The Sapphires

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der Sog des Bekannten

Erinnert sich noch jemand an Dreamgirls von Bill Condon, der vor sieben Jahren die Kinos – nun ja — „stürmte“? Trotz Jamie Foxx, Eddie Murphy und Beyoncé Knowles, mehr als deutlicher Bezüge auf die Supremes und eines durchaus passablen weltweiten Einspielergebnisses von rund 103 Mio. war der Film in Deutschland wohl das, was man einen veritablen Flop nennt. Nun startet mit dem australischen Film The Sapphires von Wayne Blair abermals ein Film in den Kinos, der mit vagen Bezügen zu einer wahren Geschichte vom sagenhaften Aufstieg einer weiblichen Gesangsgruppe erzählt.
Während Dreamgirls aber deutlich nach dem Mainstream-Publikum schielte, wählt The Sapphires eine zumindest auf den ersten Blick andere Herangehensweise. Die liegt allerdings weniger an gewagten dramaturgischen Strukturen oder visueller Experimentierfreude als vielmehr an den ungewohnten Protagonistinnen. Denn die Mitglieder der Girl-Group The Sapphires sind junge Aborigine-Frauen – und diese haben es im Australien der 1960er Jahre nicht gerade leicht. Zum Glück aber treffen die Schwestern Gail (Deborah Mailman), Cynthia (Miranda Tapsell) und Julie (Jessica Mauboy) sowie ihre Cousine Kay (Shari Sebbens) auf den versoffenen Talentscout Dave Lovelace (Chris O’Dowd), der die jungen Sängerinnen von harmlosen Country & Western-Kehlchen auf sexy Soul-Divas trimmt und so eine Tournee für die US-Soldaten in Vietnam an Land zieht. Es ist der Beginn eines sagenhaften Aufstiegs, der alle Beteiligten an ihre persönlichen Grenzen bringt.

Ray, Walk the Line und eben Dreamgirls – nimmt man diese drei Biopics der letzten Jahre über den Aufstieg realer oder nur halbfiktiver Musiker auseinander und analysiert sie auf ihren dramaturgischen und thematischen Grundlagen, fördert man mehr Verbindendes als Trennendes zutage: Fast immer stammen die Heroen, die es zu Leinwandehren bringen, aus bescheidensten Verhältnissen, mussten in ihrer Kindheit Armut und Ausgrenzung erfahren und schaffen es dann dank eines Zufalls und ihres außergewöhnlichen Talents gegen alle Widrigkeiten nach ganz oben. Die beinahe schon stupide Gleichförmigkeit solcher dramaturgisch zurechtgebogenen Lebensläufe ist mittlerweile auch in der Realität der Casting-Shows angekommen, die genau nach dem gleichen Muster funktionieren. Auch The Sapphires macht darin keine Ausnahme, sondern bedient sich weitestgehend dieser Mechaniken und das durchaus gekonnt und mit Witz und Charme.

Dennoch, auch wenn es auf den ersten Blick widersprüchlich klingen mag: Zwar macht The Sapphires fast alles richtig, doch zugleich wird man das Gefühl nicht los, dass gerade hierin ein wenig die Crux dieses überaus sympathischen und flotten Films liegt. Denn so exotisch die Grundkonstellation der vier jungen Damen auch sein mag und so ungewöhnlich ihre Herkunft – zieht man dies und die Kulisse des Vietnamkrieges einmal ab, folgt der Film den altbekannten Mustern thematisch ähnlicher Filme wie eben Dreamgirls oder anderer Musiker-Biopics. Das macht das ‚love interest‘ zwischen Dave und Gail ebenso vorhersehbar wie die anderen Probleme, die im Laufe des Films auftauchen und die sich am Ende wunderbarerweise in Luft auflösen.

So ist es vor allem dem natürlichen Charme der Hauptdarstellerinnen (die fast alle noch nie vor einer Kamera standen, was man durchaus in manchen Szenen merkt) und der grummeligen Bärbeißigkeit von Chris O’Dowd sowie der exzellenten und mitreißenden Musik zu verdanken, dass man trotz aller Erwartbarkeit von diesem Film umfangen wird wie von einem bekannten und vertrauten Soulsong: Man kann beinahe jede Zeile mitsingen, kennt die Breaks, den Rhythmus, die Harmonien – und kann sich dennoch dem Sog des Bekannten nicht entziehen.

The Sapphires

Erinnert sich noch jemand an Dreamgirls von Bill Condon, der vor sieben Jahren die Kinos – nun ja — „stürmte“? Trotz Jamie Foxx, Eddie Murphy und Beyoncé Knowles, mehr als deutlicher Bezüge auf die „Supremes“ und eines durchaus passablen weltweiten Einspielergebnisses von rund 103 Mio. war der Film in Deutschland wohl das, was man einen veritablen Flop nennt.
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Meinungen

Ande Pönitz · 04.12.2013

ich liebe filme aller art