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Ist der demokratisch gewählte 45. Präsident der USA psychisch und mental überhaupt in der Lage, das Land zu führen? Zweifel daran gibt es immer wieder und das irrlichternde Verhalten des US-Präsidenten befeuert diese Zweifel beinahe täglich aufs Neue. Eine Doku geht der Sache auf den Grund.

#Unfit - The Psychology of Donald Trump (2020)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Alternative Facts

Eigentlich weiß man es schon lange und wer die zahlreichen denkwürdigen Auftritte des Donald J. Trump bei Pressekonferenzen oder seine Tiraden beim Kurznachrichtendienst Twitter verfolgt, der dürfte kaum einen Zweifel daran hegen, dass der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ein zumindest schillernder und exzentrischer Charakter mit einer großen Klappe ist. Einer, der sich oftmals eher verhält wie ein Schulhofschläger als wie der mächtigste Politiker eines Landes, das sich bis vor kurzem noch Weltmacht nennen durfte und das nun drauf und dran ist, auch und vor allem wegen ihres Präsidenten diese Vormachtstellung zu verlieren.

Wer auch immer in der Armee der USA mit Kriegsgerät zu tun hat oder wer für die Sicherheitsbehörden des Landes arbeitet, wird einer umfangreichen und genauestens ausgearbeiteten Prüfung unterzogen: Haben Sie schwerwiegende psychische oder finanzielle Probleme? Haben Sie Probleme mit Untreue? Und erst, wenn all diese Frage zweifelsfrei geklärt sind, können die Menschen, denen sie gestellt wurden, in Positionen gelangen, in denen sie Verantwortung für das Wohl einer Nation übernehmen. Doch es gibt eine einzige, entscheidende Ausnahme von dieser Regel — und die betrifft ausgerechnet den mächtigsten Menschen in den USA: den Präsidenten oder die Präsidentin. Denn allein die Tatsache, dass dieser Mensch vom amerikanischen Volk gewählt wurde, befreit ihn automatisch von der Last dieser Prozedur. Welch fatale Fehleinschätzung!

Wie groß Trumps Eitelkeit war und wie groß seine Bereitschaft zu lügen, das zeigte sich nicht nur im Wahlkampf, bei dem es stets hieß, der Polterer werde sich danach durch die Bürde des Amtes schon verändern - sondern auch direkt am Tag der feierlichen Amtseinführung. Weil Trump darauf beharrte, mehr Zuschauer in seinen Bann gezogen zu haben als der von ihm leidenschaftlich gehasste Vorgänger Barack Obama, mussten der damalige Sprecher Sean Spicer wie auch seine Wahlkampfmanagerin und Beraterin Kellyanne Conway die Angebereien ihres Dienstherrn vor der Presse rechtfertigen, die sehr wohl mit Bildern nachweisen konnte, dass die Statements vor allem dem Wunschdenken Trumps nach Größe und Anerkennung entsprachen. Conway verstieg sich damals erstmals zu einer Formulierung, die bis heute die Amtszeit Donald Trumps prägt: „Alternative Facts“.

Das Gezerre um die Amtseinführung ist nur eine Episode von vielen, die der Film unter die Lupe nimmt — doch an ihm zeigt sich bereits eine Diagnose, die die verschiedenen Psychiater*innen und Psycholog*innen, die der Film als Experten heranzieht, immer wieder hervorheben werden: Trumps krankhaften Narzissmus.

Mithilfe verschiedener Experten und zahlreichem Archivmaterial dröselt der Film die verschiedenen Aspekte von Trumps Vergangenheit und seinem erratischen Verhalten auf, eilt von Skandal zu Skandal, beleuchtet seine notorischen Tricksereien beim Golfspiel, bei denen sich der US-Präsident wie ein durchtriebener Schuljunge einige Titel erschlichen sowie seinen Caddy getunt hat, um stets als erster beim nächsten Schlag zu sein und vorher den Spielstand und die Lage des Balles zu seinen Gunsten manipulieren zu können. Und wäre dies nicht einer der mächtigsten Männer der Welt, dann müsste man über manche der beinahe unglaublichen, aber gut belegten Geschichten schlichtweg lachen. Wenn es nicht alles auch aufgrund der schieren Ballung so entsetzlich wäre.

Was den Film dann letzten Endes über das Niveau eines penibel zusammengetragenen Recherchestücks hinaushebt, ist vor allem ein Kronzeuge, der mit Trump in besonderer Weise verbunden ist. Der Anwalt George T. Conway III. ist nicht nur ein Jurist von hohem Ansehen, der vom Präsidenten für mehrere hohe Posten innerhalb des Justizministeriums vorgesehen war, sondern auch der Ehemann der Wahlkampfmanagerin und Präsidentenberaterin Kellyanne Conway. Und zugleich ist George Conway mittlerweile zu einem prominenten Kritiker Donald Trumps geworden. Die Spaltung, die Donald J. Trump in seinem Land verursacht hat, sie wird bei diesem Ehepaar mehr als augenfällig. Und obwohl der Film sich über das Verhältnis des Ehepaares ausschweigt, so spürt man doch — und das ist unzweifelhaft sehr wohltuend in einem Werk, das ansonsten bis an den Rand der Geschwätzigkeit Dinge ausformuliert — die Schwierigkeiten und eigentliche Unvereinbarkeit der Conways, bei denen die eine Trump bedingungslos unterstützt und der andere ein erbitterter Gegner des Präsidenten ist.

Wer die Diskussionen der letzten Jahre einigermaßen aufmerksam verfolgt hat, dem dürfte vieles in Dan Parklands akribisch recherchiertem Film bekannt vorkommen. Es ist vor allem die Ballung und die Zusammenschau sowie die Person George Conways sowie die fehlende Polemik, die #Unfit — The Psychology of Donald J. Trump zu einem schonungslosen Resummee der ersten und hoffentlich einzigen Amtszeit des derzeitigen Präsidenten der USA macht, das sich dennoch nicht in Tiraden im Stile eines Michael Moore verrennt.

#Unfit - The Psychology of Donald Trump (2020)

Ist Donald Trump mental und psychisch überhaupt in der Lage, die USA als Präsident zu führen? Diese Frage treibt nicht nur Amerika, sondern die ganze Welt seit dem Amtsantritt des 45. US-Präsidenten um. Um Vorfeld zu den US-Präsidentschaftswahlen im November unterziehen renommierte Psychlog*innen und Psychiater*innen einer Ferndiagnose. Das Ergebnis ist schockierend, aber kaum überraschend.

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