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Hermann Vaskes „Why Are We Creative?“ ist nicht nur ein Film, sondern auch das Dokument einer jahrzehntelangen Besessenheit des Filmemachers von der titelgebenden Frage. Eine eindeutige Antwort darf man freilich nicht erwarten.

Why Are We Creative? (2018)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Auf der Suche nach dem Ursprung des Genialen

Es ist zweifelsohne eine beeindruckende Sammlung an Persönlichkeiten und Statements, die Hermann Vaske in seiner dokumentarischen Materialsammlung „Why Are We Creative?“ zusammengestellt hat: Insgesamt mehr als 1000 Prominenten hat der Regisseur über einen Zeitraum von 30 Jahren die immer gleiche Frage gestellt – eben jene nach dem Grund oder den Gründen für ihre Kreativität. Daraus ist nicht nur ein Dokumentarfilm entstanden, sondern auch eine Ausstellung, die derzeit im Frankfurter Museum für Kommunikation zu sehen ist.

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Hermann Vaske selbst erzählt im Film, wie es zu der fixen Idee kam, die sich im Laufe der Zeit zu einer regelrechten Besessenheit auswuchs: Als er in den 1980er Jahren bei Saatchi & Saatchi in London arbeitete, zur damaligen Zeit die erfolgreichste Werbeagentur der Welt, war dort der Kreativdirektor Paul Arden, eine legendäre Figur in der Werbeszene, sein Mentor. Eines lauen Sommerabends, als Vaske Arden in dessen Sommerhaus besuchte, kam das Gespräch darauf, warum Werber eigentlich das tun, was sie tun. Und dann stellte Vaske die alles entscheidende Frage: „Warum sind wir kreativ?“ Arden reagierte prompt, sprang auf und rief: „Das ist es! Das ist die einzige Frage! Nichts weiter, nur das! Schreibe es auf! Nichts anderes als das!“ Kein Wunder also, dass der Film selbst mit Arden beginnt, doch damit noch lange nicht endet. 

David Bowie, Björk, David Lynch und Wim Wenders, Bono, Marina Abramović, Vivienne Westwood, Isabella Rossellini und Angelina Jolie; Willem Dafoe, John Cleese und Sean Penn, Nelson Mandela und Michail Gorbatschow, Stephen J. Hawking, Umberto Eco und sogar der Dalai Lama – die Namen, mit denen sich Why Are We Creative? schmücken kann, sind durchaus illuster. Manche wie etwa David Bowie tauchen auch mehrmals auf, so dass man beim Abgleich ihrer Aussagen künstlerische Entwicklungen feststellen könnte. Wenn nur die Zeit dies zuließe. Dann aber ist der Film schon wieder am nächsten Ort, beim nächsten Prominenten, zum Nachdenken bleibt keine Zeit.

So interessant die Frage sein mag, so vergleichsweise uninspiriert und wenig anregend ist der Film über das Projekt ausgefallen: Vaske hat die Antworten der von ihm Befragten ohne erkennbares dramaturgisches Konzept aneinander montiert und mit gelegentlichen, beinahe naiv wirkenden Animationssequenzen durchsetzt. Nur zufällig ergeben sich daraus manchmal interessante und verblüffende Querverbindungen – generell überwiegt aber eher der Eindruck einer gewissen Beliebigkeit. Das liegt auch an der hohen Frequenz der Begegnungen und Statements, die sich kaum je die Zeit nehmen, tiefer zu graben oder als Zuschauer*in dem gerade Gesagten nachzusinnen.

Überhaupt fällt die Gedrängheit des Filmes auf, der oftmals eher wie eine Materialsammlung denn wie ein ausgereifter Dokumentarfilm wirkt. Das mag an verschiedenen Faktoren liegen: an der Allgemeinheit der Fragestellung selbst, am oftmals Situativen oder daran, dass Vaske manche der Befragten auch ein wenig auf dem falschen Fuß erwischt haben dürfte, wie einige der eher uninteressanten Aussagen zeigen. Am witzigsten ist da noch der sonst nicht gerade für seinen funkelnden Humor bekannte Michael Haneke, der zum Abschluss des Film dem Ganzen eine Wendung ins Surreale gibt, als er bezüglich der Kreativität sagt, man solle niemals einen Tausendfüßler fragen, warum er gehe, weil dieser sonst ins Stolpern gerate. Eine Volte, die die ganze Sinnhaftigkeit des vorangegangenen Filmes aufs Glatteis führt. Immerhin ist es Hermann Vaske hoch anzurechnen, dass er diesen verheerenden Schlussakkord nicht herausgeschnitten hat.

Dennoch ist Why Are We Creative? angesichts der nahezu universellen Bedeutung seiner zentralen Fragestellung ein vor allem persönlicher Film geworden, dessen Erkenntnisgewinn auf die Gretchenfrage des Schöpferischen gegen Null tendiert. Schade.

Why Are We Creative? (2018)

Der Film nimmt die Zuschauer mit auf eine Odyssee in die Welt der Kreativität. Der Film basiert auf dem „Why Are You Creative“-Projekt des Regisseurs Hermann Vaske und ist eine einzigartige Reise durch die verschiedenen Facetten der Kreativität: künstlerisch, intellektuell, philosophisch und wissenschaftlich. Mit dabei sind Regisseure wie Wim Wenders und David Lynch, Musikerinnen und Musiker wie Björk und Bono, Künstlerinnen und Künstler wie Marina Abramović und Damien Hirst, Modemacherinnen wie Vivienne Westwood, Schauspielerinnen wie Angelina Jolie und Isabella Rossellini, Schauspieler wie Willem Dafoe, Sean Penn und John Cleese, Staatsmänner wie Nelson Mandela und Mikhail Gorbatschow, Wissenschaftler wie Stephen Hawking, religiöse Führer wie der Dalai Lama und Gesamtkunstwerke wie David Bowie.

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Meinungen

Volker · 17.10.2018

Manchmal sind es nicht zu viele Köche die den Brei verderben, sondern schlichtweg zu viele Zutaten. Vaskes Liste an Interviewten beeindruckt solange es nur um die Namen geht und in vielen Fällen zeigen deren Antwort wie banal sie über ihr eigenes Schaffen denken.
Der Film springt von der Ausgangsfrage von Prominenten zur Prominenten. 1995 - 2016 - 2001 - 1998...der rote Faden ist ein dünner und wird nicht wirklich sichtbar. Die Antworten verdichten sich zum Teil zu Themengebieten und nur wenige sind reizvoll. Aber gerade dann vermisst man ein nachhaken, ein tieferes Eindringen. Gerade in einem Fall wie David Bowie, der zu unterschiedlichen Zeitpunkten gefragt worden ist, wäre ein selbstreflektion zur ersten Aussage verlockend gewesen. Auch vermisst man einen Gegenspieler und sei es nur ein Abgleich mit der Hirnforschung zu diesem Thema.
Selbst der Trailer ist spannender inszeniert und so bleibt von Vaskes Lebenswerk ein Zielloses hetzen zwischen Prominenten die er getroffen hat.

Bubibu · 13.10.2018

„So interessant die Frage sein mag, so vergleichsweise uninspiriert und wenig anregend ist der Film über das Projekt ausgefallen: Vaske hat die Antworten der von ihm Befragten ohne erkennbares dramaturgisches Konzept aneinander montiert“
Teile total diese Kritik. Bin entäuscht. Bedient sich fast nur der Neugier auf Celebrities