We Love to Dance

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Neuseeland tanzt

Tanz im Film ist – jenseits klassischer Walzermelodien – fast immer eine Geste des Aufbegehrens oder wenigstens jugendlicher Selbstbehauptung. Da geht es, von Step Up bis Footloose, um so viel: Positionen in der sozialen Hackordnung (der Tänzer, aber auch der Welt), die eigene Peergroup (etwa in Form der eigenen Hip-Hop-Crew, die gegen andere antritt), die Erwartungen von Eltern und Gesellschaft.
We Love to Dance folgt den im Hip-Hop-Tanzfilm-Universum zentralen Elementen und Topoi; aber ähnlich wie das britische Pendant StreetDance 3D holt er nicht zu ganz großen Gesten aus (was vor allem amerikanische Filme des Genres oft auszeichnet), sondern bezieht seine Stärken und Themen aus dem Lokalen, in diesem Fall: Neuseeland mit seinen sozialen wie ethnischen Spannungen.

Tu (Tia-Taharoa Maipi) ist leidenschaftlicher Tänzer, aber so richtig abheben will seine Crew 2PK nicht. Er jobbt in einem Recycling-Betrieb, ein guter Freund bekommt wegen Drogenhandels Ärger mit der Polizei, und Tus Vater (John Tui), Offizier in der Armee, mag dem Treiben nicht weiter zusehen: Entweder Tu entscheidet sich bis Ende des Sommers, was er mit seinem Leben anfangen will, oder er verpflichtet sich als Soldat. Zur Einstimmung geht es schon mal jeden Morgen vor Sonnenaufgang aus dem Bett und in die Joggingschuhe.

Und dann gibt es eben einen Lichtstrahl: Kane (Jordan Vaha’akolo) lädt ihn ein, für seine K-Crew vorzutanzen, die erfolgreichste Tanzcrew des Landes. K-Crew brauche Nachwuchs, jetzt habe er, zusammen mit anderen hoffnungsvollen Neulingen, eine besondere Chance … Weil Tu seine alte Crew nicht vor den Kopf stoßen will, gibt er vor, sich in ein Mädchen verliebt zu haben, für das er jeden Tag die dreistündige Busfahrt auf sich nehme. Und praktischerweise ist das nicht einmal so richtig gelogen, auch wenn die angebetete Sasha (Kherington Payne) leider mit Kane liiert ist.

So sind also in Tammy Davis’ Langfilmdebüt Tanz- und Herzenskonflikt nicht nur bald angelegt, sondern auch ineinander verschränkt. Und wenn der Film dann schließlich seiner finalen Auseinandersetzung entgegenschreitet, arbeitet sich durchaus auch noch weiterer Konfliktstoff mit ein, etwa zwischen Wohlhabenden und Habenichtsen.

Aber das unterliegt, wie in nahezu allen Filmen des Genres, letztlich großer Bedeutungslosigkeit für die Auflösung im Finale. Die Stärke von We Love to Dance liegt deshalb auch keineswegs darin, mit seiner Coming-of-Age-Story etwas wirklich Neues zu erzählen (das tut er nicht), sondern Bekanntes in neuem Umfeld – Neuseeland – zu erzählen, und das mit reichlich Schwung.

Die Schauspieler_innen und Tänzer_innen stammen, mit Ausnahme der Amerikanerin Payne, fast alle aus dem Land, und das gleiche gilt nicht nur für viele musikalische Impulse, sondern insbesondere auch für die in Auckland arbeitende Choreographin Parris Goebel. Sie ist selbst in einer kurzen Tanzszene zu sehen (die dem Rest des Films fast die Show stiehlt) und hat ihren „Polyswagg“-Style schon für den Cirque du Soleil, J.Lo und Justin Bieber einsetzen können. Ein Weltstar also – und die Tanzsequenzen des Films, die allerdings erst zum Ende hin wirklich „Center Stage“ gesetzt werden, machen klar, dass sie mit vollem Recht so bekannt ist.

Schade eben nur, dass sich die aufregende Dynamik der Tänze nicht durchgehend auf Handlung und Figuren überträgt – selbst die beiden Hauptfiguren bleiben etwas hölzern, während Onyeka Alice Arapai als Tus beste Freundin und Michael Metuakore als selbstbewusst schwuler Tänzer einige starke Momente bekommen. Die Begeisterung für Tanz, Bewegung und Berührung aber, die strahlt von der Leinwand ins Publikum; und als Affirmation von Lebenslust und Jugend ist das allemal ein Glücksfall.

We Love to Dance

Tanz im Film ist – jenseits klassischer Walzermelodien – fast immer eine Geste des Aufbegehrens oder wenigstens jugendlicher Selbstbehauptung. Da geht es, von „Step Up“ bis „Footloose“, um so viel: Positionen in der sozialen Hackordnung (der Tänzer, aber auch der Welt), die eigene Peergroup (etwa in Form der eigenen Hip-Hop-Crew, die gegen andere antritt), die Erwartungen von Eltern und Gesellschaft.
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