The United States of Hoodoo (2012)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Auf der Suche nach dem afroamerikanischen Spirit

Der amerikanische Schriftsteller Darius James hat seinen Vater immer wieder gefragt, was die Masken in seinem Haus zu bedeuten haben. Nun ist der Vater tot, und James weiß immer noch nichts über den spirituellen Hintergrund des Wandschmucks. Wie so viele Afroamerikaner vermisst er die Verbindung zu den eigenen kulturellen Wurzeln im Land schmerzlich. Die New Yorker Lehrerin Kanene Holder führt James zum erst 1991 im Finanzdistrikt der Stadt wiederentdeckten Friedhof der Sklaven. Sie erzählt, dass in dem dicken Buch ihrer Grundschüler zur Stadtgeschichte die Sklaverei in zwei Absätzen abgehandelt wird. Die Rotunde der Gedenkstätte ist mit verschiedenen Zeichen und Symbolen geschmückt, darunter einem für den Voodoo-Geist Legba.

James begibt sich auf eine Reise durch das Land, um mehr über die spirituellen Wurzeln in der afroamerikanischen Kultur zu erfahren. Er besucht Maler, Musiker, Schriftsteller und Menschen, die Voodoo praktizieren. Im Dialog mit ihnen erfährt er Schritt für Schritt, dass sich in den verschiedensten Kunstformen und gelebten Traditionen Elemente westafrikanischer Religion wiederfinden. Sie haben sich in den USA schon immer mit anderen kulturellen Einflüssen flexibel verbunden und werden in der modernen urbanen Kunst individuell mit neuen Strömungen kombiniert. Der deutsche Regisseur Oliver Hardt begleitet Darius James auf dieser Erkundungstour. James lebte zehn Jahre in Berlin, wo ihn Hardt kennen lernte und mit ihm den Dokumentarfilm Black Deutschland von 2006 drehte.

James und Hardt geht es nicht darum, mit Voodoo-Magie zu gruseln, sondern vielmehr um die Alltagsspiritualität, die vor allem im Süden der USA unter dem Begriff Hoodoo weiterlebt. Im Bundesstaat Mississippi spricht James mit seinen Gastgebern über den Bluessänger Robert Johnson. Ihm ist gerade eine Ausstellung im Baumwollmuseum von Greenwood gewidmet, aber James findet diesen Ort denkbar unpassend, um an einen schwarzen Südstaatenmusiker zu erinnern. Er geht lieber mit einem Afroamerikaner auf den Friedhof, um der Legende nachzuspüren, wonach der 1938 verstorbene Johnson seine Seele an Legba verkauft haben soll. In New Orleans mit seinen durch die Straßen ziehenden Musikbands führt James Gespräche über den Polyrhythmus des Jazz und informiert sich über alte spirituelle Praktiken etwa bei Beerdigungen, die von einer christlichen Warte aus unverständlich wären.

James kommentiert seine emotionalen Eindrücke und erscheint auch als Gegenüber seiner Gesprächspartner im Bild. Dabei leistet er eine wichtige, moderierende Orientierungshilfe für den in der Materie nicht bewanderten Zuschauer. Für den Schriftsteller hat die Reise eine sehr persönliche Bedeutung, spendet ihm Trost und hilft ihm in der Trauer um seinen Vater. Begleitet von elektrisierender, vor Energie strotzender Musik, bietet sie den Außenstehenden gleichzeitig hochinteressante Einblicke in die Inspirationsquellen der lebendigen afroamerikanischen Kunstszene. Zum Beispiel trifft man den Chicagoer bildenden Künstler Nick Cave (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Musiker), der über seine tragbaren Klanganzüge spricht. Auch er bezieht seine Kreativität sowohl aus seinen Erfahrungen mit Rassismus, als auch aus dem Selbstbewusstsein von Menschen, die sich ihre lange tabuisierten kulturellen Wurzeln wieder aneignen.
 

The United States of Hoodoo (2012)

Der amerikanische Schriftsteller Darius James hat seinen Vater immer wieder gefragt, was die Masken in seinem Haus zu bedeuten haben. Nun ist der Vater tot und James weiß immer noch nichts über den spirituellen Hintergrund des Wandschmucks. Wie so viele Afroamerikaner vermisst er die Verbindung zu den eigenen kulturellen Wurzeln im Land schmerzlich.

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