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Weil er sich in eine Klezmer-Musikerin verliebt, erfindet der Hochzeitsfilmer Leandro ein Dokumentarfilmprojekt. Er will die Ursprünge des Klezmers suchen, reist dafür auch nach Europa und gerät an seine Grenzen. 

In mir tanze ich - Das Klezmer Projekt(2023)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Auf der Suche

Der Film wirft uns direkt in das jüdische Leben in Argentinien: Für diejenigen, die die Filme von Daniel Burman kennen, ist das nichts Ungewöhnliches. In „El abrazo partido“ (2004) oder „El nido vacio“ (2008) beschreibt der argentinische Filmemacher, ebenfalls ein gern gesehener Gast auf der Berlinale, das jüdische Leben in Buenos Aires und erzählt unterhaltsame, aber auch immer kuriosen Geschichten. Diese hat man vor Augen, wenn man die Bilder der Hochzeiten in „Adentro mío estoy bailando – The Klezmer Project“ sieht. Und zumindest was den Bereich der Kuriosität angeht, wird man vom Film, der in der Sektion Encounters zu sehen ist, nicht enttäuscht.

Es wird also eine Hochzeit gefeiert. Im Fokus steht dabei die Musik der Klezmer-Band, die doppelt filmisch eingefangen wird – von der Kamera des Films wie auch vom filminternen Hochzeitsfilmer Leandro. Das ist sein Job: Videos der Trauung und Feier für das Brautpaar machen. Auf dieser Hochzeit nun verliebt er sich in die Klarinettistin Paloma, spricht sie an und erzählt ihr von einem Dokumentarfilmprojekt über Klezmer – das es nicht gibt. Weil er sich aber wieder mit ihr treffen und Zeit mit ihr verbringen will, startet er genau das: ein Filmprojekt, in dem er die Spuren der Klezmer-Musik nachzeichnen will, den Melodien der jiddischen Kultur, die auf jüdischen Hochzeiten in Osteuropa gespielt wurden. Und weil Paloma ein Engagement in Europa erhält, reist auch er nach Europa, trifft in Österreich einen Produzenten und findet sich plötzlich auf einem Roadtrip wieder quer durch den Osten Europas.

In der Ukraine, in Rumänien und schließlich Moldau sucht er – zeitweise auch zusammen mit Paloma – nach Menschen, die die alten Klezmer-Melodien kennen und noch spielen können. Er klopft an Türen, besucht Feste, spricht mit den Menschen über den Gartenzaun – und fragt immer nach alten Volksliedern, dem traditionellen jüdischen Liedgut, doch so recht fündig wird er nicht. Und das ist irgendwie auch das Problem des Films: dass er – wie die Reise von Leandro und Paloma – nie so richtig in Schwung kommt.

Es dauert lange, bis man sich im Experiment von Leandro Koch und Paloma Schachmann zurechtfindet: ein halbfiktionaler Dokumentarfilm, der das Wissen über die Klezmer-Tradition, der Dokumentation des Lebens im Dreiländereck und selten gehörter Musik mit einer persönlichen Geschichte, der Suche nach den eigenen Wurzeln und einer alten jüdischen Erzählung verknüpft. Letztere wird von einer Erzählerin auf Jiddisch vorgetragen, handelt vom Lügner Yankel und seiner Angebeteten Taibele und spiegelt die Geschichte von Leandro und Paloma wider. Das ist wunderschön anzuhören, andererseits aber verwirrt es auch. Hier wollen die Filmemacher:innen zu viel und bieten dafür zu wenig an Klezmer-Fundstücken an. 

Dafür hätten sie ruhig noch mehr an ihren spannenden Erkenntnissen rund um die jüdische Kultur und das Jiddische im Film teilen können. Koch wie Schachmann sind Enkel von jüdischen Einwanderern, die, so erzählen sie, aufwuchsen mit den Geschichten ihrer Großeltern, vermeintliche Romantisierungen der Vergangenheit. Als sie dann mit ihrer Recherche für den Film anfingen, sei ihnen aufgefallen, dass diese Kultur nicht einfach so, sondern gewollt verschwunden sei. Hier noch tiefer zu graben und den Film zu kondensieren, das hätte ihm gutgetan. So aber verschwimmen die vielen Aspekte des Films und bleiben nicht lange im Gedächtnis – schade.

In mir tanze ich - Das Klezmer Projekt(2023)

Der frustrierte jüdische Hochzeitsfilmer Leandro interessiert sich nicht für die Religion seiner Familie. Als er sich in die Klezmer-Klarinettistin Paloma verliebt, erfindet er ein Dokumentarfilmprojekt, damit er Zeit mit ihr verbringen kann. Der Film schickt ihn auf eine Reise quer durch Osteuropa auf der Suche nach verschollenen Klezmer-Melodien, die in der Obhut der Roma überdauert haben, weil diese vor dem Zweiten Weltkrieg Tür an Tür mit den Juden lebten.  

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