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Elene Naverianis stilvolles und trauriges Queer-Drama ist ein bewegender Film über die Liebe eines Lebens, die an einer konservativen Gesellschaft zerbricht. Eine Hymne auf die Freiheit und den Mut, zu sich selbst zu stehen.

Wet Sand (2021)

Eine Filmkritik von Sarah Stutte

Für die Schattenkämpfer

In einem kleinen georgischen Küstenort am Schwarzen Meer wird eines Tages der ältere, zurückgezogen lebende Eliko (Tengo Javakhadze) erhängt aufgefunden. Seine Enkelin Moe (Bebe Sesitashvili), eine toughe Städterin, kehrt in das Dorf ihrer Kindheit zurück, um die Beerdigung zu organisieren. Moe ist sich zwar der fortschrittsfeindlichen Atmosphäre in der Gemeinde bewusst, ist aber dennoch überrascht, als sie sich mit einem komplizierten Lügengeflecht konfrontiert sieht, das von brutaler Intoleranz und grausamer Ablehnung jeglicher Art von Andersartigkeit geprägt ist.

Nur in Amnon (Gia Agumava) und Fleshka (Megi Kobaladze), die zusammen die örtliche Bar bewirtschaften, findet sie Verbündete. Durch sie kommt Moe, die sich wie ein Fremdkörper in dieser Szenerie fühlt, der jahrzehntelang verborgenen Beziehung ihres Großvaters auf die Spur, Elikos bestgehütetem Geheimnis. Diese Liebe versucht sie vor der ignoranten Bevölkerung zu beschützen und dabei sich selbst treu zu bleiben und nicht zu verlieren.

Der georgischen Regisseurin Elene Naveriani, die das Drehbuch gemeinsam mit ihrem Bruder Sandro geschrieben hat, ist mit ihrem zweiten Spielfilm eine kraftvolle, berührend-melancholische Hymne auf Vielfalt und Freiheit gelungen. Das gleißende Sonnenlicht und der rhythmische Klang des Meeresrauschens nähren das Gefühl von Freiheit und Idylle. Doch Naverianis ruhiger Filmstil erschüttert diese Wahrnehmung durch die Konfrontation mit der allgegenwärtigen und unausweichlichen Homophobie.

Die Kameraarbeit von Agnesh Pakozdi begegnet dieser beängstigenden Atmosphäre, die erst in Ignoranz und später in Gewalt umschlägt, mit weiten Aufnahmen, in denen die queeren Charaktere in ihrem eigenen Raum existieren. Die visuelle Isolation gewährt ihnen die Freiheit, die ihnen die Dorfgemeinschaft verweigert. Begleitet werden diese Bilder von einem stimmigen Soundtrack, unter anderem mit Liedern des georgischen Schriftstellers und Sängers Erekle Deisadze. Dessen Bücher, in denen er offen Homosexualität thematisiert, führten in Georgien mehrfach zu Protesten.

Wet Sand ist zugleich eine ehrliche Liebesgeschichte und ein tragischer Krimi. Doch die düstere Hymne auf Identität und Selbstakzeptanz in einer zutiefst konservativen Gemeinschaft ist nicht zuletzt ein politisches Statement. Das zurückhaltende, aber dennoch lyrische Drama berichtet eindringlich über das Leben in einem Land, in dem die Rechte der LGBTIQ+-Gemeinschaft immer noch missachtet werden.

Für eine junge Generation, die mit identitätsbezogenen Fragen ringt, wollte die nun in der Schweiz lebende Elene Naveriani ihren Film drehen. „Damit sie sich ein freies Leben und eine Zukunft vorstellen können“, sagte sie. Deshalb ist Wet Sand ein notwendiger Film – weil er allen Schattenkämpfern eine Stimme verleiht, all jenen, die in einer ihnen feindlich gesinnten Umgebung letztlich zu existieren versuchen.

Wet Sand (2021)

Ein Dorf am georgischen Schwarzen Meer mit freundlichen Menschen, die glauben, sich zu kennen. Eines Tages wird Eliko erhängt aufgefunden, und seine Enkelin Moe wird gerufen, die Beerdigung zu organisieren. Sie stösst auf ein Netz von Lügen, doch das Stillschweigen wird gebrochen, und sie erfährt die tragischen Hintergründe von Elikos verborgenem Liebesleben mit Amnon in den letzten 22 Jahren.

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