Words and Pictures

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Der fehlende Zauber

Welch ein vielversprechender Beginn: Englischlehrer Jack Marcus (Clive Owen) unterrichtet an einer Schule in Neuengland, trinkt und ist ebenso charmant wie anstrengend. Als die Künstlerin Dina Delsanto (Juliette Binoche) neu an die Schule kommt, um den Kunst-Kurs zu übernehmen, fühlt er sich durch die Bemerkung seines Kollegen, sie sei eisig, sofort herausgefordert und verwickelt sie in sein Lieblingsspiel – dem Alphabet nach Wörter mit möglichst vielen Silben zu finden. Es folgen lustige Wortscharmützel, getragen von den guten Hauptdarstellern zwischen denen die Funken sprühen und fast glaubt man sich inmitten einer tatsächlich gelungenen romantischen Komödie in Tradition von Hepburn/Tracy oder Harry & Sally. Sogar die wenig überzeugende Idee, dass Marcus und Delsanto einen Krieg über die Wirkung von Wörtern und Bildern ausfechten, trägt der Film anfangs, weil sie sich wie Erwachsene verhalten und schnell erkennen, dass sie mit diesem „Krieg“ ihre lethargischen, ergebnisorientierten Schüler motivieren können.
Je länger der Film jedoch dauert, desto deutlicher zeigt sich, dass aus diesem vielversprechenden Anfang nichts gemacht wird. Die Alkoholprobleme von Jack Marcus werden schlichtweg als Teil seines Charakters behandelt, über ihre möglichen Hintergründe ist nichts zu erfahren. Dass er ein Schriftsteller ist, der seit einer Weile nichts mehr geschrieben hat, erfährt man nebenbei. Sogar dass das Unterrichten für ihn keine Notlösung ist, sondern eine Leidenschaft, muss er mehrfach erwähnen. Gegen diese flache Anlage spielt Clive Owen beständig an, allerdings kann er auch nicht jede Schwäche in der Charakterisierung ausgleichen. Dina Delsanto ist als Figur etwas runder gezeichnet: Sie ist eine gefeierte Malerin, aber an rheumatischer Arthritis erkrankt, so dass sie kaum mehr malen kann. Den Verlust der körperlichen Voraussetzungen kann sie kaum ertragen, ihr Hadern damit wird indes nur angedeutet. Zwar reicht Juliette Binoche ein kurzes Zucken im Gesicht, um den gesamten Schmerz fühlbar werden zu lassen, eine Entwicklung durchläuft ihre Figur aber nicht. Auch fällt dem Drehbuch außer dem bekannten „harte Schale, weicher Kern“ nur wenig mehr zu ihr ein. Dennoch bleiben die Hauptdarsteller der größte Trumpf des Films: Clive Owen spielt mit viel Charme einen kauzigen, wortverliebten Verlierertypen, Juliette Binoche legt in Delsanto eine fein dosierte Mischung aus Verletzlichkeit und Herbheit – und die Chemie zwischen ihnen stimmt.

Anscheinend fehlte Regisseur Fred Schepisi, der in Roxanne noch von dem Zauber der Worte erzählte, und Drehbuchautor Gerald Di Pego das Vertrauen in die Unterhaltsamkeit einer einfachen Screwball-Komödie. Sie hätten auf den Antrieb setzen sollen, den Marcus und Delsanto füreinander verkörpern, von dem Reiz des Messens als Inspirationsquelle, dem Hadern mit dem Versiegen der Kreativität, den Hindernissen und den Für- sowie Gegeneinander von Bildern und Wörtern. Stattdessen gibt es einige lieblose Nebenhandlungen, die teilweise nicht zu Ende geführt werden – oder banal dem Wörter-gegen-Bilder-Krieg untergeordnet werden. Dazu gehört auch der Handlungsstrang um eine Schülerin, die von einem Mitschüler erst auf plumpe Teenager-Art umworben, später mit rassistischen und sexistischen Sprüchen „angemacht“ und mittels einer Zeichnung bloßgestellt wird. Mit der Suspendierung des Schülers ist die ganze Geschichte dann auch ausgestanden, der Problematik dieser Situation wird der Film jedoch nicht im Ansatz gerecht. Denn den anfangs durchaus beliebten Schüler einfach als Unsympath abzustempeln, reicht schlichtweg nicht aus.

Durch die Nebenhandlungen fehlt den Hauptdarstellern die Zeit für eine Entwicklung und bleiben die Konflikte an der Oberfläche, darüber hinaus versuchen Fred Schepisi und Gerald Di Pega, mit vermeintlich immer clevereren Dialogen ihre Beziehung voranzutreiben. Dadurch wird der Film indes vor allem geschwätzig – und sogar der Wettstreit zwischen Bildern und Wörtern wird letztlich mit statischen Sätzen und bekannten Zitaten ausgefochten, so dass über die Bedeutung von Wörtern und Bildern vor allem von Jack Marcus doziert wird. Sicher ist diese Geschwätzigkeit Teil seines Charakters, doch gerade einem Wortenthusiasten ist zuzutrauen, dass seine Sätze gelegentlich über Gemeinplätze hinaus gehen. So aber gelingt es dem Film nicht, den Zauber der Worte oder der Bilder auch nur ansatzweise einzufangen – und am Ende können noch nicht einmal mehr Clive Owen und Juliette Binoche glaubhaft machen, dass mit einem Lachen alles wieder gut ist.

Words and Pictures

Welch ein vielversprechender Beginn: Englischlehrer Jack Marcus (Clive Owen) unterrichtet an einer Schule in Neuengland, trinkt und ist ebenso charmant wie anstrengend. Als die Künstlerin Dina Delsanto (Juliette Binoche) neu an die Schule kommt, um den Kunst-Kurs zu übernehmen, fühlt er sich durch die Bemerkung seines Kollegen, sie sei eisig, sofort herausgefordert und verwickelt sie in sein Lieblingsspiel – dem Alphabet nach Wörter mit möglichst vielen Silben zu finden.
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Meinungen

M White · 20.02.2017

Ich fand den Film sehr gelungen, vielleicht habe ich ihn auch einfach nur mit den Augen eines Zuschauers gesehen, der sich gern gefangen nehmen lässt und den Film nicht seziert.
In dem Film gab es eine Stelle, in der von Jack in der Klasse ein Text von Ian McEwan aus seinem Buch "Saturday" vorgetragen wurde.
Können Sie mir diese Textstelle einmal nennen? Das wäre fantastisch.
Vielen Dank