Toto der Held

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Dreimal Lebensepos

Die ebenso tragische wie komische Geschichte eines ganzen Lebens umfasst dieser erste Spielfilm des belgischen Regisseurs Jaco Van Domael (Am achten Tag / Le huitième jour, 1996, Mr. Nobody, 2009), der neben anderen Ehrungen 1991 die Goldene Kamera der Internationalen Filmfestspiele von Cannes erhielt und vierfach mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Toto der Held stellt ein mit wunderbaren Figuren ausgestattetes, pointiert und abwechselungsreich erzähltes Bravour-Stück über das menschliche Schicksal dar, spekuliert über verpasste Chancen und bewegt sich stilsicher auf dem oftmals schmalen Grat zwischen der so bezeichneten Realität und den phantasievollen Imaginationen seines selbst ernannten Helden, der sich gegen Ende seines Lebens noch einmal zu einer drastischen Entscheidung aufbäumt.

Es ist nicht unüblich, dass achtjährige Jungs sich ein Leben als Geheimagent erträumen, doch der aufgeweckte Thomas, genannt Toto (Thomas Godet), ist zugleich von der Vorstellung besessen, als Baby mit seinem ungleich besser situierten Nachbarn Alfred (Hugo Harold-Harrison) verwechselt und somit um ein ihm angestammtes, erfolgreiches Leben betrogen worden zu sein. Als der wohlhabende Alfred später dann auch noch seine Angebetete Evelyne (Mireille Perrier) heiratet und er selbst ein unbefriedigtes Dasein als Landvermesser gefristet hat, nimmt sich Toto (Michel Bouquet), der als nunmehr 80jähriger seinen Lebensabend einsam und grantig in einem Altersheim verbringt, vor, endlich grausame Rache an seinem ewigen Feind zu nehmen, den er für schuldig daran hält, dass er selbst permanent vom Schicksal benachteiligt wurde …

In drei Zeitebenen erzählt, in denen die Charaktere jeweils von drei verschiedenen, altersgemäß passenden Schauspielern verkörpert werden, präsentiert sich Toto der Held als komplex konstruiertes, jedoch schlüssig inszeniertes Lebensepos der kurzweiligen Art. Seinerzeit auch an den Kinokassen enorm erfolgreich gelingt es dem Film auf überaus charmante Weise und mit einem zauberhaften Ensemble, die bittere Retrospektive eines als gescheitert erachteten Lebens sozusagen in letzter Minute zu relativieren. Gleichermaßen heiter und melancholisch sowie mit einigen technischen Raffinessen transportiert Jaco Van Dormael damit die bewegende Botschaft, dass die eigenen Empfindungen einen gewaltigen Anteil am Schicksal haben und die Vision des eigenen Lebens letztlich viel bedeutsamer ist als alle schnöden Fakten.
 

Toto der Held

Die ebenso tragische wie komische Geschichte eines ganzen Lebens umfasst dieser erste Spielfilm des belgischen Regisseurs Jaco Van Domael („Am achten Tag“ / „Le huitième jour“, 1996, „Mr. Nobody“, 2009), der neben anderen Ehrungen 1991 die Goldene Kamera der Internationalen Filmfestspiele von Cannes erhielt und vierfach mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet wurde.

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