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Gigi ist Polizist in der italienischen Provinz. Hier gibt es nicht viel zu tun. Selbst der Selbstmord einer Person, die sich vor den Zug geworfen hat, ist Routine. Die einzige Abwechslung ist die neue Kollegin in der Funkzentrale, mit der flirten kann.

The Adventures of Gigi the Law (2022)

Eine Filmkritik von Teresa Vena

Der flirtende Polizist

In den ersten acht Minuten steht ein Mann mittleren Alters im Profil vor der Kamera. Um ihn herum exotische Pflanzen, große Palmen, irgendwo im Hintergrund muss noch jemand stehen, den man aber nicht sieht. Die beiden unterhalten sich über die Pflanzen. Der Protagonist wehrt sich gegen die Forderung des anderen, dass diese verschwinden sollen. Er verfällt in einen geschwätzigen, philosophierenden Monolog, beim anderen ist eine ungeduldige Irritation spürbar. Welche Bedeutung dieser Garten für Gigi (Pier Luigi Mecchia) hat, wird man im Laufe des Films erfahren.

Hier verbringt der Polizist nämlich seinen Feierabend. In diesem verschlafenen provinziellen Ort im Nordosten Italiens gibt es sonst nicht viel zu tun. Gigi fährt am Tag in seinem Auto Streife und plaudert dabei die meiste Zeit mit der neuen Kollegin über die Funkanlage. Seine Flirtversuche scheinen bei ihr gar nicht so schlecht anzukommen. Doch eine andere Kollegin, mit der er manchmal den Dienst teilt, warnt ihn, nicht wie sonst, zu übertreiben. Offenbar ist Gigi bei seinen Kollegen und vor allem seinem Vorgesetzten unbeliebt. Dies erfährt man alles zwischen den Zeilen der an sich recht lakonischen Dialoge zwischen den Figuren.

Dass seine dauerfröhliche Stimmung nur eine Fassade ist, vermutet man schnell. Es ist ein ungewöhnliches Porträt eines einsamen Mannes, der sich verzweifelt nach Anschluss sehnt, das der italienische Regisseur Alessandro Comodin hier mit Gigi la legge präsentiert. Wieviel daran Fiktion und wieviel Realität ist, wird man nicht eindeutig sagen können. Und damit spielt Comodin in all seinen Arbeiten offensiv. Das macht mit Sicherheit auch den großen Reiz an diesem neuen Film aus.

Einige der Szenen wirken improvisiert, was aber nicht immer zugunsten einer besonderen Authentizität ist. Vielmehr vermitteln sie das Gefühl, die Figuren hätten Zeit überbrücken müssen. Die Gespräche wirken dadurch forciert und gestelzt. Gigis Geplapper am Funkgerät ist manchmal nervig. Dahinter versucht er zu kaschieren, was wirklich in ihm vorgeht. Die gleiche Distanz, die er zu seinen Kollegen aufgebaut hat, bewahrt er auch zum Zuschauer. Es ist schwer, sich mit dem Protagonisten zu identifizieren. Und gewissermaßen ist es auf seine Weise auch spannend, mit einen solchen Titelhelden konfrontiert zu sein, den man nur wenig sympathisch findet.

Der Regisseur experimentiert nicht nur inhaltlich. Formal fallen ebenfalls ein paar eigene Kniffe auf. Dies betrifft beispielsweise die Kameraperspektive. Für lange Einstellungen ruht das Bild auf Gigi, man sieht ihn aus dem Blickwinkel des Beifahrers. Plötzlich weitet sich der Rahmen und es wird seine Partnerin oder sein Partner sichtbar, die oder der genau diese Position auf dem Sitz neben ihm einnimmt. Waren sie schon die ganze Zeit da? Es ist merkwürdig, wie sich die Wahrnehmung des Zuschauers von Gigis belanglosem Geplänkel mit der Disponentin in der Zentrale verändert, wenn man glaubt, es hat auch noch jemand anderes mitangehört.

Solche, nicht genau definierbare, schrägen und äußerst suggestiven Momente schafft Gigi la legge mehrfach. Es schwingt immer eine gewisse unterschwellige Ironie mit, die an einigen Stellen ihren Höhepunkt findet. Dies zum Beispiel wenn Gigi zwei Gemeindegärtnern eine Zigarette abluchst und sie schon fast verzweifelt mit einem verunglückten Spruch zum Lachen bringen will. Dann spielt zweimal, voneinander zeitversetzt, das Autoradio ein italienisches Poplied und Gigi, erst mit einem Kollegen und dann, endlich, mit der neuen Kollegin aus der Zentrale, singt lauthals mit. Das erste Lied ist die italienische Version eines Julio-Iglesias-Schlagers, in dem sich der Sänger als Lebemann und Frauenheld besingt. Das zweite Liebeslied, von Nada, nimmt die weibliche Perspektive ein.

Dieser Zug, diese Dynamik, die vor allem im letzten Musikstück bestehen und einen in ein offenes Filmende entlassen, fehlt leider dem restlichen Film. Doch in erster Linie muss man hier bereit sein, sich auf diese etwas ungewöhnliche Stimmung einzulassen. Der Film erinnert einen an das widersprüchliche Gefühl der melancholischen Leichtigkeit, wie es lange italienische Sommerabende hervorrufen können. Die Wahl der Musik ist zumindest eine Hommage dafür.

The Adventures of Gigi the Law (2022)

Gigi ist Polizist in der italienischen Provinz. Hier gibt es nicht viel zu tun. Selbst der Selbstmord einer Person, die sich vor den Zug geworfen hat, ist Routine. Die einzige Abwechslung ist die neue Kollegin in der Funkzentrale, mit der flirten kann.

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