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Der 29-jährige Edmond Rostand kommt durch glückliche Umstände dazu, dem bekannten Mimen Constant Coquelin eine Rolle in seinem neuen Stück anzubieten. Doch er hat noch keine einzige Zeile zu Papier gebracht. Also muss er improvisieren!

Vorhang auf für Cyrano (2018)

Eine Filmkritik von Melanie Hoffmann

Französische Räuberpistole

Wer etwas Großes schaffen will, muss Neues wagen. Paris im ausklingenden 19. Jahrhundert ist da der passende Ort zur passenden Zeit. Obwohl der Schriftsteller Edmond Rostand (Thomas Solivérès) bisher nur wenig Bemerkenswertes geschaffen hat, seine Theaterstücke noch dazu immer in Versen verfasst, wagt er es, dem großen Mimen Constant Coquelin (Olivier Gourmet) ein Stück anzutragen, von dem noch nicht eine Zeile geschrieben wurde.

In dessen Garderobe erfindet er aus dem Stegreif die Handlung: Der Name Cyrano wird aus einer kleinen Auswahl als der Beste empfunden, die lange Nase, eine romantische Intention und ein paar Verwicklungen. Gekauft! Wann ist es fertig? Edmond Rostand ist völlig überfordert. Zwar hat er eine liebende Gattin, die ihn in all seinem Tun unterstützt, aber eine Muse fehlt ihm. Noch dazu schwant ihm, dass das Theater ohnehin tot ist. Das Kino ist die neue Sensation und wer was auf sich hält, sieht sich Filme an. Wie kann er da überhaupt noch an seine Dichtung denken?

Sein bester Freund Leonidas (Tom Leeb) und dessen Schüchternheit, die Mädchen in der Theatergarderobe, die Eifersucht seiner Frau und das allgemeine Chaos am Theater lassen so langsam ein Stück entstehen, das Paris noch nicht gesehen hat. Selbst während der Proben ist niemand sicher, ständig wird umgeschrieben und umbesetzt. Zur Inspiration unterhält er – getarnt als Leonidas – einen anregenden Briefwechsel mit der Garderobiere Jeanne (Lucie Boujenah) und kommt nicht zuletzt durch eine Begebenheit unter einem Balkon auf eine der berühmtesten Theaterszenen der Literaturgeschichte.

Alexis Michalik verfilmte hier eine (fast) frei erfundene Entstehungsgeschichte zu einem der berühmtesten Dramen, das je Frankreichs Bühnen erblickte. Die Eckdaten stimmen und auch die Lebenssituation des 29-jährigen Rostand, der bis zu seinem Cyrano de Bergerac kein einziges erfolgreiches Stück geschrieben hat. Constant Coquelin spielte den Cyrano allein in Paris über 400 Mal und tourte sogar mit dem Stück durch Nordamerika.

Wie berühmt das Stück ist und wie oft Cyrano de Bergerac verfilmt wurde, erfahren all jene, die auch während des Abspanns im Kinosaal bleiben. Michalik wollte diesen Film bereits vor Jahren drehen, doch es fand sich keine Finanzierung. So probierte er es erstmal mit der Theaterbühne, wo es natürlich gut hinpasst. Und nachdem es dort hervorragend angenommen wurde, fanden sich schließlich doch noch Geldgeber. Inspiriert wurde Michalik in seiner Erzählung übrigens von keinem geringeren Film als Shakespeare in Love. Auch wenn Vorhang auf für Cyrano an dessen Magie nicht ganz heranreicht, so kann man die Intention durchaus noch erkennen und wie ein billiger Abklatsch wirkt es sicher nicht.

Ein wahrer Genuss ist Olivier Gourmet in der Rolle des Constant Coquelin, der dem Cyrano schließlich Leben einhauchen darf. Man mag sich regelrecht vorstellen, dass Gourmet selbst ein recht narzisstischer Darsteller ist, dem man Honig ums Maul schmieren muss. Es steht zu hoffen, dass er nur all jene nervigen Kollegen karikiert, denen er in seiner illustren Karriere schon begegnet sein muss. Seine kongeniale Gegenspielerin ist Mathilde Seigner als divenhafte Maria Legault. Sie muss eine Rolle im neuen Stück bekommen, damit das Marketing anlaufen kann, das war vor 120 Jahren offenbar schon so. Ergänzt wird das Ensemble durch Thomas Solivérès, der Edmond Rostand verkörpert, und Regisseur Alexis Michalik selbst als Georges Feydeau, den Gegenspieler von Rostand.

Ein Paris wie aus dem Bilderbuch in der Zeit des Fin de Siècle lässt an Ausstattung keine Wünsche offen. Gedreht wurde in Prag und die Schauwerte sind hoch. Schlussendlich ist dieser Film keine weitere Verfilmung des Cyrano. Durch seine witzigen Einfälle, seine sprudelnden Dialoge, sein irres Tempo ist er eine durchaus moderne, extrem unterhaltsame und kurzweilige Komödie geworden. Hier wird nicht nur die Literatur gefeiert, sondern auch das Theater und die Unterhaltung. 

Vorhang auf für Cyrano (2018)

Paris im Dezember des Jahres 1897: Der Theaterschriftsteller Edmond Rostand ist noch keine 30 Jahre alt, aber hat schon zwei Kinder und dazu jede Menge Ängste und Blockaden, die ihn fest im Griff haben. Seit zwei Jahre hat er keine Zeile mehr zu Papier gebracht. Aus einer Laune heraus kündet er allen Widerständen zum Trotz ein neues Stück an — doch sehr viel mehr als einen Titel hat er noch nicht: „Cyrano de Bergerac“.

 

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Meinungen

Peter Huber · 20.03.2019

Für Freunde des französischen Kinos empfehlenswert. Gute Schauspieler aber doch mit Längen. Etwas mehr Schwung hätte dem Film gut getan.