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In „The Woman in the House Across the Street From the Girl in the Window“ ist alles anders, als es scheint, und dann noch mal anders anders, als es anders zu sein scheint – oder so ähnlich.

The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window (Miniserie, 2022)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

„Ich weiß, was ich gesehen habe!“

Mit David Finchers Adaption von Gillian Flynns 2012 erschienenem Roman „Gone Girl“ erreichte das populäre Subgenre des Domestic Thriller die Kinoleinwände. Es folgten weitere Literaturverfilmungen, etwa „Girl on the Train“ (2016) oder The Woman in the Window (2021), in denen eine unzuverlässige Erzählerin aus gut situiertem, (sub-)urbanem Umfeld im Zentrum steht. Was diese Werke verbindet, ist nicht nur ein bemüht twistreicher Krimiplot, sondern auch die Behauptung einer feministischen Haltung, die einer näheren Betrachtung kaum standzuhalten vermag. Zwar sind die titelgebenden Frauen (beziehungsweise „Girls“) der Mittelpunkt der Handlung, doch entsprechen sie in ihrer Zeichnung als psychisch labile Figuren, die die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren drohen, eher dem Klischee eines Opfers der Umstände: Sie sind, wie im Falle von Gone Girl, verzweifelte Psychopathinnen oder, wie im Falle von „Girl on the Train“ oder „The Woman in the Window“, einsame Süchtige – stets tief traumatisiert und unglücklich.

Die Zeit, diesem Subgenre den Spiegel vorzuhalten, war zweifelsohne reif – und so schuf das Trio Hugh Davidson, Larry Dorf und Rachel Ramras eine satirische Variante in Miniserien-Form, deren Titel bereits ein kleines Meisterstück ist. The Woman in the House Across the Street From the Girl in the Window enthält sowohl dramaturgisch als auch visuell all die Elemente, die einen Domestic Thriller ausmachen – und überspitzt alles ein kleines bisschen. Anders als etwa die Scary-Movie-Reihe, die filmische Stereotype durch überwiegend flache, krude Scherze veralbert, ist The Woman in the House … mehr als eine schlichte Parodie.

Die Skripts der insgesamt 8 jeweils circa 25-minütigen Episoden sind raffiniert geschrieben. Das Ensemble, insbesondere Hauptdarstellerin Kristen Bell, weiß offenkundig ganz genau, dass es sich hier in einer schwarzhumorig ausgestalteten Welt bewegt – und spielt deshalb jede noch so absurde Wendung mit so viel Schwung, dass es immer wieder eine Freude ist.

Die Protagonistin des hochtourigen Geschehens heißt hier Anna – und ist, wie ein Großteil ihrer Domestic-Thriller-Leidensgenossinnen, eine einst überaus glücklich verheiratete und beruflich erfolgreiche, nun aber sozial isolierte Person, die ihre Tabletten entgegen dem Rat ihres Therapeuten mit Alkohol zu sich nimmt und nichts mehr im Leben zu haben scheint, außer aus dem Fenster ihres schicken Vorstadt-Hauses zu blicken und die Nachbarschaft zu beobachten. Die Weingläser und die Menge an Flüssigkeit muten etwas überdimensioniert an, die riesige Sammlung an Korken in der Küche ist recht bizarr – doch im Grunde ist diese bewusst überzeichnete Einführung der Figur kaum weniger on the nose als die Eröffnungsszenen in Girl on the Train und The Woman in the Window, in denen die (Anti-)Heldinnen ziemlich holzschnittartig als nervliche Wracks in Szene gesetzt werden. Durch den Witz, der bei Kristen Bell durchblitzt, ist deren Verkörperung denen von Emily Blunt und Amy Adams in den genannten Filmen indes weit überlegen.

Selbstverständlich hat auch Anna eine tragische Hintergrundgeschichte, die ihren Ex-Mann Douglas (Michael Ealy) und die gemeinsame kleine Tochter Elizabeth (Appy Pratt) betrifft. Und natürlich hat sie auch eine küchenpsychologisch herbeierklärte Phobie: Angst vor Regen. Das alles gehört zum Repertoire des Domestic-Thriller-Baukastens und wird uns hier genüsslich präsentiert. Auch ein (vermeintlicher?) Mord lässt nicht lange auf sich warten – mit der betrunkenen Anna als einziger Zeugin, die gerade noch im Schundroman Die Frau am anderen Seeufer geschmökert hat. Können wir ihrer Wahrnehmung trauen? Kann sie sich überhaupt selbst trauen? Was hat der neue, niedliche Nachbar Neil (Tom Riley), der mit seiner zauberhaften Tochter Emma (Samsara Leela Yett) ins Haus gegenüber eingezogen ist, damit zu tun? Und wieso repariert der seltsame Buell (Cameron Britton) seit Jahren ohne Erfolg Annas Briefkasten? Was sind das für Geräusche auf dem Dachboden? Und warum müssen ständig Auflaufformen zu Boden fallen und dabei zu Bruch gehen?

Es gibt etliche Fragen. Und die Antworten darauf sind alle total Banane – und zugleich überraschend clever. Obwohl in dieser Miniserie beinahe nichts wirklich ernst gemeint ist, verfügt das Ganze dennoch über Spannung. Das liegt neben den herrlichen Mono- und Dialogen sowie dem gekonnten Schauspiel, nicht zuletzt an der Inszenierung. Michael Lehmann, der bei sämtlichen Folgen Regie führte, hat bereits in seinem großartigen Debüt Heathers (1988) bewiesen, dass er beißende Satire beherrscht: Das Werk ist bis heute einer der besten Filme über den Wahnsinn der Highschool-Hackordnung. Und auch in The Woman in the House … holt er aus den Klischees des Subgenres alles heraus. Beim Klatsch und dem gegenseitigen Beäugen im Supermarkt und auf den sauber gefegten Straßen geht es garstiger zu als bei den Desperate Housewives (2004-2012). Wenn Sex ins Spiel kommt, gerät dieser so sehr over the top und ausdauernd, dass selbst Sharon Stone und Michael Douglas vor Scham erröten und vor Neid explodieren würden. Wir können uns hier stets sicher sein: Hinter jedem Geheimnis steckt gewiss… noch ein Geheimnis! Was wir damit sagen wollen: Es macht wirklich großen Spaß, diese Serie zu sehen.

The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window (Miniserie, 2022)

Für die unter Liebeskummer leidende Anna (Kristen Bell) ist jeder Tag gleich öde. Mit einem Glas Wein in der Hand starrt sie aus dem Fenster und sieht zu, wie draußen das Leben an ihr vorbeizieht. Als gegenüber allerdings ein neuer, gutaussehender Nachbar (Tom Riley) einzieht, sieht Anna plötzlich Licht am Ende des Tunnels. Zumindest so lange, bis sie einen grausamen Mord beobachtet. Aber hat sie das wirklich? 

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Meinungen

Midia · 10.10.2022

Das war einfach Zeitverschwendung…. Am Anfang dachte ich Boar die schaffen es mich du schocken .. aber hätte ich gewusst das es so scheisse ist wirklich Müll ist …hätte ich nicht mal 1 sec dran verschwendet …. ZEIT VERSCHWENDUNG

Angela · 01.08.2022

Nach einem guten Anfang endete die Serie als kompletter Blödsinn. Zeitverschwendung!

Steven · 16.02.2022

Mir war gar nicht gewusst dass es eine Comedy/ Satire Serie sein sollte, das war mein Problem. Klar war alles wirklich absurd aber ich dachte das hat alles mit ihrer Wahrnehmung zu tun und das wird wieder aufgeklärt. Ich habe es nicht als Comedy- sondern als Mystery-Serie geschaut und fand es auch echt spannend. Naja gut, km Nachhinein auch etwas witzig mein Unverständnis bzw. Missverständnis aber so richtig lustig fand ich es dennoch nicht wenn ich so drüber nachdenke. Nur unterhaltsam absurd aber das wäre bei Netflix ja auch in ernstem Kontext nichts neues gewesen (Riverdale).