The Farmer and I

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Wie aus einer Fernsehserie eine Dokumentation wurde

Eigentlich sollte es eine Fernsehserie werden, die Irja von Bernstorff in Bhutan drehen wollte. Eine, die sich mit dem Leben der Bauern befasst und aufzeigt, wie die Globalisierung und die Landflucht zur Verödung von Dörfern und dem Aussterben alter Traditionen führen. Aber dann wurde sie nicht nur die Erzählerin einer Geschichte, sondern Teil dieser Geschichte.
Denn The Farmer and I ist vor allem eine Geschichte über geplatzte Träume. Den der Filmemacherin, die in fast kindlicher Naivität dachte, mit einer fiktionalen Serie Bhutan zu einem neuen Selbstverständnis verhelfen zu können. Und dem des Bauern Sangay, der aus der Stadt kam, um als Landwirt zu leben, und hoffte, den Menschen begreiflich zu machen, warum dieser Weg der richtige ist. Er träumt von einem Land, in dem die Landwirtschaft wieder geachtet wird, in dem man stolz darauf ist, was man selbst zustande gebracht hat. Doch letzten Endes sind beide – die Filmemacherin und der Bauer – Träumer, die der harschen Realität begegnen müssen.

The Farmer and I ist nicht, was Irja von Bernstorff eigentlich machen wollte, aber sie erschafft aus dem Scheitern einen Triumph. Denn in der Form eines Dokumentarfilms gelingt ihr, was mit der fiktionalen Serie nicht möglich war. Sie zieht den Fokus auf die einfachen Menschen, die sich ihr öffnen, die ihr nicht von ihren Träumen, sondern von ihrer Realität erzählen, aber damit ihr und auch dem Publikum ein tieferes Verständnis für dieses einfach wirkende, aber harte Leben vermitteln.

In den Momenten ist der Dokumentarfilm das, was die fiktionale Serie nie hätte sein können: authentisch, ehrlich, verständlich. Wie groß der Unterschied ist, zeigt sich in den Szenen, in denen man miterlebt, wie von Bernstorff Szenen ihrer Serie dreht. Später werden sie begutachtet, aber sie ist nicht in der Lage, das Schauspiel realistisch zu bewerten. Das gelingt nur Sangay, der erkannt hat, dass das authentische Gefühl einfach nicht da ist. Sie alle mögen als Bauern gut sein, aber sie sind keine Schauspieler – und sie können nicht so tun, als wären sie es.

Daraus entsteht ein Konflikt zwischen von Bernstorff und Sangay, der die Freundschaft dieser beiden unterschiedlichen Menschen auf die Probe stellt. Denn kulturelle und persönliche Differenzen sind nicht einfach zu überwinden, sind es doch nicht nur unterschiedliche Lebensarten, die hier aufeinandertreffen, sondern auch gänzlich differierende Erzählarten. Von Bernstorff will ihre Serie europäisch erzählen, Sangay ist jedoch sicher, dass dies den normalen Bhutaner, der an eine andere Art der fiktionalen Darbietung gewohnt ist, nicht erreichen wird.

The Farmer and I ist ein sehenswerter Dokumentarfilm, der ein hochaktuelles Thema aus unterschiedlichen Sichtweisen präsentiert und es damit dem westlichen Zuschauer auch erlaubt, ein Gefühl für eine andere Art, die Dinge zu sehen, zu bekommen.

The Farmer and I

Eigentlich sollte es eine Fernsehserie werden, die Irja von Bernstorff in Bhutan drehen wollte. Eine, die sich mit dem Leben der Bauern befasst und aufzeigt, wie die Globalisierung und die Landflucht zur Verödung von Dörfern und dem Aussterben alter Traditionen führen. Aber dann wurde sie nicht nur die Erzählerin einer Geschichte, sondern Teil dieser Geschichte.
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Meinungen

Rolf Spenger · 04.01.2020

Leider ein rech toberflächlicher Film, bei dem man den Eindruck hat, es geht der Regisseurin mehr um ihre eigene Nabelschau während des Drehs, als um ein tiefgründiges Porträt ihrer Protagonisten.