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Florian Dietrich erzählt in „Toubab“ auf komödiantische Weise vom Versuch, einer Abschiebung aus Deutschland zu entgehen – und vermeidet die vielen Fallen, die sich dabei auftun.

Toubab (2020)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

„Ich liebe diesen Mann!“

Zwei heterosexuelle Männer geben sich vor den Behörden als schwules Paar aus. Mit diesem Satz ließen sich sowohl Florian Dietrichs Komödie „Toubab“ als auch das Adam-Sandler-Vehikel „Chuck und Larry – Wie Feuer und Flamme“ (2007) zusammenfassen. Und doch liegen Welten zwischen diesen beiden Werken. Denn während das US-Buddy-Movie oberflächlich eine Toleranzbotschaft vermittelt, auf dem Weg dorthin aber keinen homophoben Gag auslässt und ärgerliche Klischees einfach nur aneinanderreiht, statt sich mit ihnen auseinanderzusetzen, gelingt es Dietrich tatsächlich, einen sympathischen, humorvollen Film vorzulegen, der zugleich ein ernsthaftes Interesse daran hat, von struktureller Diskriminierung zu erzählen.

Die Geschichte beginnt damit, dass Babtou (Farba Dieng) nach zwei Jahren aus der Haft entlassen wird. Sein langjähriger bester Freund Dennis (Julius Nitschkoff) holt ihn ab, die Euphorie ist groß. Die spontane Begrüßungsparty mit sämtlichen Homies mitten auf der Straßenkreuzung läuft leider derart aus dem Ruder, dass Babtou direkt wieder Ärger mit der Polizei hat. Dies führt dazu, dass der 25-Jährige in sein sogenanntes „Heimatland“, den Senegal, ausgewiesen werden soll. Babtou, geboren und aufgewachsen in Frankfurt am Main, will der Abschiebung um jeden Preis entgehen – und Dennis ist bereit, ihm dabei zu helfen. So kommt es zur Scheinehe zwischen den beiden. Die skeptischen Behörden erweisen sich indes nicht als einziges Problem – sondern auch die Angriffe aus dem direkten Umfeld der jungen Männer.

Der aus Wiesbaden stammende Regisseur und Co-Drehbuchautor Florian Dietrich und sein Hauptdarsteller-Duo Farba Dieng und Julius Nitschkoff haben ein offenkundiges Talent für Situationskomik. Dass der Witz nicht auf Kosten der Figuren gehen und auch nicht darin bestehen muss, sich über queere Menschen lustig zu machen, lässt sich etwa anhand der Befragungssequenz aufzeigen, in der Babtou und Dennis getrennt voneinander in die Mangel genommen werden, um zu testen, ob die beiden Männer wirklich ein miteinander vertrautes Paar sind. Klar kennen Babtou und Dennis alle Antworten auf Fragen wie etwa nach dem ersten Geschenk – denn die Freundschaft zwischen ihnen ist vermutlich inniger als die Beziehung vieler Eheleute. „Ich liebe diesen Mann!“, ruft Dennis an deutlich späterer Stelle, als die gesamte Lage ins Hoffnungslose kippt – und es ist keine Lüge, keine Übertreibung, keine Peinlichkeit, sondern ein aufrichtiger Ausdruck von Gefühlen.

Mit verblüffender Leichtigkeit verhandelt Toubab Sujets wie Rassismus und Homophobie. Babtou und Dennis gelangen durch Babtous Nachbarin Yara (wunderbar: Seyneb Saleh) in eine queere Welt, in der nichts ein billiger Witz ist. Die beiden erleben Solidarität, Klischees werden von Yara und deren Clique sofort mit einem Fuck-You-Finger quittiert. Das Rhein-Main-Gebiet ist zudem – im Gegensatz beispielsweise zu Berlin – ein angenehm unverbrauchtes Setting, um die Lebenswirklichkeit junger Menschen abzubilden. Das Personal des Films hat durchweg glaubhafte Hintergründe, es steht nicht nur im Dienste der Dramaturgie. So werden auch Nebenfiguren wie Dennis’ Freundin Manu (Nina Gummich) gut in den Plot integriert. Ob auf der Straße, in der Hochhaussiedlung, in der Kfz-Werkstatt oder beim Feiern im Club – der Film ist nah dran am Leben, an den schönen Seiten ebenso wie an den zahlreichen Ungerechtigkeiten, die es zu bekämpfen gilt.

Toubab (2020)

Nach seiner Entlassung aus der JVA freut sich Babtou riesig auf einen Neuanfang: mit seinem Kumpel Dennis die Freiheit genießen, die Welt umarmen — und nichts mehr mit den Behörden zu tun haben. Doch ausgerechnet seine spontane Willkommensparty läuft dermaßen schief, dass Babtou noch am gleichen Abend die Hände wieder in Handschellen hat. Er wird mit einer unerwartet dramatischen Nachricht konfrontiert: aufgrund wiederholter Straffälligkeit soll er in sein „Heimatland“ Senegal ausgewiesen werden. Aber Babotu kennt den Senegal nur aus Geschichten seines Vaters, er ist in Deutschland geboren, seine Heimat ist Frankfurt. Um die drohende Abschiebung in letzter Sekunde zu verhindern, sind Babtou und Dennis zu allem bereit… (Quelle: Schiwago Film)

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