The Wolf of Wall Street (2014)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Gier ist gut

„My name is Jordan Belfort. The year I turned 26, I made 49 million dollars which really pissed me off because it was three shy of a million a week.“ Mit diesem Satz lernt der Zuschauer Jordan Belfort (Leonardo DiCaprio) kennen, unangefochtener Protagonist, Titelfigur und Erzähler von Martin Scorseses neuem Film The Wolf of Wall Street. Er ist egomanisch, reich, süchtig nach Drogen und Sex, vor allem aber gierig nach Geld. Diese Gier, seine Skrupellosigkeit und sein schneller Aufstieg werden ihm den Beinamen „Wolf of Wall Street“ einbringen – und das FBI auf seine Fährte setzen. Der wahre Jordan Belfort wurde 1998 zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, und auf seiner Autobiographie basiert der Film.

Detailliert schildert Martin Scorsese in seinem manisch-mitreißenden Wolf of Wall Street Belforts Aufstieg und vor allem seinen Lebensstil. Seine Karriere an der Wall Street beginnt mit einer Anstellung als Connector – der erste Schritt zum Stockbroker – bei der alteingesessenen Firma L.F. Rothschild. Hier lernt er von seinem Mentor Mark Hanna (Matthew McConaughey) die wichtigste Regel: Arbeite niemals für den Kunden, sondern immer für dich selbst. Und zweitens: Ohne Koks und Alkohol geht an der Wall Street nichts. Dann verliert Belfort im Zuge des Börsencrash vom 19. Oktober 1989 seinen Job und erkennt in einem kleinen Laden, der Penny Stocks verkauft, sein wahres Talent: Er kann Menschen alles verkaufen, wenn er an ihre Gier appelliert. Mit einem kleinen Trupp anderer Verkäufer und seinem Freund Donnie Azoff (Jonah Hill) macht er daher in einer leerstehenden Garagenwerkstatt eine eigene Firma auf und baut sie unter dem Namen „Stratton Oakmont“ zu einem erfolgreichen Brokerunternehmen aus.

Parallel zu seinem Vermögen wächst Belforts Sucht nach Quaaludes, Koks und Morphin, nach Sex und Geld. Da die Kamera dicht bei der Hauptfigur bleibt, die zudem in einem beständigen Off-Kommentar durch die Handlung führt, wird man immer mehr in diese wahnwitzige Welt der Gier hineingezogen. Hier ist alles übertrieben: die Partys sind Exzesse voller Koks und nackter Frauen, Büroabende werden mit „Zwergenwerfen“ gefeiert und Mitarbeiter mit animalischen Brunftschreien angetrieben. Mit großartig choreografierten Massenszenen, die wie zuletzt bei La grande bellezza oder auch Der große Gatsby für beeindruckende, nahezu überwältigende Leinwandmomente (Kameramann: Rodrigo Prieto) sorgen, bringt Martin Scorsese diese orgiastische Welt zum Ausdruck. Sie ist zutiefst männlich, und Belfort ist der Alpha. Von dem Großraumbüro seiner Broker spricht er als „pit“, in dem sich die Nachwuchswölfe einen gnadenlosen Kampf liefern. Immer wieder wird Belfort gezeigt, wie er diese Masse mit Reden anstachelt, fast gleicht er einem religiösen Führer, der seiner Gefolgschaft seinen einzigen Wert predigt: Geld. Düstere Zwischentöne bleiben dabei rar: Zwar erzählt der Film auch, wie diese Gier ins Verderben stürzt, Belforts erste und auch zweite Ehe zerstört, ihn drogensüchtig werden lässt und schließlich ins Gefängnis bringt, aber der Film gibt sich der Oberflächlichkeit dieser Welt allzu gerne hin.

Die Bilder des überschwenglichen Luxus‘ baden in überbordener Ausstattung und verschwenderischer Länge, vor allem aber übernimmt der Film Jordan Belforts Wertvorstellungen unwidersprochen und präsentiert ihn als erfolgreichsten Mann der Wall Street. Wie sehr eine Außenperspektive fehlt, zeigt dann ein Gespräch Belforts mit dem FBI-Agenten Patrick Denham (Kyle Chandler), den er aus Hybris für bestechlich und leicht zu beeindrucken hält. In diesem Gespräch ist mehr über Belforts Persönlichkeit zu erkennen als in allen anderen Szenen, und es wird deutlich, dass für ihn die Welt der Broker die einzig wahre ist. Ihm ist unbegreiflich, wie man kein Teil dieser Welt sein will. Deshalb sieht Belfort in diesem anständigen, integren Mann einen Verlierer, der mit der U-Bahn fahren muss. Zugleich wird durch die Anwesenheit des aufrechten, ruhigen und selbstkontrollierten Denham die Obszönität von Belforts Lebenstil deutlich. Dadurch erdet diese Szene den Zuschauer und bereitet ihn auf die weitere Entwicklung gekonnt vor. Mit der früheren Szene zwischen Belfort und seinem Mentor gehört sie eindeutig zu den Höhepunkten des Films.

Als Hauptfigur und Erzähler ist Belfort omnipräsent in dieser Geschichte, die durch Belforts beständig direkte Ansprache des Zuschauers auch an ein Verkaufsgespräch erinnert, in dem einem etwas schmackhaft gemacht werden soll – in diesem Fall die Werte und das Leben von Jordan Belfort. Leonardo DiCaprio ist somit in fast jeder Szene zu sehen. Er spielt den manischen Verführer und skrupellosen Verkäufer sehr überzeugend und zeigt beeindruckenden körperlichen Einsatz. DiCaprio legt alles in diese Rolle und verhindert damit, dass Belfort zu einer Karikatur wird. Jedoch kann auch das nicht über fehlende Komplexität des Charakters hinwegtäuschen. Jordan Belfort fehlt die tragische Dimension eines Jay Gatsby. Auch in den gut besetzten Nebenrollen wird deutlich, dass die Entwicklung der Figuren stagniert. Insbesondere Jonah Hill und Margot Robbie als Belforts zweite Ehefrau versuchen, aus ihren Rollen sehr viel herauszuholen – aber mit zunehmendem Verlauf des Films wiederholen sich ihre Eigenheiten und Funktionen zu sehr, so dass sie stets an der Grenze des Übertriebenen agieren, um ihnen überhaupt neue Facetten abzugewinnen.

The Wolf of Wall Street ist die unterhaltsame Geschichte eines Verbrechers, der mit seinen Gaunereien davonkommt – nur ist die Hauptfigur kein Italo-Amerikaner und Möchtegern-Mafiosi, sondern ein White-Collar-Typ aus der Mittelschicht. In den besten Momenten ist der Film eine dunkelhumorige Satire, in den schwächsten Szenen bleibt hingegen der schale Nachgeschmack der Manipulation. Ihm fehlt die Ambivalenz anderer Scorsese-Filme, die dynamische Kraft von Goodfellas und die Raffinesse von Casino, stattdessen beweist er die Verführungskraft der Oberflächlichkeit.
 

The Wolf of Wall Street (2014)

„My name is Jordan Belfort. The year I turned 26, I made 49 million dollars which really pissed me off because it was three shy of a million a week.“ Mit diesem Satz lernt der Zuschauer Jordan Belfort (Leonardo DiCaprio) kennen, unangefochtener Protagonist, Titelfigur und Erzähler von Martin Scorseses neuem Film „The Wolf of Wall Street“. Er ist egomanisch, reich, süchtig nach Drogen und Sex, vor allem aber gierig nach Geld.

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Meinungen

xxx · 09.02.2014

Ich habe selten so einen schlechten Film gesehen. Zwanzig Minuten vor Schluss hab ich es nicht mehr ausgehalten und habe vorzeitig das Kino verlassen müssen, was ich vorher noch nie gemacht habe.
Der allergrößte Schwachsinn der je im Kino ausgestrahlt wurde.
Kein Inhalt - keine Handlung - nichts!
Leute, dieses Geld könnt ihr euch sparen

wignanek-hp · 28.01.2014

Der Film weckt in mir zwiespältige Gefühle. Er zeigt eine Welt der Gier und ohne jede Moral. Die Darsteller, allen voran Di Caprio spielen wirklich gut, aber die Story wiederholt sich. Man muss nicht jede Orgie, jeden Drogenexzess mitansehen müssen, um zu kapieren, wie diese Welt läuft. Zudem hat der Film zu wenig Höhen und Tiefen. Der Beginn mit Matthew Mcconaughey versprach ehrlich gesagt mehr. Von den Szenen mit den beiden FBI-Agenten hätte man sich mehr gewünscht. Es gab zu wenig Konfrontation mit der Wirklichkeit der „normalen Menschen“. Damit meine ich nicht unbedingt die Opfer dieser Betrüger. Die Schlussszene macht das eindringlich deutlich, als die Kamera durch die U-Bahn schwenkt, in der der Polizist nach Hause fährt und die Menschen einfängt, die nicht profitieren. Denn das verliert der Film – trotz aller Kritik, die er an den Machenschaften der Profiteure übt – so ein bisschen aus den Augen, dass es – wenn es solche Profiteure gibt – auch Menschen geben muss, die gar nichts oder ganz wenig haben. Sonst würde das System nämlich nicht funktionieren. Und die amerikanische Gesellschaft bietet ja gerade dieses Bild.

sb@berger-invest.de · 27.01.2014

schlechtester Film seit langen, schade um die Zeit und das Geld!
Keinen Inhalt - typischer amerikanischer Kitsch

Alfons · 26.01.2014

Der Film ist viel zu lang. Einzig Leonardo DiCaprio reißt es heraus. Meiner Meinung nach Scorses schlechtester Film.

Andrea · 21.01.2014

Der schlechteste Film den ich je gesehen habe. Schade um das Geld!

@Felix · 20.01.2014

Das hört man gern! Grüsse, Mike

Felix · 14.01.2014

Klasse kommentiert.
Genauso ausführlich möchte ich informiert werden.
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