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In „Frieden, Liebe und Death Metal“ widmet sich Isaki Lacuesta dem mentalen Zustand eines Paares, das mit den Anschlägen in Paris am 13. November 2015 konfrontiert wird.

Frieden, Liebe und Death Metal (2022)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Wir sind am Leben

Sieben Jahre sind seit den Terroranschlägen in Paris am 13. November 2015 vergangen. Nach Cédric Jimenez’ Thriller „November“ und Kilian Riedhofs Drama „Meinen Hass bekommt ihr nicht“, die beide im Herbst 2022 hierzulande anliefen, kommt nun mit Isaki Lacuestas „Frieden, Liebe und Death Metal“ eine weitere filmische Aufarbeitung dieses nationalen Traumas in die deutschen Kinos. Während sich Jimenez mit der Arbeit der ermittelnden Behörden im Anschluss an die Terrornacht befasste und Riedhof auf Basis eines realen Falls die Trauer eines Hinterbliebenen schilderte, zeigt Lacuesta ein junges Paar, das an jenem Abend den Konzertsaal Bataclan besucht und das Massaker direkt vor Ort miterleben muss.

Der Film beginnt damit, dass Céline (Noémie Merlant) und Ramón (Nahuel Pérez Biscayart) in Rettungsdecken durch die nächtliche französische Hauptstadt irren. Die goldfarben schimmernde Folie, in die sie jeweils gewickelt sind, um sich vor Unterkühlung zu schützen, sowie die völlig verstörten Blicke des Paares verleihen der Sequenz etwas Surreales. Passiert das gerade wirklich? Wie konnte es dazu kommen? Und was ist hier eigentlich geschehen?

Kurz darauf sehen wir Céline und Ramón in der gemeinsamen Wohnung. Es ist der Morgen danach. Auch hier gelingt es Lacuesta und seinem Schauspielduo, den physischen und psychischen Ausnahmezustand zu vermitteln, in dem sich die Figuren befinden. Die Welt dreht sich weiter, der Alltag schreitet voran – und doch ist nichts mehr so, wie es zuvor war. Ruckartig setzen Rückblenden ein, die uns einen Einblick in den Verlauf des Abends geben – wie Ramón durch die Stadt rast, weil er zu spät dran ist, und wie sich Céline mit dem befreundeten Paar Carlos (Quim Gutiérrez) und Lucie (Alba Guilera) auf das Konzert, auf die Musik, auf ein paar Momente der Entspannung und des Loslassens freut.

Der Film erzählt von den Folgen, die ein solches Erlebnis auf Betroffene haben kann. Ramón leidet fortan unter Angstattacken. An einer Stelle erläutert er, wie er seit dem Vorfall in Gedanken Fluchtpläne entwickelt, um auf eine Situation wie die im Bataclan vorbereitet zu sein. In den Gesprächen zwischen dem Paar oder zu viert, zusammen mit Carlos und Lucie, geht es auch darum, wie unterschiedlich die Reaktionen auf ein solches Trauma ausfallen können. Während Carlos etwa das Bedürfnis hat, über alles zu sprechen, zeigt und formuliert Céline ihre Gefühle kaum. Bald droht die Beziehung an der Last der Ereignisse zu zerbrechen.

In der Darstellung der Beziehungsdynamiken ist Frieden, Liebe und Death Metal – nicht zuletzt dank der intensiven Verkörperungen von Noémie Merlant (Porträt einer jungen Frau in Flammen) und Nahuel Pérez Biscayart (120 BPM) und deren Zusammenspiel – besonders stark. Schwieriger zu beurteilen ist die Entscheidung des Filmemachers, die Tat und die dabei entstehende Massenpanik im Konzertsaal in Flashbacks filmisch einzufangen. Wir hören die Schüsse und Schreie. Wir sehen Menschen zu Boden fallen. Wenn in einem Monolog gegen Ende die Momente der Lebensgefahr in Worte gefasst werden und dabei das Gesicht der schildernden Figur erfasst wird, verfügt dies letztlich über wesentlich mehr Wucht als die tatsächliche Bebilderung des Anschlags.

In Erinnerung bleibt vor allem die Verstörung, die das Erlebte bei Céline und Ramón ausgelöst hat. Am Beispiel zweier Personen wird deutlich, wie ein ganzes Land schwer verwundet wurde – und wie es versucht, mit dem Schmerz zu leben, da eine Heilung unmöglich scheint.

Frieden, Liebe und Death Metal (2022)

Das junge Paar Ramón und Céline besucht am 13. November 2015 in Paris ein Rockkonzert im Bataclan-Theater. Als ein Terroranschlag auf die Veranstaltung verübt wird, gelingt es beiden getrennt voneinander die Garderobe der Musiker zu erreichen. Dort finden sie stundenlang Zuflucht, bis sie befreit werden.

Zwar überleben Céline und Ramón den Anschlag, doch haben sie unter den seelischen Folgen zu leiden. Jeder von ihnen erlebte die Nacht anders und das Paar geht unterschiedlich mit dem Trauma um. Céline versucht die Geschehnisse zu vergessen und möchte an ihrem alten Leben festhalten. Ramón dagegen kehrt gedanklich immer wieder zum Moment des Anschlags zurück und stellt sich die Frage, wie er künftig damit umgehen soll

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