Upside Down

Eine Filmkritik von Patrick Thülig

Scheinbar alles auf den Kopf gestellt?

Die verbotene Liebe zweier Menschen, die verschiedenen Welten entstammen. Seit Romeo und Julia haben unzählige Bücher, Theaterstücke und Filme versucht, neue Geschichten mit dieser Prämisse zu erzählen. Twilight ist da nur das jüngste und wahrscheinlich im Moment populärste Beispiel. Keiner aber nahm diesen Tropus bisher so wörtlich wie Juan Diego Solanas mit seinem Film Upside Down.
In der Einleitung wird uns diese besondere Welt schnell, vielleicht sogar ein wenig zu schnell, erklärt: Zwei Planeten mit jeweils eigener Anziehungskraft liegen unmittelbar übereinander. Die obere Welt („Up top“ genannt) wird von den Reichen und Mächtigen bevölkert, die untere Welt („Down below“) hingegen ähnelt eher einem riesigen verarmten Arbeiterviertel kurz nach einem Krieg. Das Gebäude der Firma „Transworld“ verbindet beide Welten miteinander. 

Der Film erzählt die Geschichte von Adam (Jim Sturgess), der in einem Waisenhaus auf „Down below“ aufwächst und während eines Aufenthalts bei seiner Tante auf dem Gipfel eines Berges die junge Eden (Kirsten Dunst) kennenlernt. Diese lebt eigentlich auf „Up top“, doch ihrer unterschiedlichen Herkunft zum Trotz entwickelt sich eine Liebe zwischen den Beiden. Diese findet ihr jähes Ende, als Eden bei dem Versuch, in ihre Welt zurückzukehren, unsanft herunterfällt und verletzt wird. Zehn Jahre später hat sie keinerlei Erinnerung mehr daran, was vor diesem Unfall passiert ist. Adam aber glaubt, sie wäre bei ihrem Fall gestorben. Als er nun eines Tages Eden im Fernsehen wiedersieht, setzt er alles daran, sie wiederzusehen.

Upside Down ist ein Film, der sich vor allem durch seine Optik und Farbdramaturgie auszeichnet. Das verarmte „Down below“ wird von dunklen, kalten Farben dominiert, wohingegen sonnendurchflutete Aufnahmen aus „Up top“ Wärme und Sicherheit ausstrahlen. Das vermittelnde Gebäude der „Transworld“ zeichnet sich durch eine sehr artifizielle Beleuchtung aus, Fenster sucht man dort vergebens. Das Besondere der Optik des Films ergibt sich aus der Konstellation der gegenüberliegenden Planeten. Statt einem Himmel sieht man im Film die gegenüberliegende Welt, ähnlich einer Szene aus Christopher Nolans Inception, in der die Straßen von Paris auf diese Weise umgeformt werden. Dies betrifft auch die Innenräume des Films, was zu eigenartigen, beeindruckenden Raumkonstellationen führt. So sitzen im Gebäude der „Transworld“, in der Adam arbeitet, die Büroangestellten quasi Kopf an Kopf und die Szenen, in denen Adam und Eden sich zum ersten Mal treffen, warten mit sich fast berührenden Berggipfeln und Baumspitzen auf. 

Es sind gerade diese optischen Extravaganzen, die zu den Stärken des Films gehören, auch wenn sie für manche Zuschauer wohl etwas gewöhnungsbedürftig erscheinen und stellenweise, gerade am Anfang, sehr anstrengen. Der Film verlässt sich jedoch allzu oft auf seine beeindruckenden Bilder, ohne diese mit Inhalt zu füllen, was zu Szenen führt, die als pure technische Spielerei keinerlei Mehrwert für die Geschichte haben.

Daher verwundert es auch nicht, dass die Geschichte von Upside Down zu simpel aufgebaut ist und sich auf die Beziehung von Adam und Eden als alleinigen Mittelpunkt der Handlung beschränkt. Alle anderen Nebenfiguren scheinen nur dazu da zu sein, um diese zentrale Liebesgeschichte voranzutreiben. Noch viel schwerer wiegt allerdings, dass die Chemie zwischen Jim Sturgess und Kirsten Dunst (beide können schauspielerisch wesentlich mehr, als ihnen hier abverlangt wird) von Anfang an nicht stimmt. Hinzu kommt, dass es immer wieder ganz plötzliche, unmotivierte Entwicklungen gibt — zu einfache Lösungen, die aus dem Nichts zu kommen scheinen und das Mitfühlen mit den Charakteren enorm erschweren. Die alte Romeo und Julia-Thematik, die hier auf die Spitze getrieben wird, der klischeehafte Gedächtnisverlust und das plötzliche Erinnern zeugen nicht gerade von einem innovativen Verständnis von Narrativik. 

Potentielle Zuschauer des Films dürfen außerdem keine große Affinität zur Physik haben, denn Solanas Konzept, eine Welt mit geänderten Bedingungen der Schwerkraft zu präsentieren, ginge nur dann auf, wenn er sich selbst an die eigenen Regeln halten würde. Wenn plötzlich Adams Krawatte nach oben steigt, sein Anzug aber weiterhin ganz normal nach unten hängt, so bleibt das doch den meisten Zuschauern nicht verborgen und zeugt von Nachlässigkeit seitens des Regisseurs. Zudem ist der Film überlagert mit abgedroschenen Symboliken, die anfangen, nach gewisser Zeit gehörig auf die Nerven zu gehen.

So sehr die Optik also auf den Kopf gestellt wurde, so einfallslos und konventionell ist die Geschichte gestaltet – hier klafft eine viel größere Lücke als jene zwischen den beiden Planeten. Trotzdem sei der Film zumindest denen empfohlen, die eine Schwäche für besonders verrückte Optiken und visuelle Opulenz haben. Denn zumindest auf dieser Ebene enttäuscht der Film nicht.

Upside Down

Die verbotene Liebe zweier Menschen, die verschiedenen Welten entstammen. Seit „Romeo und Julia“ haben unzählige Bücher, Theaterstücke und Filme versucht, neue Geschichten mit dieser Prämisse zu erzählen.
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