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Wir alle wissen, dass wir keinen Müll in die Landschaft werfen sollen. Doch was genau passiert eigentlich mit den Dingen, den Verpackungen, Plastikflaschen oder Mützen, die doch liegenbleiben? Dieser Frage geht Filmemacher Steffen Krones in seinem Dokumentarfilm The North Drift nach.

The North Drift - Plastik in Strömen (2022)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Dem Müll auf der Spur

Steffen Krones liebt den Norden, und als er eines Tages auf einer nur zu Wasser erreichbaren Insel der Lofoten im Nordpolarmeer eine deutsche Bierdose findet, beginnt für ihn ein Projekt, das helfen soll, die Arktis zu schützen. Denn, so fragt er sich zusammen mit Freund Kris aus Norwegen: Kommt diese Bierflasche tatsächlich aus Deutschland? Wie ist sie hierhergekommen? Kann es sein, dass sie von einem deutschen Flussufer aus bis in die Arktis getrieben wurde?

Zurück in Dresden gibt er die Pfanddose im Supermarkt zurück, erhält 25 Cent, aber das Thema lässt den Filmemacher nicht mehr los. Zusammen mit Nachbar Paul entwickelt Steffen Krones einen so genannten Drifter, ein selbsthergestelltes wasserdichtes Objekt, in das er einen Sender einbaut. Diese GPS Boje wirft er in Dresden in die Elbe, um ihren Weg durch Fluss und Meere am heimischen Computer nachzuverfolgen.

Natürlich funktioniert das Experiment nicht auf Anhieb. Der Drifter wird wie viele weitere an Land gespült, sie verfangen sich und landen an Müll-Hotspots, wie Kris Louis Jensen und Steffen Krones sie nennen, weil sie auf der Suche nach den hängengebliebenen Driftern auch jede Menge Müll finden, manchmal Berge von Plastik und anderem Abfall durchwühlen müssen, bis sie ihr Forschungsgerät wiederfinden. Das alles dokumentiert Krones mit der Kamera und mischt die Filmaufnahmen mit aufgezeichneten Videokonferenzen und Handyvideos.

The North Drift ist vor allem ein Forschungsprojekt. Steffen Krones filmt nicht nur sein eigenes Tun, sondern spricht auch mit Wissenschaftlern und Meeresbiologen, besucht das Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven und lässt sich erklären, was andere vor ihm herausgefunden haben. Am Bildschirm verfolgen sie Meeresströmungen, um der Frage nachzugehen, warum so viel Müll im Nordpolarmeer landet und was dieser mit dem Ozean und seinen Bewohnern macht.

Die Interviewsequenzen und die Dokumentation der eigenen Arbeit wechseln sich in einem angenehmen Rhythmus ab, zeigen aber auch den Weg des Forschenden, der von Rückschlägen, immer neuen Versuchen und schließlich auch einer Pause durch die Pandemie geprägt ist. Paul Weiss und Steffen Krones passen den Drifter immer wieder an, werfen die neuen Modelle an immer anderen Stellen ins Wasser, und schließlich klappt es. Ein Drifter wird in Norwegen gefunden. Mittlerweile darf man wieder reisen, und so macht sich Steffen Krones durch leere Flughäfen auf, das Gerät wiederzufinden.

Immer wieder wirft Krones auch ruhige Bilder auf die Leinwand: von den friedlich erscheinenden Fjorden im stimmungsvollen Licht, dem Wasser in all seinen Ausprägungen, den Meeresbewohnern, wie sie sich treiben lassen. Diese Bilder bringen Ruhe in den doch sehr informationsgeladenen Film, und diese Ruhe tut dem Film gut, man hätte sich fast noch mehr solcher Augenblicke gewünscht, um über das Gezeigte und Gesagte nachdenken zu können und um es wirken zu lassen.

Ganz nebenbei erzählt The North Drift auch die Geschichte seines Freundes, des Inuit Kris Louis Jensen, der von Grönland nach Norwegen auf die Lofoten ausgewandert ist und für den das Nordpolarmeer das Leben ist, das Element, in dem er sich wohlfühlt. Mit seinem Kajak paddelt er durch die Fjorde, besucht unbewohnte Inseln und erfährt direkt, was der Müll für die Natur dort oben bedeutet und wie viel er kaputt macht. Zwar helfen Müllsammelaktionen, wie sie der Film auch zeigt, oder der World Cleanup Day, aber dennoch bleibt der Eindruck davon, wie viel schon passiert ist, was nicht rückgängig gemacht werden kann. Ob das hilft und den Einzelnen zum verantwortungsvollen Umgang mit seinem Müll bringt? Hoffentlich.

 

The North Drift - Plastik in Strömen (2022)

Eine deutsche Bierflasche, angeschwemmt auf einer zu Fuß unerreichbaren Insel der Lofoten im Nordpolarmeer. Wo kam die her? Etwa wirklich aus Deutschland? Oder war es doch ein fanatischer Tourist, der nach genüsslichem Verzehr die Flasche anschließend im Ozean entsorgte? Zurück in Dresden lässt dieses Thema den Filmemacher Steffen Krones nicht los. Nicht nur über die Masse der angeschwemmten Dinge zerbricht er sich den Kopf, sondern auch über deren Herkunft und Geschichte. Ist Dresden mit seinen Gewässern mit dem Polarkreis verbunden? Steffen begibt sich in seinem Dokumentarfilm auf eine persönliche Reise gen Norden, indem er die Wege des Flussmülls verfolgt. Zusammen mit seinem Freund und Nachbarn, dem angehenden Industriedesigner Paul Weiß, beginnt er, GPS-Bojen zu bauen, die imstande sind, bis in die Nordsee zu reisen. Durch die Unterstützung von renommierten Meeresbiologen und Wissenschaftlern wie Dr. Lars Gutow und Dr. Melanie Bergmann, versucht er, den Verlauf von Plastikmüll erst in der Elbe und schließlich in der Nordsee zu dokumentieren und untersucht die Zusammenhänge zur Verschmutzung im Polarmeer. 

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