Wild Tigers I Have Known

Eine Filmkritik von Paul Collmar

Das Tier in mir

Schulzeit ist die schönste Zeit – von wegen. Der pubertierende Logan (Malcolm Stumpf) aus Kalifornien hat da ganz andere Erfahrungen gemacht. Er ist der Außenseiter in der Schule, wird drangsaliert, geächtet, ausgestoßen und verprügelt. Und das alles nur, weil seine Mitschüler instinktiv spüren, dass Logan anders ist – Alkohol und all die anderen Initiationsriten von Jungs in seinem Alter interessieren ihn nicht im Geringsten. Viel lieber flüchtet sich der 13jährige in wilde Tagträume, in denen Frauenkleidung, Lippenstift und wilde Tiere eine wichtige Rolle spielen. Als Logan den älteren Rodeo (Patrick White) trifft, der wie er selbst den Kontakt zu den Mitschülern meidet, glaubt der Junge, in ihm den ersehnten Kameraden gefunden zu haben. Die beiden freunden sich miteinander an, verbringen viel Zeit im Wald miteinander, wo angeblich Berglöwen hausen. Und dann passiert es: Logan verliebt sich in Rodeo und versucht sich ihm zu nähern, indem er ein virtuelles Mädchen namens Leah erfindet. Klar, dass die Finte auffliegt, als Rodeo, angeheizt von Telefonaten mit dem „Mädchen“, auf ein Treffen drängt. Auch Joey (Max Paradise), früher Logans einziger Freund, hat seine liebe Mühe mit dem Erwachsenwerden – da helfen auch die Listen nichts, auf denen er gewissenhaft festhält, was aus einem ganz normalen Jungen einen harten und coolen Kerl macht. Und zuletzt sind da noch die Titel gebenden Berglöwen, die sich immer wieder auf dem Schulgelände zeigen.
Bei allem Schwächen, die man bei diesem Debütfilm durchaus feststellen kann – selten hat ein Regisseur so präzise, phantasievoll und innovativ die sexuellen Verwirrungen der Pubertät und das überbordende Gefühl des „Andersseins“ beschrieben wie Cam Archer. Dass gerade Gus van Sant (My Own Private Idaho, Elephant) diesen Film produziert hat, passt bei genauerer Betrachtung bestens, gleichzeitig lässt Wild Tigers I Have Known auch an Larry Clarkes Filme denken. Der Film erinnert an die besten experimentellen US-amerikanischen Filmemacher wie Kenneth Anger und an Fotografen wie Nan Goldin und Cindy Sherman sowie an Duane Hansons hyperrealistische Plastiken des amerikanischen Durchnschnittsbürgers und evoziert eine erotisch aufgeladene Atmosphäre, wie man sie sonst selten im Kino zu sehen bekommt. Überhaupt glaubt man sich hier eher in einer Videoinstallation oder einem belebten Kunstwerk gefangen als in einem Film. Wie aus einem Guss wirkt der Film nicht, immer wieder übertreibt es Cam Archer mit seinem Willen zur schwülen Symbolik und zu starken Bildern deutlich, verliert sich in Spielereien und hinterlässt so einen zwiespältigen Eindruck.

Andererseits bliebt die Frage, ob Archers Hang zur großen Pose, zur Übertreibung nicht haargenau den Überschwang der Adoleszenz trifft. Interessant ist sein Werk auf jeden Fall geraten. Und es macht neugierig auf die Filme, die Archer seinem Erstling folgen lassen wird. Vielleicht bewirkt eine Zügelung seines unzweifelhaft vorhandenen Talents ja ein „Mehr“ an Filmgenuss.

Wild Tigers I Have Known

Schulzeit ist die schönste Zeit – von wegen. Der pubertierende Logan (Malcolm Stumpf) aus Kalifornien hat da ganz andere Erfahrungen gemacht. Er ist der Außenseiter in der Schule, wird drangsaliert, geächtet, ausgestoßen und verprügelt.
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Meinungen

Resi · 20.08.2008

Hey, ich habe mal eine Frage! Ich finde den Trailer wunderschön, finde aber kein Kino, der diesen Film spielt! Ihr vllt????

Harald · 13.07.2008

Wunderbares Filmkunstwerk, das auf die Kraft der Bilder baut um seine Geschichte zu erzählen. Die farblich teils stark nachbearbeiteten Szenen und die bühnenbildartig aufgebauten Schauplätze ergeben einen unwirklichen, zeitweise (alp-)traumhaften Eindruck.
Wo in anderen Filmen Darsteller den ganzen Film durchquasseln müssen um jede Szene zu erklären schafft es Hauptdarsteller Malcolm Stumpf mit einem Blick, einer Körperhaltung oder Geste alles auszudrücken.
Ein Film allerdings, der manchen auf konventionelle Filmkost geeichten Kinobesucher überfordern wird.