We Feed the World – Essen Global

Eine Filmkritik von Michael Spiegel

Augen zu und durch?

Schlechte Laune, betretenes Schweigen, der aufkommende Wunsch nach Realitätsflucht und Eskapismus. Nach dem Film ist nicht vor dem Film, besonders wenn es sich um einen solch inhaltlich unangenehmen wie We feed the World handelt. Und das ist schon erstaunlich, weil man als regelmäßiger Kinogänger doch geglaubt (oder gehofft?) hatte, bereits viele Ungeheuerlichkeiten gesehen zu haben und daher vorbereitet zu sein. Megacities, Darwins Alptraum und wie sie alle heißen – nein, es geht noch heftiger: mit We Feed the World — Essen Global hat der Grusel im Dokumentarfilm eine neue Qualität erreicht. Dann also lieber wegsehen? Nicht wahrhaben wollen? Das kann es ja bekanntlich auch nicht sein. Vielleicht nehmen sich die Deutschen mal an den Österreichern ein Beispiel – dort konnte We Feed the World — Essen Global mit 180.000 zahlenden Eintritten einen Überraschungserfolg verbuchen.
Auf den Spuren unserer Lebensmittel zieht Regisseur Erwin Wagenhofer quer durch Europa: berichtet über Ernährung im Zeitalter der Globalisierung, über Hunger im Überfluss, lässt einfache Menschen vor Ort, aber auch bekannte Persönlichkeiten wie Jean Ziegler, Autor und UN-Sonderberichterstatter, zu Wort kommen, dessen interessante und beschämende Informationen den Film zusammenhalten.

Ob nun die Auswirkungen von Konzernbildung auf unsere Nahrungsmittel (Nestlé Konzern), insgesamt stark voranschreitende Industrialisierung der Nahrungsketten, verheerende Subventionen und Protektionismus, Gentechnik (Saatgut), massive Umweltzerstörung, Folgen von Hunger und Gewinnmaximierung (alle „Stufen“ in der Herstellung der Lebendware „Huhn“) – We Feed the World — Essen Global bildet ruhig, faktenreich und auf abbildende, realistische, nicht emotionalisierende Art und Weise unannehmbare Realitäten ab, die beim Betrachter direkt im Kopf und Herz landen. Und neben Empörung vielleicht eine Änderung im Konsumverhalten einzelner bewirken. Denn (und hier liegt die zentrale Aussage des Films) natürlich könnte die Zivilgesellschaft durch Verzicht etwas ändern; hat es der Einzelne in der Hand, was und wie viel er konsumiert. Eine wichtige, bedrückend-brillante Doku also, die noch lange nachwirkt und ein Pflichtfilm an den Schulen werden sollte.

We Feed the World – Essen Global

Schlechte Laune, betretenes Schweigen, der aufkommende Wunsch nach Realitätsflucht und Eskapismus. Nach dem Film ist nicht vor dem Film, besonders wenn es sich um einen solch inhaltlich unangenehmen wie We feed the World handelt.
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Meinungen

· 25.10.2007

Sehen! Sehen! Sehen!
Wichtiger Film, guter Film!

· 07.10.2006

Der Film ist sehr informativ, aber wie er gedreht wurde, fand ich weniger professionell...

· 29.09.2006

Alles was wir tun hat Einfluß auf andere.
Das sollten wir immer bedenken.

Arno Pillwein · 29.07.2006

Hier geht's an das Eingemachte mit Tiefenwirkung - härter als der härteste Horrorfilm. Und doch nur eine einfache, logische und natürliche Folge unseres ganz "normalen", materialistisch-wissenschaftlichen Denkens!

Wie anders könnte doch die Welt aussehen, wenn das allgemeine Interesse sich mehr auf solche Realitäten als auf so überflüssige wie unsinnige Massenhysterien wie die Fußball-WM richten würde. Oder gibt es da sogar Parallelen?

· 26.07.2006

die einzige Form der Beklemmung hatte ich, als mir klar wurde, dass zwischen Ausschwitz und dem industriellen Hühnerschlachthof eine wenn auch unspektakuläre Parallele da ist: Das System funktioniert perfekt. Uns zwar ohne, dass jemand dafür die Verantwortung hat oder Schuld. Alles greift ineinander und -willkommen im 21-ten Jahrhundert- die globale Welt ist einfach um Ecken heftiger als die harmlose Düsterstimmung in den frühen 1980ern.

Dem Film sei hoch anzurechnen, dass das was er zeigt keine Polemik oder Erzeugen von negativen Gefühlen, sondern von nüchterner Beschreibung der Fakten ist.

Und der Film ist für jene, denen das alles nicht neu ist, einmal ein Update auf das 21-Jahrhundert.

Ein Vorwurf den der Film macht:
Die Entscheider in der Gesellschaft und Industrie gehen zur Schule, zur Uni und steigen dann ganz oben ein. Sie haben sich nicht hoch gearbeitet und kennen das eigentliche Berufsleben und Alltagsleben nicht. Denke dieses ist über das Problem der Lebensmittel-Industrie heraus ragend ein generelles Problem unserer westlichen Welt.

Auch ein Grund vielleicht, warum mich die Hühner-Tötungsfabrik irgendwie ein bisschen an das Arbeitsprinzip Ausschwitz erinnert haben.

· 23.05.2006

wieder mal ernüchternd. Bon appetit !!!

· 19.05.2006

Spannend und aufschussreich. Da sieht man wo die Geiz ist geil Mentalität uns hinbringt. Aber hauptsache ein billger Braten auf dem Tisch.

· 18.05.2006

Ein großartiger Film, der keine Angst macht, sondern informativ und sogar auch unterhaltsam auf die verschlungenen Wege der Lebensmittelindustrie und industriellen Umweltsünden aufmerksam macht. Ein Muß für jedermann!

Holger · 18.05.2006

"We feed the World" ist ganz interessant, aber letztlich belanglos und mich kaum berührt.
Denn mal ehrlich: Die Infos, die man durch den Film erfährt, sind doch bekannt und kein Geheimnis. Massentierhaltung, Kampftomaten und Regenwaldrodung - alles nicht mehr neu. Seit Jahren habe ich mein Konsumverhalten entsprechend umgestellt. Wen bis jetzt das Kunststück gelungen ist, vor diesen Realitäten die Augen zu verschließen und dachte, Hühner laufen gackernd und fröhlich zur Schlachtbank, ist dumm und wird sich auch kaum den Film im Kino ansehen.
So lange so ein KZ-Huhn eben billiger ist als das Freilandhuhn vom Bio-Bauern wird es auch in Massen in den Aldi-Kühltruhen liegen. Ihr seid selber schuld.

Meta X. · 08.05.2006

Ich glaube nicht, dass der Film mir mehr gegeben hätte, wenn er nun mit Zahlen jongliert hätte. Ich weiß, dass Sie damit sagen wollen, dass dem Film mehr sichere Quellen und Fakten nicht geschadet hätten. Aber seien wir doch mal ehrlich: Würden dadurch, dass man schier unendliche Zahlen und unbekannte österreichische Firmennamen vorliest, nicht noch mehr Längen enstehen? Übrigens sind sie möglicherweise nicht einmal dazu berechtigt, die Quellennamen anzugeben.
Lassen Sie mich einen abstrakten Vergleich anstellen: Amerikanische Filme bestimmter Machart verfolgen ohne jeden triftigen Grund Kommunisten. Und groß wird die Entrüstung erst, als ein kritischer Film in die Kinos kommt, der uns und unsere Fehler zeigt - wenn auch nicht hundertprozentig bewiesen.
Ich glaube nicht, dass der Film die Sache zu sehr durch künstliche Elemente dramatisiert, sondern dass die Realität um Vieles schlimmer ist!

· 08.05.2006

"wichtiger film, absolut notwendig. das thema gehört diskutiert." Dem kann ich mich anschließen. Leider aber auch "super thema, aber schlecht umgesetzt!"
Und darum geht es in einer Film(!)-Kritik doch: Ist ein Film gut gemacht oder nicht - ist also ein Thema gut umgesetzt oder nicht. Und da gibt es einiges zu kritisieren:
Dass der Film seine Längen hatte, ist schon gesagt worden. auch sind die Bilder manchmal unscharf. Die bedrückende Stimmung bezieht der Film meiner Meinung nach von den künstlich verstärkten Hintergrundgeräuschen, die mich ziemlich störten.
Mein Hauptkritikpunkt ist aber der Mangel an differenzierten Fakten:
Wieviel Brot wird denn weggeschmissen und warum? (ich schmeiße altes Brot auch weg und hoffe, das mein Bäcker mir kein altes verkauft). Und Mais wird verfeuert? Na gut, aber wieviel, warum? Biodiesel ist auch nichts anderes als das Verfeuern von Nahrungsmitteln. Ist er daher verwerflich?

Alles in allem wirft der Film genauso viele Fragen auf, wie er zu beantwoten versucht:
Ist Pioneer nun als der Welt größter Saatguthersteller eine Plage für die rumänischen Bauern oder eine Hoffnung? Ist dessen Produktionsleiter ein Zyniker, weil er die traditionelle Landwirtschaft der Rumänen lobt und deren Auberginen besser findet als die mithilfe seines Saatgutes angebauten (warum hat er nicht längst gekündigt?)
Wie soll der Hunger der über 850 Millionen gestillt werden?
Ist der Soja-Anbau der brasiliansichen Maggi-Brüder ein Beitrag, um den Hunger in der Welt zu lindern, oder fressen europäische Kühe brasilianische Regenwälder und zerstören damit die Resourcen dieser Welt?
Und zeigen die bedrückenden Bilder der Hühnerproduktion ein notwendiges Übel, oder können wir auch ohne Hühnerfabriken auskommen?

Vielleicht darf man auch nicht zu viel verlangen: Trotz aller Kritik rüttelt der Film auf. Das ist immerhin etwas! Und ich habe gelernt, worauf man beim Fischkauf achten muss...

Helena Liebermann · 07.05.2006

Ich habe es mir abgewöhnt, Fleisch, Obst und Gemüse im Supermarkt zu kaufen, nachdem ich den Film gesehen habe. "Dramatische Musik" ist mir gar nicht aufgefallen angesichts dieser schrecklichen Bilder, ich hörte nur immer die schrecklich nüchterne Stimme aus dem Off. "Böse Konzernchefs", "böse Industrieländer"...nur wer ordentlich verdrängt, ist von diesen Tatsachen genervt!!!
Es ging nicht um Ernährung, es ging um die Weltwirtschaft. Und "Bild-Zeitung-Leser" werden nie erfahren haben, dass es diesen Film überhaupt gibt. Selbst wenn, - das meinungsmachende und eindeutig tendenzielle Blatt hätte hübsch gegen diesen Film polemisiert. Wer übrigens die Einstufung "böse Industrielle" verabscheut, darf auch nicht von "dummen Bild-Zeitung-Lesern" ausgehen.
"We feed the world" ist für mich mehr als nur ein Film, den man nach Schema F bewerten kann - dieser Film wird größere Auswirkungen haben, als wir alle denken.

· 06.05.2006

die schlechte bewertung dieses films könnte auch bedeuten: super thema, aber schlecht umgesetzt! ich war enttäuscht und mein freund auch! ihm missfiel nicht nur wie mir auch, die zu flache auseinandersetzung durch atbackenen schwarz-weiß muster (arme, aber gute und glückliche rümänische bauern, böser konzernchef; menschen der industrieländer sind mörder (sagte der un-mensch), weil wir essen wegwerfen und die 3. welt hungert!), mein freund fand insbesondere die dramatische musikalische untermalung der minutenlangen horror-szenarien (massentierhaltung, industrieabschlachtung und abgeholzte regenwälder brasiliens) nervig. vielleicht muss man bild-zeitungsleser so ansprechen, aber gehen die überhaupt in einen film mit diesem thema? ernährung ist ein so komplexes thema(gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch), dass diese differenzierung leider überhaupt nicht zu sprache kam! es klang mir zu viel moral durch und zu wenig fakten - wegen der ich ins kino ging! was wollte uns denn der pioneer-manager sagen? privat habe ich eine meinung, aber im beruf, mache ich nur meinen job? sollte uns da ein spiegel vorgehalten werden? und dann seine überzeugte selbstgerechte weltuntergangsstimmung! grässlich! nach dem film wusste wir kaum mehr als vorher. wir werden weiter im bioladen und supermarkt einkaufen und ab und zu auch mal brot wegwerfen! FAZIT: als diskussionsanregung finde ich den film gut, aber trotzdem eine verschenkte chance für etwas gehaltvolleres!

Metaheteta · 04.05.2006

Die fünf 1er können ja nur von Industriellen stammen...!

· 01.05.2006

wichtiger film, absolut notwendig. das thema gehört diskutiert. hut ab vor allem vor typen wie dem pioneer-mitarbeiter, der sich nicht korrumpieren läßt, sondern über den eigenen tellerrand hinaus sieht. filmisch fand ich allerdings, hatte der film leider seine längen, kam nur zäh auf den punkt.

Anja · 30.04.2006

Ein Film mit schonungsloser Aufklärung, der Realität unserer täglichen Lebensmittelindustrie. Der grausame Wahnsinn spricht durch die Bilder, mehr Text und Sprache sind nicht nötig. Dieser Dokumentarfilm sollte in das Pflichtprogramm von Schulen aufgenommen werden und er gehört in das öffentliche Fernsehen und zwar zur Hauptsendezeit. Der Film zeigt den Zuschauern wer in einem Industriestaat die wirkliche Macht besitzt, nähmlich der Verbraucher. Es liegt an jedem selbst etwas zu verändern, indem man wählt, was auf den Tisch kommt. Für mich steht fest, ich mache bei dieser Schweinerei nicht mehr mit.

Ungewitter · 30.04.2006

Glaube ich nicht. Wer weiß, was es noch für Trubel von Seiten der Industriellen geben wird. Ich würde viel eher kritisiern, dass mancherorts die Mentalität herrscht, dass jegliches Engagement doch nichts nützt.

Mike · 28.04.2006

Seit ich Darwin's Nightmare (Link ist in der Besprechung) gesehen habe, ich esse ich keinen so genannten Viktoria Barsch mehr. Geändert hast sich leider trotzdem nichts (außer, dass in D vielleicht 1 Kilo pro Jahr weniger verkauft wird). Hier gibts das Zeug immer noch an jeder Ecke. Leider, leider haben solche Filme viel zu wenig Einfluß auf das Konsumverhalten, um nachhaltig zu wirken.

· 28.04.2006

So lange in unserer Gesellschaft der allgemeine Anspruch besteht täglich Fleisch auf den Tisch zu bekommen, frische Tomaten im Dezember zu essen, usw. und gleichzeitig auch noch möglichst wenig dafür zu berappen, wird sich absolut nichts ändern.

Martin Hallmann · 28.04.2006

Wie kann man dem Film nur weniger als sechs Punkte geben? Versteh ich nicht - an der Doku ist nichts erfunden! Das können dann nur Leute sein, die die Augen vor der Realität verschließen. Ich wünsche mir sehr, dass sich die Welt mit dieser Dokumentation des übersteigerten Kapitalismus endlich ändert.

Henna-Louise · 28.04.2006

Küken auf dem Laufband - ich brach richtig in Tränen aus. Dazu die nüchterne Stimme aus dem Off - dieser Film ist Horror. Aber nichts Fiktives und also Sinnloses, sondern das Alltäglichste, was es gibt. Entsetzlich. Denke schon über einen eigenen Bauernhof nach.

Karl-Heinz Ungewitter · 28.04.2006

Hut ab vor Österreich. Der Film könnte uns retten; vor der Hölle bewahren, wenn ich das mal so christlich ausdrücken darf.

saal-woodl-länder · 28.04.2006

es sollte viel mehr solcher Filme geben um das Bewustsein der Menschen mal auf das wesentliche zu lenken und weg von diesem ganzen Marken-Konsum Gewinnmaximierungs-höher schneller-weiter und vor allem von allem Mehr Wahnsinn.

Snacki · 11.04.2006

Der reinste Horror - aber unbedingt sehenswert!