The Liverpool Goalie - oder: wie man die Schulzeit überlebt

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Wenn die Fußball-Sammelkarten ihren Wert verlieren

Auf der Schwelle von der Kindheit zum Jugendalter gibt es unangenehme Prüfungen zu bestehen. Man wird sich selbst peinlich: „Wir sind 13 und abhängig von Fussball-Sammelkarten! Wir sollten abhängig von anderen Dingen sein!“, klagt Jo (Ask van der Hagen). Man muss sich täglich in der Schule blicken lassen, obwohl einen die lebhafte Fantasie eindringlich vor den Folgen jedes Missgeschicks warnt. Der erste Spielfilm des norwegischen Regisseurs Arild Andresen wurde im Jahr 2011 mit einigen internationalen Kinderfilmpreisen ausgezeichnet, darunter auch dem Gläsernen Bären der Generation Kplus auf der Berlinale.
Seit sein Vater unter der Dusche ausrutschte und ums Leben kam, verfolgen Jo die Ängste seiner Mutter Else (Andrine Sæther), ihm könne auch etwas zustoßen. Er traut sich nicht auf das Fußballfeld mit der Schülermannschaft und daheim darf er nicht die Treppe hochspurten. Jo ist ein guter Schüler, also zwingt ihn der Klassenrowdy Tom Erik (Jostein Sranes Brox), seine Hausaufgaben zu übernehmen. Der größte Traum Jos und der anderen Jungen ist es, endlich die seltenste und wertvollste Fußball-Sammelkarte in einem neu gekauften Satz zu finden: die mit dem Torwart des FC Liverpool. Dann kommt ein neues Mädchen in die Klasse. Mari (Susanne Boucher) ist hübsch, gut in Mathe, spielt Fußball und hat keine Angst vor Tom Erik. Jo möchte ihr Freund sein, aber das heißt auch, dass er sich seinen Ängsten stellen muss.

Es sind keine weltbewegenden Sachen, von denen dieser Familienfilm erzählt. Das Handlungsmuster wirkt sogar konventionell für eine Geschichte über das Heranwachsen. Und dennoch fehlt der glatte Eindruck eines auf den kommerziellen Erfolg getrimmten Werks. Dafür sorgt schon das lebendige, ungekünstelte Schauspiel des jungen Talents Ask van der Hagen. Er verleiht seinem sanften Jo eine ungeschützte Offenheit, ohne ihn schwach aussehen zu lassen. Jo hat Köpfchen, er ist zäh und reagiert erstaunlich wendig, wenn es darauf ankommt. Dieser Charakter entwickelt in Bezug auf den Film eine tragende Rolle, anstatt nur dazu zu dienen, verschiedene Drehbuchideen zu vertreten.

Auch die Mischung aus versöhnlichem Humor, den schräg-drastischen Katastrophenszenarien in Jos Fantasien und liebevoller Satire in Bezug auf die ängstliche Mutter gibt der Geschichte eine lebendig wirkende Vielseitigkeit. Jos Kommentare aus dem Off, mit denen er seine Tagträume dramatisch weit in die Zukunft wachsen lässt, wirken altklug, als würde sie ein reiferer Geist mit einer dicken Portion Selbstironie sprechen. Der schüchterne Jo äußert sich in Wirklichkeit nur selten so, etwa wenn er seine Mutter mit einem Urteil über ihren neuen Freund überrascht: „Er ist Psychologe. Ich glaube, du sparst dadurch ne Menge Geld.“ Eine heile Welt wird nicht vorgegaukelt, auch wenn die Probleme eher am Rande auftauchen: Jos bester Freund Einar (Mathis Asker) hat einen älteren Bruder, der die Erwartungen seiner Familie nicht erfüllt.

Die Tagträume und Angstfantasien Jos erscheinen als so real, dass man als Zuschauer wiederholt auf sie hereinfällt, bevor der Film sie entlarvt. In ihren Szenarien kochen nicht nur die pubertären Gefühle hoch, sondern es spiegeln sich auch, ironisch gebrochen, von Jo aus der Erwachsenenwelt aufgeschnappte Wenn-Dann-Folgen. Womit auch das ideale Ende eines Fußballspiels gemeint sein kann, wie man es aus konventionellen Spielfilmen kennt. Aber eine der unangenehmen Prüfungen im Jugendalter verlangt, die eigene Andersartigkeit zu akzeptieren.

The Liverpool Goalie - oder: wie man die Schulzeit überlebt

Auf der Schwelle von der Kindheit zum Jugendalter gibt es unangenehme Prüfungen zu bestehen. Man wird sich selbst peinlich: „Wir sind 13 und abhängig von Fussball-Sammelkarten! Wir sollten abhängig von anderen Dingen sein!“, klagt Jo (Ask van der Hagen). Man muss sich täglich in der Schule blicken lassen, obwohl einen die lebhafte Fantasie eindringlich vor den Folgen jedes Missgeschicks warnt.
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