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Seit seinem Debüt „Monsters“ ist der britische Regisseur Gareth Edwards im Science-Fiction-Genre verhaftet. In seinem neuesten Streich sucht er nach der Seele in der Maschine — und wird fündig.

The Creator (2023)

Eine Filmkritik von Markus Fiedler

Loch im Kopf, Loch im Herzen

Ein Vielfilmer ist Gareth Edwards wahrlich nicht. Seit 2010, als er mit seinem Roadmovie „Monsters“ bekannt wurde, hat er nur drei Filme gedreht: 2014 den mäßigen „Godzilla“, 2016 mit „Rogue One“ den vielleicht besten Star Wars-Film seit Jahrzehnten und schließlich jetzt, sieben Jahre danach, seinen neusten Film „The Creator“. Darin huldigt der 48-jährige Brite nicht nur erneut seinem Lieblingsgenre, sondern verbeugt sich auch tief vor den Meilensteinen des Sci-Fi-Kinos in Sachen künstliche Intelligenz. Das passt nicht nur großartig in die aktuelle Zeit, in der ChatGPT und Midjourney in aller Munde sind, sondern hat auch viel Herz.

Der Soldat Joshua (John David Washington) ist im Undercover-Einsatz. Seit die künstlich erschaffenen Intelligenzen vor Jahren Los Angeles mit einer Atombombe vernichtet und Millionen Menschen getötet haben, führt die USA einen Kalten Krieg gegen New Asia, in dem die KIs Zuflucht gefunden haben und weiterhin legal sind. Doch Joshuas Auftrag hat seine Tücken. Denn er verliebt sich in Maya (Gemma Chan), die mit den KIs lebt. Die beiden heiraten, Maya wird schwanger. Und ist es noch, als US-Truppen plötzlich zuschlagen. Joshua verliert Frau und Kind im Bombenhagel. Fünf Jahre später wird ausgerechnet er rekrutiert, um eine Waffe zu finden und auszuschalten, die von der KI gegen die Menschheit entwickelt wurde. Doch seine Rückkehr nach New Asia wird zum Trip in die Vergangenheit. Und die Waffe ist auch nicht das, was er erwartet hatte.

Edwards erzählt mit The Creator wahrlich keine neue Geschichte. Die Story um künstliches Leben, das seine Existenz verteidigt, erinnert – manchmal auch optisch – an Ridley Scotts Meisterwerk Blade Runner. Das Thema von den künstlichen Lebensformen, die ihre Existenz verteidigen und verlängern wollen, ist seitdem so etwas wie eine feste Größe im Sci-Fi-Genre. Während aber Scott seine Antagonisten durchaus ambivalent hielt und sie bei allem Verständnis für ihre Lage nicht zu Heiligen machte, sind die Sympathien in The Creator schnell verteilt. Darin ähnelt Edwards‘ Film den Arbeiten von Neill Blomkamp, der mit Werken wie District 9 oder Chappie ebenfalls Aussagen zum Umgang mit nichtmenschlichem Leben traf – und ähnlich wie Edwards eine klare Position vertrat.

In The Creator ist es besonders einfach, sich auf die Seite der KIs zu stellen, da die meisten, bis auf ein großes Loch im unteren Hinterkopf, wie Menschen aussehen und sich auch so verhalten. Vor allem ein sehr charmantes KI-Kind wird es dem Publikum leicht machen, ebenfalls für die künstlichen Lebensformen Partei zu ergreifen. Aber Edwards hat mehr zu bieten als nur Sci-Fi. Denn mit der tragischen Liebesgeschichte um Joshua und Maya gelingt dem Regisseur auch eine Handlungsebene, die nicht mit einem Loch im Kopf, sondern mit einem im Herzen arbeitet. John David Washington transportiert das Leid, das er auch fünf Jahre nach dem Tod seiner Frau und seines Kindes spürt und das ihn zu keinem Zeitpunkt seines Lebens verlässt, mit der nötigen Gravitas, um die Motivation für seine Handlungen darzulegen. Und um die für so einen Film so wichtige Emotion hinzuzufügen. Um diesen Kern baut Edwards den Rest seiner Geschichte und vertraut zu Recht darauf, dass dieser moralische Kompass dem Publikum den Weg weist.

Zudem erschafft Edwards mit dem Look seines Films, obwohl nicht immer wirklich neu, insgesamt eine der glaubwürdigsten und optisch beeindruckendsten Zukunftsvisionen seit langem. Kameramann Greig Fraser, der schon Dune zu faszinierendem neuen Leben verholfen hat, leistet auch in The Creator ganz Arbeit. Wie auch die Effektspezialist:innen und CGI-Künstler:innen, die den realistischen Look eines Asiens in 40 Jahren erst möglich machen. Wenn beispielsweise gigantische Panzer ein asiatisches Dorf mit seinen Reisfeldern und Strohhütten niederwalzen, dann sind das Bilder, die in Erinnerung bleiben – und Vergleiche mit anderen großen Sci-Fi-Erzählungen fürs Kino nicht scheuen müssen.

Wäre The Creator in Story und Ausführung noch frischer und ein wenig mutiger ausgefallen, Gareth Edwards hätte wohl einen neuen Meilenstein des Science-Fiction-Kinos schaffen können. Dazu reicht es bei aller Qualität des Films dann aber doch nicht. Denn obwohl Liebesgeschichte und emotionale Ansprache gut funktionieren, fehlt dem Film dazu das Neue, das einen Blick auf das Thema wirft, den noch niemand vorher präsentierte. Aus dem Schatten eines Blade Runner kann sich The Creator nie so recht lösen, auch wenn die Ausführung der Variation des Themas absolut gelungen ist.

The Creator (2023)

„The Creator“ ist ein Action-SciFi-Thriller inmitten eines künftigen Krieges zwischen der Menschheit und den Kräften der künstlichen Intelligenz. Joshua, ein ehemaliger Special-Forces-Agent, wird rekrutiert, um den „Creator“ – einen Architekten fortschrittlicher K.I. – zu jagen und zu töten. Dieser soll eine mysteriöse Superwaffe entwickelt haben, die den Krieg zwar beenden, aber gleichzeitig auch die Menschheit komplett auslöschen könnte. Joshua und sein Team aus Elite-Agenten, dringen in das dunkle Herz des von der K.I. besetzten Territoriums ein … nur um herauszufinden, dass die weltverändernde Waffe, die zerstört werden soll, eine K.I. in Gestalt eines kleinen Kindes ist. Doch ist es wirklich nur Programmierung?

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