Wie die Mutter, so die Tochter (2017)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Kinderkram mit Charme

Reife schwangere Frauen samt ihren wunderlichen Gynäkologen scheinen in der französischen Komödienlandschaft gerade en vogue. Nach Karin Viard in Das unerwartete Glück der Familie Payan gibt nun auch Juliette Binoche eine werdende Mutter. In Noémie Saglios Wie die Mutter, so die Tochter kommt das Glück dafür gleich doppelt.

Denn nicht nur die von Juliette Binoche gespielte Mado, sondern auch deren Tochter Avril (Camille Cottin) erwartet ein Kind – und zwar in umgekehrter Reihenfolge, als es der Titel nahelegt. Doch zunächst der Reihe nach: Als Mado Avril zur Welt brachte, war sie selbst noch ein Teenager. Vielleicht sieht sie ja deshalb bis heute wie einer aus. Mit schlecht blondierten Haaren kurvt sie auf ihrem rosa Roller Kaugummi kauend durch Paris. Statt ihrer Tochter bei der Schwangerschaft mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, liegt Mado ihrem Nachwuchs auf der Tasche. Seit ihrer Scheidung von Avrils Vater Marc (Lambert Wilson) wohnt sie wieder mit ihr unter einem Dach. Und als hätte die erfolgreiche Parfümeurin mit ihrem Freund Louis (Michaël Dichter), der an seiner Doktorarbeit bastelt, nicht schon genug am Hals, muss sie auch noch hinter ihrer Mutter heräumen, wenn diese frühmorgens angetrunken in die Wohnung torkelt.

Auch Kinder, die sich erwachsener als ihre infantilen Eltern benehmen (müssen), erfreuen sich in französischen Komödien derzeit großer Beliebtheit. Mama gegen Papa trieb diese Konstellation genüsslich auf die Spitze. Im Grunde reichte dieser Rollentausch, der krasse Gegensatz zwischen der penibel organisierten Avril und der chaotischen Mado bereits aus. Mit Mados Schwangerschaft nimmt die Komödie gar zusätzlich eine Wende, aber leider nie richtig Fahrt auf. Wie so vieles in ihrem Leben resultiert auch das unverhoffte Mutterglück aus einer Trotzreaktion. Als Avril bei einem gemeinsamen Essen mit den Schwiegereltern (Catherine Jacob, Philippe Vieux) die frohe Botschaft verkündet, steigt Mado im Anschluss mit Marc ins Bett, genauer gesagt auf den Vordersitz seines Wagens. Und die Konflikte, Täuschungsmanöver und Verwechslungen nehmen ihren Lauf.

Die Wahl der Schauspieler ist perfekt. Juliette Binoche und Camille Cottin, mit der Regisseurin Noémie Saglio bereits mehrfach zusammengearbeitet hat und die sie selbst als ihre Muse und ihr Alter Ego bezeichnet, könnten nicht nur optisch Mutter und Tochter sein, sie entwickeln vor der Kamera auch eine wunderbare Dynamik. Und auch die Nebenrollen sind mit Michaël Dichter, Philippe Vieux und den großartig auftrumpfenden Lambert Wilson und Catherine Jacob hervorragend besetzt. Leider verlassen sich Noémie Saglio und ihre Koautorin Agathe Pastorino allzu sehr auf die Erfahrung und Spielfreude ihres Ensembles und verlieren ihre Geschichte aus den Augen.

Aus ihrer originellen Ausgangslage macht diese Komödie viel zu wenig. So frech und aufmüpfig die Handlung zunächst sein mag, so angepasst und vorhersehbar ist deren Auflösung. So konträr Mado und Avril auf dem Papier auch angelegt sein mögen, so harmlos bleibt ihr Schlagabtausch. In Person von Catherine Jacob, die Louis’ Mutter Irène als biedere, übervfürsorgliche Glucke anlegt, stünde nach einem Wendepunkt zudem die nächste Eskalationsstufe bereit. Doch das Drehbuch lässt auch diese Chance verstreichen. Mehr als ein paar müde Gags, die sich schon durch die Szenen an Avrils Arbeitsplatz oder bei den schrulligen Frauenärzten ziehen, kommen nicht heraus. Was Wie die Mutter, so die Tochter bei all dem aber am meisten abgeht, sind pointierte Dialoge.

Noémie Saglios Humor setzt mehr auf die Absurdität der übergeordneten Situation an sich denn auf Situationskomik, Wortwitz oder Slapstick und überführt das Ganze in eine wohlige, von Matthieu Chedids beschwingter Musik getragene Grundstimmung. Dass das nicht vollends scheitert, liegt am bereits erwähnten Zusammenspiel der beiden Hauptdarstellerinnen, das dem Film zumindest einen gewissen Charme verleiht, von dem vergleichbare deutsche Komödien zumeist nur träumen können.
 

Wie die Mutter, so die Tochter (2017)

Reife schwangere Frauen samt ihren wunderlichen Gynäkologen scheinen in der französischen Komödienlandschaft gerade en vogue. Nach Karin Viard in „Das unerwartete Glück der Familie Payan“ gibt nun auch Juliette Binoche eine werdende Mutter. In Noémie Saglios „Wie die Mutter, so die Tochter“ kommt das Glück dafür gleich doppelt.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen