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In „The Burdened“ schildert Amr Gamal, wie ein Ehepaar im Jemen eine Abtreibung durchführen lassen will und auf Ablehnung stößt.

The Burdened (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Ein Hindernislauf

Der 1983 in Polen geborene Regisseur Amr Gamal, dessen Wurzeln im Jemen liegen, schuf 2018 nach zahlreichen Theaterarbeiten mit seinem Leinwanddebüt, der Tragikomödie „10 Days Before the Wedding“, den ersten Film seit 30 Jahren, der im Jemen gedreht wurde. Sein Nachfolgewerk „The Burdened“ ist im Süden des Jemen, in der Hafenstadt Aden, im Oktober 2019 angesiedelt und basiert auf einer wahren Geschichte.

Im Zentrum steht das Ehepaar Ahmed (Khaled Hamdan) und Isra’a (Abeer Mohammed). Die beiden haben drei gemeinsame Kinder und bewegen sich finanziell bereits am Limit. Ahmed ist eigentlich beim lokalen Fernsehen tätig, doch da das Gehalt seit mehreren Monaten nicht gezahlt werden kann, ist er nun als Fahrer in der Stadt unterwegs. Die Schule der Kinder verlangt Geld – und die Miete für die Wohnung ist zu hoch, weshalb eine günstigere Unterkunft gesucht wird.

In dieser Situation erfährt Isra’a, dass sie wieder schwanger ist. Das Paar fasst den Entschluss, dass eine Abtreibung vonnöten ist. Die befreundete Ärztin Muna (Samah Alamrani) soll die beiden unterstützen. Das Vorhaben wird aber als Sünde bezeichnet und nicht nur im privaten Umkreis von Ahmed und Isra’a, sondern auch von einem Großteil der Ärzt:innen im Land scharf verurteilt.

Gamal zeigt in langen, ruhigen Einstellungen, wie der Bürgerkrieg das Leben im Jemen beeinflusst. Mit seinem Kameramann Mrinal Desai erfasst er etwa militärische Kontrollen auf der Straße und zeigt die Einschränkungen im Alltag, unter anderem durch Stromausfälle. Wir begleiten die Figuren auf den Markt, verbringen Zeit mit ihnen in der Küche, während nebenbei das Radio läuft. Oft verweilt die Kamera noch für einige Sekunden an einem Schauplatz, während sich die zentralen Figuren schon entfernt haben. Wir ahnen, dass die Personen im Hintergrund ebenfalls mit Konflikten zu kämpfen haben. „Halte dich aus den Angelegenheiten anderer Leute raus“, lautet das Motto, wie es in einer Szene formuliert wird – und so bleiben all diese Probleme im Verborgenen.

Wenn die fünfköpfige Familie schließlich umzieht, wird das Gefühl der Unsicherheit auch in den unrenovierten, improvisiert eingerichteten Räumen deutlich. Statt Betten gibt es nur Matratzen; überall stehen Kisten herum. Religiöse und ethische Diskussionen sorgen zuweilen für emotionale Eruptionen. Zugleich ist spürbar, dass Gefühle hier zumeist unterdrückt werden. Dinge bleiben unausgesprochen, Spannungen unaufgelöst.

Seine intensivsten Momente hat The Burdened im Krankenhaus, in dem Ahmed und Isra’a mit einem geradezu absurd wirkenden Hindernisparcours konfrontiert werden. Dieser ist nur mit diversen bürokratischen Tricks und Bestechungsgeld zu bewältigen. Am Ende steht die völlige Erschöpfung aller Beteiligten. Der Lauf ist vorüber – aber am Ziel fühlt sich niemand.

The Burdened (2023)

Als Isra’a mitten im Bürgerkrieg im Jemen erneut schwanger wird, entschließen sie und ihr Mann sich zu einer Abtreibung. Das führt zu enormen Schwierigkeiten, auch in ihrer Beziehung.

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