Una noche - Eine Nacht in Havanna

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

90 Meilen bis zur Freiheit

Immer wieder geht es in Filmen aus Kuba – mal mehr, mal weniger deutlich ausgesprochen — um die eine, alles entscheidende Frage: Hat das eigene Leben in diesem Land im Umbruch noch eine Zukunft oder wäre es nicht vielleicht besser, woanders hinzugehen und dort den Schritt zu wagen? Sicherlich gelten Fragestellungen wie diese für viele Länder Lateinamerikas, Asiens, Afrikas, im Falle von Kuba aber birgt das Dilemma eine besondere Note in sich: Schließlich waren Fidel Castro und seine Mitstreiter vor vielen Jahren einmal angetreten, um den Kubanern ein besseres Leben zu ermöglichen. Davon ist heute, sieht man einmal von den Klischeebildern Kubas mit automobilen Kostbarkeiten aus der Zeit vor der Revolution und der allgegenwärtigen Musik ab, wenig übrig geblieben. Zwar öffnet sich das Land behutsam westlichen Einflüssen, doch wirklich verbessert hat sich die Lage der Bevölkerung noch nicht. Und so verwundert es nicht, dass auch Lucy Mulloys Film Una noche – Eine Nacht in Havanna sich vor allem um die Frage dreht, die viele junge Kubaner beschäftigt: Gehen oder bleiben?
Im Mittelpunkt der Geschichte steht das Zwillingspaar Lila (Anailín de la Rúa de la Torre) und Elio (Javier Núñez Florián), die bislang – im Gegensatz zu ihren Eltern – unzertrennlich erschienen. Das ändert sich nun aber durch Elios Freund Raul (Dariel Arrechaga), der in der Küche eines Hotels arbeitet und der seinem Freund den Floh ins Ohr setzt, die illegale Überfahrt nach Florida zu wagen. Schließlich sind es nur 90 Meilen bis ins gelobte Land USA. Zwar erscheinen die Fluchtpläne lange Zeit unkonkret, dann aber erschlägt Raul im Streit einen Freier seiner Mutter, die sich als Prostituierte verdingt – und plötzlich muss es alles ganz schnell gehen, weil dem jungen Mann sonst die Verhaftung droht. Doch Lila hat nicht vor, ihren geliebten Bruder einfach so ziehen zu lassen und so macht sie sich mit auf den Weg in ein ungewisses Abenteuer, an dessen Ende entweder die Freiheit steht oder der Tod.

Lucy Mulloys Film bietet kaum etwas von den sattsam bekannten Kuba-Klischees, sondern wirkt wesentlich unmittelbarer, authentischer, körperbetonter und roher als man das sonst aus Filmen über die Insel im Golf von Mexiko kennt. Die Armut und die kaputte Infrastruktur, die Perspektivlosigkeit der Jugend und deren Flucht in den allgegenwärtigen Sex, das alles zeigt der Film schonungslos, aber nicht voyeuristisch.

Wie nahe dran die Geschichte von Una noche – Eine Nacht in Havanna am realen Leben auf Kuba ist, zeigte sich während des Tribeca-Filmfestivals, wo Mulloys Werk mit gleich drei Preisen ausgezeichnet worden war: Die beiden Darsteller des Zwillingspaares, die sich während der Dreharbeiten ineinander verliebt hatten, setzten sich auf dem Weg nach New York bei der Zwischenlandung in Miami ab, um dort Asyl zu beantragen. Die zentrale Frage des Filmes, ob man gehen oder bleiben soll, haben die beiden auf ihre Weise beantwortet. Und sollten sich nicht bald die Lebensumstände auf der Insel bessern, werden viele junge Kubaner ihrem Beispiel folgen.

Una noche - Eine Nacht in Havanna

Immer wieder geht es in Filmen aus Kuba – mal mehr, mal weniger deutlich ausgesprochen — um die eine, alles entscheidende Frage: Hat das eigene Leben in diesem Land im Umbruch noch eine Zukunft oder wäre es nicht vielleicht besser, woanders hinzugehen und dort den Schritt zu wagen? Sicherlich gelten Fragestellungen wie diese für viele Länder Lateinamerikas, Asiens, Afrikas, im Falle von Kuba aber birgt das Dilemma eine besondere Note in sich.
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