The Forbidden Room

Eine Filmkritik von Patrick Wellinski

Auf filmischer Schatzsuche

Alles beginnt mit einem Bad. Beziehungsweise der Einleitung zu einem perfekten Badeerlebnis. Ein alter Mann steht im Bademantel an einer Wanne und erklärt — wie in einem Lehrvideo — das Prinzip des Badens. Und dann taucht die Kamera entlang des Badenden ins Wasser und offenbart die nächste Geschichte: Eine russische U-Boot-Besatzung kämpft um ihr Überleben. Als sie eine Tür öffnen, dringt die Kamera erneut in eine weitere Erzählung ein.
Diese hoch elegante Treppenbewegung ist das formale Erzählprinzip von Guy Maddins neustem Streich The Forbidden Room. Hier treibt er seine Fabulierwut mal wieder auf die Spitze. Denn anders als in Keyhole oder My Winnipeg wirkt Maddins neuer Film weniger biographisch. Er fügt unzählige Episoden zu einem hypnotischen Bewusstseinsstrom zusammen. Das lässt sich in seiner Vielfältigkeit gar nicht im Einzelnen Fassen. Das Äußerste, dass eine Kritik an dieser Stelle leisten kann, ist ein Grundgefühl für diese traumhaften Bilderfolgen zu vermitteln. Der kanadische Regisseur hat sich nämlich in gewisser Weise mit diesem Film dann doch neu erfunden.

Das für sein bisheriges Schaffen so essentielle Schwarzweiß hat er zugunsten eines flirrenden Farb-Looks verlassen. Auch die freudianische Obsession, die tief in seiner eigenen Biographie verborgen liegt, weicht in seinem neuen Film dem reinen Spaß an der Narration. Dafür bedient er sich beim gesamten Fundus der Stummfilmära. Und er zitiert sie alle: Werke von Buñuel, Murnau, Ray, Feuillade, Meliès und noch viele andere, die man gar nicht alle (er)kennen kann. Aber das muss man auch gar nicht. Denn für Maddin ist das liebevolle Plündern seiner filmhistorischen Vorbilder einfach eine Selbstvergewisserung der träumerischen Feststellung, dass das Kino immer noch der Ort ist, an dem unsere Mythen und Legenden zu Hause sind.

The Forbidden Room wurde zudem an selbstgebauten Sets am Pariser Centre Pompidou und am Phi Centre in Montreal gedreht. Gemeinsam mit seinem Co-Regisseur und ehemaligen Schüler Evan Johnson haben die beiden Filmemacher die Masse an Darstellern vor Ort genutzt, um einen zweiten Film zu drehen. Seance soll im Laufe des Jahres in die Kinos kommen. Beide Projekte will Maddin als Schatzsuche verstehen. Filme, die auf das verlorene Filmerbe hinweisen.

Hilfe bekommt er dabei von einem internationalen Star-Ensemble, zu dem neben Charlotte Rampling, Geraldine Chaplin und Udo Kier auch Mathieu Almaric gehören. Sie verkörpern im Laufe dieses filmischen Trips traurige Holzfäller, todesmutige U-Bootfahrer, ängstliche Jungfrauen, dämonische Biker-Gangs, feige Vampire, tanzende Bananen oder sexsüchtige Ehemänner. Ein herrlich-schräger Traum und gleichzeitig der zugänglichste Film des Kanadiers.

The Forbidden Room

Alles beginnt mit einem Bad. Beziehungsweise der Einleitung zu einem perfekten Badeerlebnis. Ein alter Mann steht im Bademantel an einer Wanne und erklärt — wie in einem Lehrvideo — das Prinzip des Badens. Und dann taucht die Kamera entlang des Badenden ins Wasser und offenbart die nächste Geschichte: Eine russische U-Boot-Besatzung kämpft um ihr Überleben. Als sie eine Tür öffnen, dringt die Kamera erneut in eine weitere Erzählung ein.
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