetischen Bergmann Aleksej Stachanov einsetzt, der durch seinen nahezu unglaublichen Einsatz im Jahre 1935 zum „Helden der Arbeit“ ernannt wurde, was einigen Ruhm und eine politische Karriere für ihn nach sich zog. In der heutigen Ukraine, wo Stachanov einst im Kohleabbau seinen Rekord mit 102 Tonnen Kohle während einer einzigen Schicht aufstellte, trutzen nun in einer beängstigend niedrigen, selbst gebauten Miene ein paar Arbeiterinnen und Arbeiter dem Berg ein wenig Kohle für den eigenen Bedarf ab. Die zweite Episode mit dem Titel Geister beschäftigt sich mit dem Schwefelabbau in Indonesien, und die dritte, Löwen, porträtiert einen Schlachthof in Nigeria, dessen Arbeiter sich durch ihren Stolz und ihre Fröhlichkeit auszeichnen, die bei den Bächen von Blut zu ihren Füßen seltsam anmutet. Im vierten Kapitel Brüder begegnen wir Hunderten von Männern in Pakistan, deren Aufgabe darin besteht, unter großer Gefahr für Leib und Leben ohne geeignetes Arbeitsgerät alte Tankschiffe zu zerlegen und brauchbare Reste zu verarbeiten, die untereinander in brüderlicher Weise verbunden sind. Zukunft heißt der fünfte Teil der Dokumentation, der in China gefilmt wurde, wo die Arbeiter in einem Stahlwerk der Glaube an eine bessere Zukunft im Zuge zunehmender Modernisierung vereint. Zuletzt folgt schließlich der Epilog, der im Ruhrgebiet in Duisburg dort stattfindet, wo einst die Hochöfen pulsierten und sich heute ein weit angelegter Freizeitpark erstreckt, ein Ausstieg, der uns in der eigenen Gesellschaft ankommen und nachdenklich zurück lässt.

Workingman´s Death wurde international auf einigen Festivals gezeigt und auch mehrfach ausgezeichnet, und seine Faszination liegt unter anderem auch darin begründet, dass es eine Dokumentation eines scheinbar nüchternen Themas ist, die dennoch den Zuschauer auf seltsame Weise fesselt, berührt und teilweise gar zu beängstigen vermag. Der Free Jazz von John Zorn begleitet die Bilder schwer arbeitender Menschen atmosphärisch eindringlich, ohne den Versuch einer Bestechung durch harmonisierende Emotionalität zu unternehmen.

Regisseur Michael Glawogger, der bereits sowohl Dokumentationen, beispielsweise Megacities aus dem Jahre 1998, wie auch Spielfilme inszenierte, zuletzt Slumming, der im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale gezeigt wurde, verzichtet im Konzept von Workingman´s Death bewusst auf eine konkrete These. Seine Darstellung, zu der er auch das Drehbuch verfasste, wird von sparsamen, nüchternen Kommentaren ergänzt, während die Äußerungen der Arbeiter aus den Originalsprachen übersetzt werden. Den Fokus richtet Glawogger darauf, die Arbeit ausführlich als sich ständig wiederholenden Prozess von mühsamer Tätigkeit darzustellen, ohne darin einen anderen Sinn zu suchen als die Arbeiter selbst ihr zuschreiben. Dabei erzeugen die wuchtigen Bilder von Staub, Rauch und Feuer einen nahezu poetischen Symbolismus, der die einzelnen Episoden miteinander verbindet. Diese stehen in krassem Gegensatz zum plastischen Realismus, der die Schwere dieser Arbeit geradezu sinnlich spürbar macht. Die Tätigkeit des Kameramannes Wolfgang Thaler ragt offensichtlich selbst bei den äußerst schwierigen Lokalitäten in die Kategorie von schwerer Arbeit, zeichnet sich dabei nichtsdestotrotz durch ein hohes Maß an Kunstfertigkeit aus.

Beim Verlassen des Kinos wird manch einer – erschöpft allein vom Zusehen und Nachempfinden der Schufterei – froh darüber sein, nicht auf diese Weise seinen Lebensunterhalt verdienen zu müssen, doch nur böse Zungen mögen behaupten, dass sich Workingman´s Death durchaus als Totschlagargument der Arbeitgeberseite bei hiesigen Arbeitskämpfen eignen würde.

Workingman´s Death

Versteht man unter Arbeit nicht einfach jede Tätigkeit zum Broterwerb, sondern jene Schufterei, die mit erheblichem Einsatz und ebensolcher Belastung des Körpers einhergeht, so hat man rasch ein Bild von Anstrengung, Schweiß und Schmutz vor Augen.
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